Das Berufungsgericht des Automobil-Weltverbandes FIA hat sich nach mehr als achtstündiger Anhörung und anschließender Beratung in Paris am Mittwoch Vormittag entschieden: Die Doppel-Diffusoren von Brawn GP, Toyota und Williams sind legal.
"Ich war zuversichtlich, dass das Berufungsgericht zu diesem Urteil kommen würde und ich bin sehr zufrieden damit", kommentierte Toyota-Teamchef Tadashi Yamashima. "Es ist uns wichtig zu betonen, dass wir das technische Reglement bis ins kleinste Detail studiert und jeden unserer Schritte mit der FIA abgestimmt haben. Wir hatten nie einen Zweifel, dass unser Auto in ihrem Sinne gebaut wurde."
Ergebnisse nun offiziell
Die drei Rennställe Ferrari, Red Bull und Renault hatten gegen die Doppel-Diffusoren Einspruch eingelegt. Nachdem dieser nun abgewiesen wurde, sind die Ergebnisse der ersten beiden Rennen offiziell. Jenson Button wird seine beiden Siege behalten.
Der Brite gewann im Auto des Honda-Nachfolgeteams Brawn GP in Australien und Malaysia und führt die WM-Gesamtwertung vor dem China-Grand-Prix am Sonntag in Shanghai mit 15 Punkten vor seinem Teamkollegen Rubens Barrichello aus Brasilien (zehn) an.
"Die Technische Abteilung der FIA, die Stewards in Australien und Malaysia sowie nun die fünf Richter des Berufungsgerichts haben bestätigt, dass unsere Autos zu jeder Zeit genau dem Reglement entsprachen", fasste Ross Brawn nach dem Urteil zufrieden zusammen. "Diese Entscheidung bringt die Sache zu einem Ende, und wir freuen uns jetzt darauf, uns wieder auf der Strecke den Herausforderungen der für uns bis jetzt sehr aufregenden Saison zu widmen."
Halbe Sekunde pro Runde?
Ein Diffusor ist ein nach hinten hochgezogenes Leitwerk des Unterbodens am Heck. Dieses aerodynamische Bauteil aus Kohlefaser vergrößert die Sogwirkung des Unterbodens und erzeugt durch den Ansaugeffekt einen höheren mechanischen Anpressdruck, den Abtrieb.
Damit wird das Fahrverhalten des Autos verbessert. Laut BMW-Pilot Nick Heidfeld bringe der Diffusor einen Zeitvorteil von mehr als einer halben Sekunde pro Runde.
"Drei Teams hatten die gleiche Idee"
Toyota-Pilot Timo Glock sah dem Urteil schon im Vorfeld optimistisch entgegen: "Gleich drei Teams hatten die gleiche Idee. Das zeigt doch, dass man von Anfang an von der Richtigkeit dieser Regelauslegung überzeugt war", sagte der Odenwälder.
Doch die Konkurrenten sahen sich in den ersten beiden Rennen benachteiligt. "Eingefallen ist uns das auch. Aber uns war klar, dass es nicht erlaubt ist", sagte der Technikchef von BMW, Willi Rampf.
BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen forderte ebenfalls Konsequenzen. "Die Dominanz der Teams mit dem zweistufigen Diffusor war unübersehbar", stellte er fest und verlangte zumindest eine klare Regelung: "Hier muss die FIA dringend Klarheit schaffen. Sport ist nur dann interessant, wenn alle nach einheitlichen Regeln antreten."
Haug beklagt "Zwei-Klassen-Gesellschaft"
Während Mercedes-Sportchef Norbert Haug in Bezug auf die Diffusoren von einer "Zwei-Klassen-Gesellschaft" sprach, verglich Theissen die Angelegenheit mit einem "100-m-Lauf, bei dem einige Läufer zehn Meter weiter vorne starten. Das Ergebnis wäre nicht aussagekräftig."
Bereits vor der Entscheidung der FIA-Richter haben die anderen Teams mit der Entwicklung eigener Doppel-Diffusoren begonnen. "Das geht nicht auf einen Schlag", sagte Theissen.
Brawn betont Interpretationsspielraum
"Natürlich muss man sich darauf vorbereiten, wenn diese Regelauslegung legal wird. Ich bin sicher, dass alle Teams das schon untersuchen", meinte Haug.
"Superhirn" Ross Brawn sagte zuletzt, dass er vor längerer Zeit die anderen Teams auf möglichen Interpretationsspielraum im Bereich des Diffusors hingewiesen und eine Konkretisierung der Regel vorgeschlagen habe.
"Das wurde abgelehnt", meinte der Brite.
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