"Ich fühle mich wie Senna 1991", kommentierte Vettel noch während des Rennens in Brasilien seine Situation. Er fuhr sicher auf dem zweiten Platz und war hauptsächlich damit beschäftigt, sein angeschlagenes Getriebe ins Ziel zu retten. So wie Senna 1991 eben, der damals völlig erschöpft aus dem Auto gezogen werden musste.
Ganz so erschöpft war Vettel nicht, aber er hatte auch nicht wie Senna damals gewonnen. Zu seiner eigenen Enttäuschung, die er immer wieder durch auffallend schnelle Rundenzeiten kund tat, musste er den Sieg seinem Red-Bull-Kollegen Mark Webber überlassen.
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"Das war sehr schade, denn ich hatte einen tollen Start und konnte mich gleich absetzen. Doch dann habe ich früh die Nachricht bekommen, dass ich das Getriebe schonen muss. Es wurde immer schlimmer und ich musste in jeder Kurve in höheren Gängen fahren. Da kam mir der Vergleich mit Senna in den Sinn", sagte Vettel. "Aber Mark ist ein fantastisches Rennen gefahren und verdient den Sieg."
Vettel zieht durchweg positives Fazit
Webber führte den Grand Prix ab der 30. Runde an und feierte letztlich souverän seinen ersten Saisonsieg. Damit schob er sich zudem noch auf Position drei in der Fahrer-WM. Vize-Weltmeister wurde nach Platz drei in Sao Paulo Jenson Button. Fernando Alonso verlor als Vierter noch seine Position an Webber.
"Das ist für mich ein ganz wichtiger Sieg", sagte Webber und fügte fair hinzu: "Es wäre schön gewesen, das ganze Rennen über gegen Sebastian kämpfen zu können."
Sollte Vettel während des Rennens enttäuscht über seine Probleme gewesen sein, besann er sich danach aber schnell eines Besseren und resümierte: "Ich will nicht von Pech sprechen, denn wir hatten eine unglaubliche Saison. Deshalb wäre es völlig überzogen, jetzt wegen dieses verpassten Sieges verärgert zu sein. Wir haben die Saison großartig mit dem Doppelsieg abgeschlossen. Wir werden mit sehr viel Stolz auf dieses Jahr zurückblicken."
Qualifying-Duelle: Die Endstände in allen zwölf Teams
Böses Deja-Vu für Schumacher
Adrian Sutil wurde in seinem vielleicht letzten Rennen für Force India bärenstarker Sechster und ließ Nico Rosberg im Mercedes hinter sich. Michael Schumacher wurde nach einer leichten Kollision mit Bruno Senna und folgendem Reifenschaden nur 15.
"Eigentlich hat mich das sofort an 2006 erinnert - ähnliche Situation, gleiche Konsequenz", spielte Schumacher auf den Crash mit Giancarlo Fisichella an, der ihn damals im letzten Rennen die WM-Chance gegen Fernando Alonso kostete.
"Das war ganz sicher kein ideales Rennen und nicht das Ergebnis, mit dem wir die Saison abschließen wollten", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug. "Wir müssen herausfinden, warum Nicos Auto alles andere als gut ausbalanciert war und er große Probleme mit dem Reifenverschleiß hatte."
Glock nach Boxenpanne stinksauer
Timo Glock schied aus, weil sein Virgin-Team ein Rad beim Boxenstopp nicht festschrauben konnte. "Ich weiß nicht, wie man den Boxenstopp so verhauen und mich dann noch hinausschicken kann", sagte Glock in einer ersten Stellungnahme bei "RTL". "Das Rad war einfach nicht drauf. Ich kann nicht sehr viel dazu sagen. Es ist einfach schwierig zu verstehen, dass man nach zwei Jahren noch einen solchen Fehler macht."
Das Duell um Platz sieben in der Konstrukteurs-Wertung entschied Sauber knapp vor Toro Rosso für sich.
Schlüsselszenen des Rennens:
Vor dem Start: Das Wetter bleibt die große Unbekannte. Noch scheint die Sonne, aber um den Kurs herum gibt es einige dunkle Wolken. Regenschauer sind nach wie vor nicht ausgeschlossen.
Start: Vettel kommt gut weg und kann die Führung souverän behaupten. Alonso schnellt von Platz fünf aus an Hamilton vorbei und ist sogar an Button und Webber dran. Aber er findet keinen Weg vorbei und bleibt Vierter. Rosberg und Schumacher verlieren jeweils einen Platz.
Runde 2: Schumacher quetscht sich vor dem Senna-S an di Resta vorbei und holt sich den zehnten Platz zurück - starkes Manöver! Vettel nimmt Webber eine Sekunde pro Runde ab.
Runde 10: Reifenschaden bei Schumacher! Er will vor dem Senna-S außen an Senna vorbei, es wird extrem eng und beide kollidieren zweimal leicht. Beim zweiten Mal schlitzt Sennas Frontflügel Schumachers Hinterreifen auf - wie beim WM-Finale 2006 zwischen Schumacher und Giancarlo Fisichella! Damals hat es Schumi die Titelchance gegen Fernando Alonso gekostet. Diesmal schleppt er sich zurück an die Box und geht als Letzter wieder auf die Strecke. Senna erhält eine Durchfahrtsstrafe. In der gleichen Runde verliert Button plötzlich Schwung und Alonso geht vorbei auf Platz drei.
Runde 15: Getriebeprobleme bei Vettel! Das Team weist ihn an, anders zu schalten, um das Problem zu umgehen. Webber macht ein paar Zehntel auf seinen Kollegen gut. Aber Vettels Zeiten stabilisieren sich nach kurzer Zeit wieder.
Runde 23: Glock geht bei der Boxenausfahrt ein Rad flöten. Das haben die Mechaniker nicht fest geschraubt. Zum Glück für alle anderen bleibt das Rad an der Boxenmauer hängen und fliegt nicht auf die Strecke. Das hätte sehr gefährlich werden können.
Runde 30: Vettels Getriebeprobleme werden jetzt schlimmer. Er verliert rasant an Boden auf Webber und lässt seinen Teamkollegen nach 30 Runden in Kurve eins kampflos passieren. Danach bleibt er aber halbwegs dran.
Runde 38: Jetzt bekommt Hamilton die Nachricht, dass er Getriebeprobleme hat. Er kann aber fahrerisch im Gegensatz zu Vettel nichts machen.
Runde 48: Hamiltons Getriebe verabschiedet sich im Zweikampf mit Massa. Das ist das Aus für den McLaren-Piloten. Vettel fährt vorne weiterhin die gleichen Zeiten wie Webber, doch sein Renningenieur warnt ihn eindringlich, doch endlich das Getriebe zu schonen.
Runde 51: Deutsches Duell um Platz sechs. Sutil geht zunächst vor dem Senna-S an Rosberg vorbei, doch der Mercedes-Pilot kontert stark. Eine Runde später die gleiche Situation, doch diesmal behauptet sich Sutil vor dem Silberpfeil.
Runde 62: Button hat rundenlang jede Menge Boden auf Alonso gut gemacht und geht dank DRS am Spanier vorbei. Damit ist er auf Podiumskurs und gleichzeitig so gut wie sicher Vize-Weltmeister.
Ziel: Webber fährt seinen ersten und einzigen Saisonsieg in Vettel-Manier nach Hause - mit der schnellsten Rennrunde im letzten Umlauf. Vettel wird Zweiter vor Vize-Weltmeister Button.
Mann des Rennens: Adrian Sutil. Glaubt man den Gerüchten im Fahrerlager, dann war das Sutils letztes Rennen für Force India. Sollte das wirklich so kommen, dann hat er seinem Teamchef noch einmal ein richtig schlechtes Gewissen mit auf den Weg gegeben. Denn seine Leistung im Rennen war ausgezeichnet, deutlich besser als die seines Teamkollegen di Resta. Er hat es in den letzten Rennen immer wieder mit den Werks-Mercedes aufgenommen. In Brasilien hat er Rosberg locker geschlagen. Bessere Werbung in eigener Sache konnte er nicht betreiben - stark!
Flop des Rennens: Mercedes. Das war sicher nicht das erhoffte Hoch, auf dem die Silbernen die Saison beenden wollten. Der Reifenschaden von Schumacher war unnötig, aber nicht die entscheidende Enttäuschung. Die Silberpfeile waren schlichtweg zu langsam. Sogar Force India war in diesem Rennen deutlich schneller unterwegs und hat dem großen Bruder den Rang abgelaufen.
Manöver des Rennens: Sutil gegen Rosberg. Die beiden Deutschen haben Schumacher und Senna gezeigt, wie man im Senna-S gegeneinander kämpfen kann, ohne sich ins Auto zu fahren. In Runde 50 setzt sich Sutil außen neben Rosberg und ist vermeintlich klar vorne. Doch auf der Bremse kontert der Mercedes-Pilot glänzend und hält seinen Platz. Eine Runde später geht Sutil wieder außen an Rosberg vorbei, doch diesmal schert er hart vor dem Silberpfeil ein und verhindert damit einen erneuten Konter.
Analyse: Zwei technische Probleme in den beiden letzten Rennen haben Vettel den krönenden Saisonabschluss verhagelt. Wieder kein Sieg, auch wenn es Vettel lange nicht einsehen wollte. Spekulationen, Red Bull habe Webber bewusst den Sieg geschenkt, werden sich wohl nie untermauern lassen. Von daher sollte man dem Team auch nichts unterstellen.
Button hat sich den Vize-Titel im direkten Duell gegen Alonso verdient, er ist aufgrund der gesamten Saison ein würdiger Vize-Weltmeister.
Mercedes hat die Saison enttäuschend beendet. Schumachers Rennen war schon früh gelaufen und hat Erinnerungen an das verlorene WM-Finale 2006 geweckt. Sein Reifenschaden kam an der gleichen Stelle wie damals gegen Fisichella. Auch Rosberg konnte nicht überzeugen.
Den Kampf um Platz sieben in der Konstrukteurs-WM hinter Force India hat Sauber gewonnen. Das Team konnte sich ganz knapp gegen Toro Rosso behaupten.