Sebastian Vettels Rennen dauerte gerade mal eine Runde und den Großteil davon kroch er auch noch über die Strecke. Denn nach nur einer Kurve drehte er sich wegen eines geplatzten Reifens und musste extrem früh die Hoffnung auf den zwölften Saisonsieg begraben.
Den holte sich Lewis Hamilton im McLaren mit einem souveränen Rennen. Sein dritter Saisonsieg bedeutet gleichzeitig, dass Vettel seine Jagd auf den Sieg-Rekord von Michael Schumacher vergessen kann. Dessen 13 Erfolge aus dem Jahr 2004 sind bei noch einem ausstehenden Rennen nicht mehr erreichbar.
Vettel: "Das ärgert einen schon"
"Ich hatte einen perfekten Start, habe dann aber in Kurve zwei sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Der Reifen hat schlagartig die Luft verloren. Warum es dazu gekommen ist, wissen wir im Moment noch nicht", sagte Vettel. "Es ist auch schwer, sich den Reifen im Nachhinein anzuschauen, da der überall auf der Strecke verteilt ist. Ich dachte erst, ich käme noch zurück an die Box, aber ungefähr in der Mitte der Runde haben die Reifenteile die Aufhängung zerschlagen."
Obwohl es für ihn nicht mehr um viel ging, war Vettel angefressen: "Das ärgert einen schon, denn wir hatten ein sehr gutes Auto. Ich hätte vorne mitfahren können."
Vize-WM zwischen Button und Alonso offen
Er wird seinen ersten Ausfall seit Südkorea 2010 aber verschmerzen können und Hamilton tut der Erfolg nach seiner völlig verkorksten Saison gut. "Ich fühle mich fantastisch. Ich denke, das war eines meiner besten Rennen. Das habe ich mir nach der Zieldurchfahrt auch selbst gesagt", strahlte Hamilton. "Ich bin unglaublich glücklich, wieder hier oben zu stehen. Ich werde heute mit einem Lächeln einschlafen."
Sein McLaren-Kollege Jenson Button fuhr hinter einem grandios auffahrenden Fernando Alonso auf den dritten Rang. Alonso schnappte sich schon in der ersten Runde den Platz von Button und gab den nicht mehr her. Somit bleibt auch der Kampf zwischen den beiden um die Vize-WM bei den Fahrern offen. Button liegt mit 255 Punkten zehn Zähler vor Alonso.
"Ich bin auch mit dem zweiten Platz sehr glücklich. Es war zwar knapp und wir waren immer in Schlagdistanz, aber ich denke nicht, dass ich hätte gewinnen können", sagte Alonso.
Verpatzter Webber-Stopp
Mark Webber holte als Vierter zumindest ein paar Punkte für Red Bull. Ihn kostete allerdings ein verpatzter Boxenstopp die Chance auf einen Podestplatz. Es war das erste Mal seit dem Doppelausfall in Südkorea 2010, dass Red Bull ohne Podestplatz blieb. Insgesamt ein verkorkstes Wochenende.
Mercedes lieferte im Rahmen seiner Möglichkeiten ein gutes Rennen ab. Nico Rosberg belegte den sechsten Rang vor Michael Schumacher, der sich aber nur knapp vor Adrian Sutil im Force India halten konnte. Timo Glock belegte Rang 19.
Schlüsselszenen des Rennens:
Start: Vettel kommt gut weg und hält die Führung locker. Doch dann der Abflug! Vettel dreht sich nach der ersten Kurve mit geplatztem rechten Hinterreifen weg. Es gab keine Fremdeinwirkung, das war einfach Pech. Vettel schleppt sich zwar noch über die Runde zurück an die Box, aber die Radtrommel ist kaputt - das war's. Es ist Vettels erster Ausfall seit dem Südkorea-GP 2010.
Runde 1: Schumacher und Rosberg liefern sich einen beinharten Kampf. In Kurve eins kommt Rosberg weit raus und muss Schumacher passieren lassen. Danach fahren sie Rad an Rad durch die Kurven, ohne sich allerdings zu berühren. Letztlich setzt sich Rosberg durch. Am Ende der langen Geraden bremst sich Alonso an Button vorbei und macht sich auf die Jagd nach dem Führenden Hamilton.
Runde 15: Bärenstarkes Duell zwischen Button und Webber. Webber kämpft sich nach rundenlangen Versuchen endlich vorbei, doch Button kontert und hält seinen dritten Rang. Button kämpft aber mit stumpfen Waffen, denn sein KERS ist ausgefallen. Erst zur Rennhalbzeit kann es reaktiviert werden.
Runde 18: Webber beendet im Spitzenfeld die Runde der ersten Boxenstopps. Wieder läuft bei Red Bull etwas schief, er steht einige Sekunden zu lang und verliert einen Rang gegen Massa. Was für ein gebrauchter Tag für die Dominatoren der Saison!
Runde 30: Typische Szene für das Rennen. Webber kämpft sich in der ersten DRS-Zone an Massa vorbei, wird aber in der zweiten Zone direkt wieder ausgekontert. Dieses Wechselspiel gab es auch zwischen anderen Autos schon häufiger.
Runde 36: Webber kommt zum zweiten Mal an die Box und nimmt erstaunlicher Weise noch einmal weiche Reifen. Das heißt, dass er noch ein drittes Mal kommen muss. Button geht eine Runde später auf die härtere Mischung und wird durchfahren.
Runde 42: Webber geht auf den weichen Reifen an Button auf den harten vorbei, hat aber dafür zu lange gebraucht, um den nötigen Vorsprung für den dritten Stopp noch herausholen zu können.
Runde 55: Webber kommt wie erwartet in der allerletzten Runde zum Reifenwechsel. Das kostet ihn Rang drei gegen Button, er bleibt aber Vierter.
Ziel: Hamilton fährt souverän seinen dritten Saisonsieg nach Hause, Alonso und Button komplettieren das Podium. Schumacher kommt hinter Rosberg und vor Sutil als Siebter ins Ziel, stellt sein Auto aber wegen eines schleichenden Plattfußes direkt hinter der Ziellinie ab.
Mann des Rennens: Fernando Alonso. Wieder einmal hat der Spanier gezeigt, dass er und vor allem sein Auto im Rennen immer noch eine Schippe drauflegen können. Am Start hat er sich Webber geschnappt und in der ersten Runde dann gleich noch Button. Ein Schlüsselmanöver, denn er konnte sich absetzen und somit frühzeitig den Podiumsplatz sichern. Beim zweiten Boxenstopp sah es sogar kurz danach aus, als könne er Hamilton im Kampf um den Sieg noch einmal in Bedrängnis bringen, aber dafür hat es dann doch nicht mehr gereicht.
Flop des Rennens: Red Bull. Kaum zu glauben, dass das noch einmal passieren würde. Der Reifenschaden bei Vettel sah nach Pech aus, aber der verpatzte Boxenstopp bei Webber hat definitiv mindestens einen Platz gekostet. Zudem war das Auto auf der Geraden zu langsam, um trotz DRS und KERS an gleichwertigen Autos vorbeizukommen. Das hat letztlich auch die riskante Strategie, Webber auf drei Stopps umzupolen, zerstört. Er kam einfach nicht schnell genug an Button auf harten Reifen vorbei, um einen Vorsprung herauszufahren.
Manöver des Rennens: Webber gegen Button in Runde 15. Die beiden, die in dieser Saison schon sehr oft durch großartige und faire Überholmanöver aufgefallen sind, im direkten Zweikampf. Webber saugt sich in der zweiten DRS-Zone heran und setzt sich innen daneben. Button gibt aber nicht nach, beide berühren sich wohl ganz leicht. Trotzdem setzt sich Webber vorerst durch, aber er kommt zu weit auf den Randstein und muss Button im engen Kurvengeschlängel wieder innen durchschlüpfen lassen.
Analyse: Ausfall von Vettel: Wer hätte gedacht, dass es das noch einmal geben würde? Es war sein erster seit dem Motorschaden in Südkorea 2010 und erst der zweite von Red Bull in dieser Saison. Allerdings waren beides keine technischen Defekte. In dieser Hinsicht bleibt die Red-Bull-Bilanz makellos.
Hamilton ist ein ereignisloses, aber bärenstarkes Rennen gefahren. Ein völlig verdienter Sieg. Allerdings kein besonders spannender. Es hätte dem Rennen extrem gut getan, wenn es den Zweikampf gegen Vettel gegeben hätte.
Die Verlängerung der ersten DRS-Zone hat sich durchaus bezahlt gemacht. Es gab einige Überholmanöver, mehr als befürchtet. Aber die direkte Folge der beiden Zonen war unglücklich, da jeder, der in der ersten überholt hat, unmittelbar dafür bestraft wurde.