Nach jedem Grand Prix der Formel 1 bewertet SPOX die Leistungen der Fahrer am vergangenen Wochenende. Teil 14 der Saison 2018: der Große Preis von Italien. Lewis Hamilton zerstört mit einer Fabelleistung die Ferrari-Feier, nur Kimi Räikkönen kommt an den Weltmeister heran. Sebastian Vettel schwächelt, während Max Verstappen stänkert.
Platz 10, Sergey Sirotkin:
Wir eröffnen den Debütantenball. An vorderster Front mit dabei: Sergey Sirotkin. Zum ersten Mal heimste der Rookie nämlich einen WM-Punkt ein und beendete damit eine Durststrecke von 13 Fehlversuchen in Folge. Okay, der Zähler war aufgrund der Disqualifikation von Romain Grosjean (s. Härtefall 2) nur abgestaubt, trotzdem fuhr Sirotkin auf einem ähnlichen Niveau wie Lance Stroll und blieb ohne größeren Schnitzer.
Platz 9, Charles Leclerc:
Seit dem Großen Preis von Österreich Anfang Juli wartet der Monegasse nun schon auf WM-Zähler. Nach zuletzt drei Ausfällen in vier Rennen sah er im Königlichen Park zu Monza aber immerhin mal wieder die Zielflagge.
Dabei zeigte sich Charles Leclerc in solider Verfassung. Er hatte diesmal Stallgefährte Marcus Ericsson über das ganze Wochenende hinweg im Griff und schaffte es, dank einer klugen Undercut-Strategie ein paar Positionen im Rennen gut zu machen. Ärgerlich für ihn, dass er das zweite Quali-Segment am Samstag um nur 0,002 Sekunden verpasste.
Platz 8, Carlos Sainz Junior:
Dass Renault auf der Power-Strecke Monza nicht die größte Rolle spielen würde, war abzusehen. Trotzdem gelang es dem künftigen McLaren-Piloten, seinem Noch-Rennstall wichtige Punkte im Konstrukteurs-Duell mit Haas zu sichern. Im anfänglichen Kuddelmuddel hielt er sich geschickt aus allen Zweikämpfen heraus und fuhr anschließend ein für ihn recht unspektakuläres Rennen zu Ende.
Platz 7, Sebastian Vettel:
Wer hatte Schuld am Crash? Sebastian Vettel? Lewis Hamilton? Die große Frage des Wochenendes kann nicht eindeutig beantwortet werden. Hamilton zog konsequent in die Kurve, obwohl er um Vettel auf der Innenbahn wusste. Vettel wiederum gab nicht nach, obwohl Hamilton seine Nase bereits vorn hatte. Die Entscheidung der Stewards, auf Rennunfall zu plädieren und keinen der Fahrer zu bestrafen, ist somit korrekt.
Nichtsdestotrotz muss man Vettel die Kollision ankreiden. Aus dem einfachen Grund, dass er zu viel Risiko einging und zu kurzsichtig handelte. Selbst wenn er den Platz an Hamilton verloren hätte, es wäre fast noch 53 Runden Zeit gewesen, um sich wieder vor seinen Rivalen zu schieben. So aber machte sich Vettel mit seiner aggressiven Fahrweise zum großen Verlierer - und das nicht zum ersten Mal in dieser Saison.
Dass es überhaupt zu der Situation kam, war einem nicht ganz idealen Qualifying geschuldet, in dem sich der Heppenheimer von Teamkollege Kimi Räikkönen die Butter vom Brot nehmen ließ. Der Iceman profitierte zwar vom hessischen Windschatten, Vettel selbst erwischte aber auch keine perfekte Runde.
Unter den genannten Umständen war der vierte Platz das Maximum für Vettel. Sein Auto war am Seitenkasten schwer beschädigt, die Balance entsprechend schlecht. Ein Angriff auf Valtteri Bottas war nicht mehr möglich.
Platz 6, Sergio Perez:
Kevin Magnussen ist kein Kind von Traurigkeit. Am Samstag durfte sich zunächst Fernando Alonso ein bisschen mit dem Haas-Fahrer raufen, am Sonntag war dann Sergio Perez dran. Nachdem Magnussen die Schikane (wohlgemerkt zum zweiten Mal) abkürzte, setzte sich Perez in der ersten Lesmo-Kurve neben ihn und ging vorbei.
Bei dem Manöver blieb der Feindkontakt jedoch nicht aus, das Racing-Point-Gefährt wurde am linken Unterboden beschädigt und litt anschließend unter starkem Untersteuern. Trotzdem gelang es Perez, weiter Boden zu gewinnen und schließlich mit nicht einmal einer Sekunde Rückstand hinter Teamkollege Esteban Ocon ins Ziel zu fahren. Eine starke Leistung, wenn man bedenkt, dass ein verkorkstes Qualifying - Aus in Q1 - sein Wochenende eigentlich schon ruiniert hatte.
Platz 5, Lance Stroll:
Zu behaupten, er fühle sich gut, "wäre Understatement", frohlockte Lance Stroll nach dem Rennen und wies darauf hin, dass an diesem Wochenende jedes Rädchen ins andere griff. Schon am Samstag überraschte der Youngster, als er seinen Williams auf Platz zehn stellte und damit erstmals überhaupt das dritte Quali-Segment in dieser Saison erreichte.
Er verdankte dieses Überraschungsergebnis tadellosen Runden und einem Auto, das auf den langen Geraden aufblüht und die Abwesenheit von vielen, langen Kurven genießt. Diese Williams-Wohlfühloase nutzte Stroll dann auch am Sonntag, als er problemlos den Weg in die Top 10 fand.
Platz 4, Esteban Ocon:
Nach den Gerüchten, dass der Racing-Point-Mann seinen Sitz schon nach dem Belgien-GP verlieren würde, heißt es nun, dass der Große Preis von Italien sein vorerst letztes Rennen gewesen sein könnte. Ob die Ablösung durch Stroll tatsächlich folgt, wird man sehen. Fakt ist: Seit seine Zukunft ungewiss ist, zeigt Ocon nochmal, was er kann. Der Grosjean-bereinigte sechste Platz war als "Best of the Rest" das Maximum.
Platz 3, Max Verstappen:
Max Verstappen handelte nicht besonders nachhaltig, als er Bottas auf Teufel komm raus hinter sich hielt, obwohl klar war, dass er die Position aufgrund einer Fünf-Sekunden-Strafe ohnehin verloren hatte. Für den 20-Jährigen war seine Verteidigungsfahrt gegen den Mercedes-Piloten wohl eher so etwas wie Frustbewältigung, Wutabbau im Hochgeschwindigkeitsmodus quasi.
Denn die Strafe, die sich Verstappen durch vermeintliches Abdrängen von Bottas eingehandelt hatte, empfand er als ungerecht. "Die Kommissare tun wirklich alles dafür, das Racing kaputtzumachen", schimpfte der Bullen-Fahrer und schien dabei zu vergessen, dass er Bottas am Ende wohl doch ein paar Zentimeter zu wenig Platz ließ.
Nichtsdestotrotz machte Verstappen insgesamt einen starken Job. Er hielt Bottas - auch mit fairen Mitteln - lange hinter sich und war näher an Hamilton und Räikkönen dran, als er und Red Bull sich das vorher erwartet hätten.
gettyPlatz 2, Kimi Räikkönen:
Die Formel 1 kann schon komisch sein. Während Meldungen die Runde machten, dass Kimi Räikkönen sein Cockpit im kommenden Jahr an Charles Leclerc verlieren wird, stand er vor tausenden frenetischen Tifosi auf dem Siegerpodest und ließ sich feiern. Zurecht feiern, sei hier angemerkt!
Was der kauzige Finne nämlich in Monza ablieferte, war extraklasse. Nicht nur, dass er mit der schnellsten Runde der Formel-1-Geschichte auf Pole Position fuhr, auch am Renntag zeigte er eine tadellose Leistung. 45 Runden lang hielt Räikkönen dem Druck von Hamilton Stand, bis seine Hinterreifen an einer "Blasenentzündung" zugrunde gingen und ihn wehrlos wie einen geweihlosen Hirsch machten.
Mangelndes Reifenmangement kann man Räikkönen an dieser Stelle nicht vorwerfen. Durch die Vollgasfahrt im Duell mit Hamilton und der Verfolgungsjagd von Valtteri Bottas hatte er keine Zeit, seinen Pneus die notwendigen Ruhephasen zu gönnen.
Platz 1, Lewis Hamilton:
Nachdem die erste Startreihe ganz in Rot leuchtete, war die fette Scuderia-Sause im Autodromo Nazionale Monza eigentlich schon fest eingeplant. Doch dann kam dieser unglaubliche Hamilton und crashte nicht nur mit Vettel, sondern gleich noch die gesamte Ferrari-Party. Und das mit einer Leistung, an der es nicht das Geringste auszusetzen gibt.
Dem amtierenden Weltmeister gelang es, den Nachteil seines Mercedes fast vollkommen zu verstecken und schon im Qualifying überraschend nah an die Ferraris heranzukommen. Im Rennen setzte Hamilton dann noch einen drauf und wies erst Vettel in seine Schranken, ehe er sich Räikkönen mit viel Geduld zurechtlegte.
Härtefall 1, Valtteri Bottas:
Dass Bottas nach der Zielüberfahrt von einem erfolgreichen Rennen sprach, spricht wiederum für sich. Klar, er hatte eine Podestplatzierung erreicht und Max Verstappen nach einem langen Zweikampf in die Knie gezwungen. Doch: Von seinem Teamkollegen wurde der Finne (abermals) deklassiert. Über dreieinhalb Zehntel Rückstand im Qualifying, 14 Sekunden im Rennen - das ist einfach viel zu viel.
Das, was Bottas an diesem Wochenende am besten machte, war es, Wasserträger für Hamilton zu spielen. Und das ist für Fans des 29-Jährigen sicherlich keine Befriedigung. Zwar erklärte Motorsportchef Toto Wolff gegenüber RTL eindringlich, dass der herausgezögerte Boxenstopp nur zu Bottas' Bestem war. Dass Mercedes so aber ganz nebenbei einen perfekten Kimi-Blocker installiert hatte, erklärt sich allerdings von selbst.
Härtefall 2, Romain Grosjean:
Der Franzose sah als Sechster die karierte Flagge und hätte sich damit einen Platz im Driver-Ranking verdient. Weil er bzw. sein Haas wegen eines technischen Verstoßes jedoch Stunden nach dem Rennen disqualifiziert wurde, kann er nicht gewertet werden.
Die FIA wies Ende Juli alle Teams darauf hin, ihren Unterboden aufgrund einer Regelspezifizierung (Artikel 3.7.1.d des Technischen Reglements) bis zum Italien-GP anpassen zu müssen. Konkret ging es dabei um das sogenannte T-Tray, dessen Radius am vorderen Ende auf beiden Seiten 50 Millimeter, einschließlich zwei Millimetern Toleranz, aufweisen muss.
Diese Anforderung erfüllte der Grosjean-Bolide nicht. Zwar bat Haas vorher bei der FIA um eine Sondergenehmigung, diese wurde jedoch nie hundertprozentig erteilt. Die nachträgliche Disqualifikation in Monza war somit die Folge.