Wenn es einen Fahrer gibt, dem die Sommerpause richtig gut getan hat, dann ist es Michael Schumacher. Im Juni und Juli noch als alter Sack verspottet, erinnert er nun wieder an gute alte Zeiten.
Seine Bilanz vor der Pause: Selbst verschuldeter Crash mit Witali Petrow in Valencia, selbst verschuldeter Crash mit Kamui Kobayashi in Silverstone, selbst verschuldeter Dreher am Nürburgring, selbst verschuldeter Dreher und Getriebeschaden in Budapest. Seine Bilanz nach der Pause: Zwei fünfte Plätze nach zwei der besten Rennen seit seinem Comeback.
Schumacher spielt Formanstieg herunter
Irgendetwas muss in den vier Wochen Pause passiert sein, oder? "Ich bin in der gleichen Form wie sonst auch", wiegelte Schumacher nach seiner tollen Vorstellung in Monza ab. "Die beiden Rennstrecken in Spa und Monza passten gut zu unserem Auto."
Und sie passten offensichtlich gut zu Schumacher. In Spa glänzte er in der offensiven Rolle, als er sich vom letzten Startplatz aus durch fast das ganze Feld arbeitete. In Monza waren die Defensivkünste des Rekordchampions gefragt, die er im epischen Duell gegen Lewis Hamilton bestens unter Beweis stellte.
Haug: "Werden noch viel Spaß an Michael haben"
"Genau so wird Rennen gefahren. Das ist keine Kaffeefahrt, sondern eine Rennfahrt. Das war ein Lehrstück, wie sich Michael verteidigt hat. Natürlich wird es wieder Kritiker geben, aber wir fahren für die Fernsehzuschauer und die kritisieren uns nicht. Denn die wollen genau das sehen, was heute gezeigt worden ist", formulierte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug im Sky-Interview ein flammendes Plädoyer für Schumacher.
Auch er hatte den Spott der Medien vor der Sommerpause nicht vergessen. "Das war eine Show von jemandem, dem nahe gelegt wurde zurückzutreten", sagte Haug. "Aber Mercedes hält zu den Leuten und wir bauen sie auf - und wir werden noch viel Spaß mit Michael haben. Das war nach Spa noch mal ein Hinweis darauf, was der Mann kann."
Italiens Presse huldigt ihrem Michele
Schumachers Spätform in der Saison ist offenbar so beeindruckend, dass nun sogar seine größten Kritiker, die italienischen Medien, ihren alten Michele wiederzuerkennen glauben.
"Nach vielen mittelmäßigen Rennen und von einem Publikum beflügelt, das ihn wie einst liebt, hat Schumacher den Schumi neu entdeckt. Er ist schnell und zäh, vielleicht eine Spur zu entschlossen, wenn es um den Kampf gegen Hamilton geht. Endlich hat man den Schumacher der alten Zeiten gesehen", schrieb am Montag "Tuttosport".
"Der Veteran duelliert sich mit Hamilton. Jetzt weiß er, dass er mit den Jungen Schritt halten kann", kommentierte der "Corriere della Sera".
Große Worte fand auch der "Corriere dello Sport": "Schumacher hat keinen Pakt mit dem Teufel abgeschlossen, um sich in Monza zu behaupten, denn der Teufel ist er selber. In Monza hat er sein Bestes gezeigt. Die Geschichte des Kaisers, der zurücktritt, zurückkehrt und wieder der Beste sein will, scheint ernst zu werden."
Schumis Auto "breit wie ein Laster"
Das italiensche Pathos ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack, aber es fällt in der Tat auf, dass Schumacher ein Spätstarter in die Saisons ist. Schon 2010 drehte er in den letzten Grands Prix mächtig auf und fuhr in Japan, Südkorea und Brasilien drei seiner besten Rennen.
"Das war ein lustiger Nachmittag", kommentierte Schumacher seine jüngste Vorstellung in Monza. "Lewis und ich sind zwei Fahrer, die immer ans Limit gehen. Ich habe mein Auto breit wie einen Laster gemacht. Soweit wie ich es vertreten konnte."
McLaren-Kritik: "Das war höllisch gefährlich"
Nicht alle sahen das Duell zwischen den beiden Champions Schumacher und Hamilton so gelassen. Immerhin hatte Schumacher beim Blockieren des McLaren-Piloten alle Register gezogen, immer wieder die Fahrspur gewechselt und Hamilton sogar einmal auf die Wiese gedrängt.
"Das war höllisch gefährlich", beschwerte sich McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh. "Ich fand, dass er sich sehr hart verteidigt hat. Die Rennleitung hat ihn ja auch zwei Mal verwarnt. Als Lewis über das Gras musste, hat uns das einen ziemlichen Schrecken eingejagt."
Hamilton selbst soll noch lange nach dem Rennen stinksauer gewesen sein. Ob auf Schumacher oder auf die Tatsache, dass der Topspeed seines Autos nicht ausreichte, um auf der Geraden am Mercedes vorbeizugehen, ist nicht bekannt.
Vor der Presse gab sich Hamilton jedenfalls diplomatisch: "Es war okay. So ist der Rennsport. Es war interessant hinter ihm und es war eine Herausforderung, ihn zu überholen."
Schumi spricht von Podestplätzen
Letztlich spielt es kaum eine Rolle, ob die jungen Superstars um Hamilton Schumacher nun bewundern oder verteufeln. Sie nehmen ihn auf jeden Fall als harten Gegner ernst. Als einen Gegner, der in einem besseren Auto auch wieder neben ihnen auf dem Podium stehen kann.
"Ich würde genauso gerne auf dem Podest stehen wie das viele von außen auch sehen wollen. Ich gehe davon aus, dass ich es schaffe. Vielleicht nicht dieses Jahr, aber dann eben nächstes Jahr", sagte Schumacher. "Ich bin ganz sicher, dass Mercedes zum kommenden Jahr gute Fortschritte machen wird. Dann dürfte das Podium wieder machbar sein."
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