In einer extra anberaumten Pressekonferenz hat BMW am Dienstag mitgeteilt, dass sich der bayerische Motorenbauer zum Ende der Saison aus der Formel 1 zurückziehen werde.
Die Entscheidung kam für das Team und alle Motorsportfans überraschend. Mit BMW-Motorsport-Chef Dr. Mario Theissen über die genauen Gründe für den plötzlichen Ausstieg, sein persönliches Empfinden und die Ziele für die verbleibenden Rennen:
Frage: Mario Theissen, wie kommentieren Sie den überraschenden Ausstieg von BMW aus der Formel 1?
Mario Theissen: Natürlich bin ich enttäuscht über diese Entscheidung. Aus rein sportlicher Sicht hätte einiges für den Verbleib in der Formel 1 gesprochen. Wir haben innerhalb von drei Jahren einen kontinuierlichen Aufstieg aus dem Mittelfeld in die Spitze hingelegt, der durch den Doppelsieg 2008 in Montreal und die zwischenzeitliche WM-Führung gekrönt wurde. Auch unser Formel-1-Budget hat sich im Fünfjahres-Zeitraum halbiert. Aber der Vorstand muss sich an der Gesamtausrichtung des Unternehmens orientieren. Aus Unternehmenssicht kann ich die Entscheidung verstehen.
Frage: Welche Ziele haben Sie jetzt in den verbleibenden Monaten bis zum Jahresende in der Königsklasse noch?
Theissen: Wir haben zwei Ziele. Zum einen werden wir alles daran setzen, um in die Erfolgsspur zurückzukehren und uns mit guten Ergebnissen zu verabschieden. Alle geplanten Entwicklungsschritte werden umgesetzt, neue Ideen ebenfalls. Parallel dazu werden Szenarien und Optionen für das Team und die über 700 Mitarbeiter geprüft.
Frage: Zählt dazu nach dem Vorbild von Honda auch der Verkauf und damit das Weiterbestehen des Teams?
Theissen: Natürlich ist das ein solches Szenario.
Frage: BMW gibt die Formel 1 vor allem wegen dem Thema Nachhaltigkeit auf. Hat die Formel 1 in dieser Form noch eine Zukunft?
Theissen: Wir haben das Thema KERS immer unterstützt, weil es sich mit der Entwicklungsrichtung des Unternehmens und der Serie deckt. Man kann Innovationen in der Formel 1 umsetzen. Aber es gibt sicher Rennserien, wo man das seriennaher machen kann.
Frage: Befürchten Sie nach dem Ausstieg Ihres Unternehmens einen Dominoeffekt für andere Hersteller in der Formel 1?
Theissen: Wir haben zuletzt am Wochenende beim Rennen in Budapest gesprochen. Ich habe nicht den Eindruck gewonnen, dass ähnliche Entscheidungen bei anderen Herstellern anstehen.
Frage: Stehen denn jetzt im Rahmen der Kooperationsvereinbarungen in der Teamvereinigung FOTA wegen des Ausstiegs Strafzahlungen an die verbliebenen Hersteller an? Es war von Beträgen bis zu 200 Millionen Dollar die Rede...?
Theissen: Nein.
Frage: Warum nicht?
Theissen: Weil sie nie vereinbart waren.
Frage: Was passiert mit den Fahrern Nick Heidfeld und Robert Kubica?
Theissen: Sie werden so enttäuscht sein wie die Teammitglieder. Aber die beiden sind blitzartige Entscheidungen gewöhnt.
Frage: Wie sehr trifft Sie die Entscheidung persönlich?
Theissen: Ich bin persönlich natürlich enttäuscht. Aber die zehn Jahre in der Formel 1 waren eine phantastische Zeit. Eine tolle Herausforderung und eine Superaufgabe. Als ich angetreten bin, wusste ich, dass ich nicht immer alle Fäden in der Hand haben werde. Aber es war eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte. Und sie war auch für BMW und das Team toll.
Frage: Wie sehen Sie Ihre persönliche Zukunft bei BMW?
Theissen: Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Ich kümmere mich darum, was aus dem Team wird, dann sehen wir weiter.
Frage: BMW will auch in Zukunft im Motorsport präsent sein. Gehört auch der Einstieg in die DTM zu den Optionen?
Theissen: Wir sind mit den Entwicklungen in der WTCC nicht zufrieden und in Gesprächen mit der FIA. Wir werden auch in Zukunft im Tourenwagensport präsent sein. Dabei können wir uns auch andere künftige Engagements vorstellen, die derzeit aber noch nicht spruchreif sind.