Nach seinem Reifenplatzer beim Belgien-GP in Spa-Francorchamps hat Sebastian Vettel den Exklusivhersteller der Formel 1 an den Pranger gestellt. Pirelli sei schuld an dem gefährlichen Unfall. Ganz anders sehen dagegen Mercedes und die Beschuldigten die Situation.
Vettel kochte vor Wut, als er nach dem Reifenplatzer in der vorletzten Runde des Belgien-GP erstmals vor die Mikrofone der Journalisten trat. Direkt nach der Eau Rouge hatte der Slick sich plötzlich in seine Einzelteile zerlegt.
"Ich muss aufpassen, was ich jetzt sage", eröffnete der Weltmeister: "Das Eine ist das Ergebnis: bitter. Das Andere: Wenn das 200 Meter früher passiert, knalle ich mit 300 km/h in die Wand. Das muss mal gesagt werden: Die Qualität der Reifen ist miserabel. Das kann nicht sein. Das geht jetzt schon Jahre. Ich weiß nicht, worauf wir warten."
"Sowas darf nicht passieren"
Vettel störte sich insbesondere an einer angeblichen Information Pirellis. "Die Vorausgabe war, dass der Reifen 40 Runden hält. Wir hatten knapp 30 drauf. Sowas darf nicht passieren", sagte der vierfache Weltmeister.
"Klar wusste ich, dass die Reifen abbauen. Die anderen sind ähnlich lange gefahren", gab Vettel an, irrte sich dabei aber. Alle anderen Fahrer, die das Ziel erreichten, hatten die Reifen zweimal getauscht.
"Wir müssen schauen, dass wir daraus was lernen. Demnächst knallt einer in die Wand und dann stehen Alle da und sagen: 'Oh, hätten wir...' Es muss darüber gesprochen werden", forderte der 28-Jährige: "Es gab zweimal an diesem Wochenende unangekündigt das Problem. Nico ist kein Idiot, weiß wo er langfährt. Bei mir genauso: Ich war nicht neben der Strecke. Vollkommen unangekündigt knallt der Reifen in die Luft."
Schon im freien Training am Freitag hatte ein ähnlicher Vorfall am Mercedes von Nico Rosberg für einen Schreckmoment gesorgt. Dies hatte Pirelli am nächsten Morgen mit "externen Faktoren" begründet, es habe kein strukturelles Problem des Reifens vorgelegen.
Mercedes verteidigt Pirelli
Mercedes dagegen gab Ferrari die Verantwortung für den brenzligen Vorfall. "Wir haben lange diskutiert, ob Sebastian mit dieser Ein-Stopp-Strategie durchkommt", berichtete Motorsportdirektor Toto Wolff bei Sky: "Es war eine riskante Strategie. Fast 30 Runden mit einem Reifen zu fahren, ist hier haarig."
"Wenn unsere Fahrer Pirelli so kritisieren würden, dann würde ich sie mir vornehmen", sagte Niki Lauda. Wolff betonte: "Wir haben Reifenplatzer gesehen, die wir uns nicht wirklich erklären konnten, die wir auf die Strecke und Karbonteile zurückführt haben", sagte der Österreicher: "Pirelli ist überhaupt kein Vorwurf zu machen - eher dem Team, das den Stint gestretcht hat. Insofern muss man Pirelli in Schutz nehmen."
Pirelli widerspricht Vettel
Auch Pirelli konnte die Kritik nicht nachvollziehen. "Es war ein Zwei-Stopp- oder Drei-Stopp-Rennen und kein Ein-Stopp-Rennen", sagte Motorsportchef Paul Hembery: "Sie haben es versucht und haben es um eine Runde verpasst. Sebastian musste am Ende hart pushen, letztendlich hat es nicht gelangt. Der Reifen war total abgenutzt. Ein Stopp ist sehr grenzwertig gewesen."
Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene hielt dagegen: "Wenn wir eine Strategie entwerfen, basiert diese auf den Daten, die wir haben. Auch wenn sie aggressiv ist, sind wir nicht so dumm und verrückt, ein Risiko für die Fahrer einzugehen." Zudem habe es von Seiten Pirellis zu keiner Zeit eine Warnung gegeben.
Rückendeckung erhielt Vettel von Rosberg: "Das ist heftig, wir haben beide Riesenglück gehabt an diesem Wochenende. Das darf nicht passieren, dass die Reifen einfach ohne Vorwarnung platzen." Im Gegensatz zu Vettel behielt er aber die Ruhe: "Schuldzuweisungen bringen jetzt nichts, auch wenn ich nicht verstehe, was da passiert ist."
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