Formel 1 - Vorteil Hamilton: Fehlt Verstappen noch die Titelreife?

SID
Für Verstappen reichte es in Portugal nicht zum Sieg.
© getty

Lewis Hamilton und Mercedes waren in Portugal erstmals in dieser Saison knapp die erste Kraft. Das WM-Duell mit Max Verstappen und Red Bull wird wohl eng bleiben - und vermehrt zur Kopfsache.

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Auf die gut gemeinte Warnung des einzigen Mannes, der Lewis Hamilton in den vergangenen sieben Jahren den WM-Titel streitig machen konnte, pfiff Max Verstappen geflissentlich. "Ich brauche Nico nicht, um mir klar zu machen, wie gut Lewis ist. Ich weiß, dass er sehr gut ist, sonst hätte er nicht so viele Meisterschaften gewonnen", blaffte Verstappen nach dem Dämpfer von Portimao.

Nico Rosberg hatte zuvor in seiner Rolle als TV-Experte seinen früheren Mercedes-Teamkollegen Hamilton als "phänomenal" gepriesen und dessen Extraklasse unterstrichen - was Rosberg gewiss auch deswegen regelmäßig tut, um die Größe seines WM-Triumphs von 2016 zu unterstreichen. Davon abgesehen, weiß allerdings tatsächlich niemand so gut wie der gebürtige Wiesbadener, welch hohe Hürde der 36-jährige Brite darstellt.

"Den Unterschied hat diesmal der Fahrer gemacht", sagte Rosberg bei Sky: "Max hat einfach zu viele Fehler gemacht. Das kann man sich nicht erlauben. Wenn man gegen Lewis Hamilton Weltmeister werden will, muss alles perfekt laufen, sonst hat man keine Chance."

Tatsächlich patzte Verstappen im Qualifying, als es darauf ankam. Im Rennen schenkte ihm das Safety Car die unverhoffte Chance, den fast 13 Jahre älteren Hamilton zu überholen - was ihm letztlich nichts nutzte, weil er nur wenige Runden später vom nun 97-maligen Grand-Prix-Sieger in einen Fehler getrieben wurde und prompt wieder hinterherfuhr.

In Schlagdistanz kam Red-Bull-Star Verstappen danach nicht mehr, Platz zwei war das Maximum und wohl auch Pflicht nach Hamiltons "deutlicher Absichtserklärung für den achten WM-Titel" (Telegraph). Die Daily Mail wertete die Vorstellung von Sir Lewis als "Demonstration von unerbittlicher, den Rivalen zerstörender Zuverlässigkeit."

Hamilton trotz Sieg nicht zufrieden: "Idiot"

Tatsächlich mag Hamilton nicht immer unantastbar wirken, doch der Brite ist derart erprobt in Hochdrucksituationen, dass er cool bleibt, wo andere Nerven zeigen. Im Kopf ist kein aktueller Formel-1-Fahrer so stark wie er. "Es war eine unglaubliche Vorstellung von Lewis, er hatte alles unter Kontrolle", lobte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff seinen Star-Piloten.

Hamilton selbst war indessen keineswegs zufrieden mit seinem Rennen: "Idiot" habe er zu sich selbst gesagt, als er den Restart nach der frühen Safety-Car-Phase verschlief, bekannte Hamilton nach seiner Triumphfahrt, die ihm im WM-Kampf ein Acht-Punkte-Polster auf Verstappen einbrachte.

Dass das Pendel nun dauerhaft Richtung Hamilton und Mercedes ausschlagen wird, glaubten derweil weder Sieger noch Geschlagene. "In den paar Tagen bis zum nächsten Rennen in Barcelona müssen wir alles analysieren. Es war kein perfekter Tag, wir müssen alles anschauen und jeden Stein umdrehen", analysierte Hamilton, der zudem prophezeite, dass das "fabelhafte Duell zwischen diesen beiden Rennställen" weitergehen wird.

Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko bezeichnete im Nachgang den Kurs in Portimao als "Mercedes-Strecke", nachdem er zuvor den Silbernen Nervosität unterstellt hatte. Zum Großen Preis von Spanien am kommenden Sonntag nimmt der promovierte Rechtswissenschaftler die Erkenntnis mit, "dass wir dran sind. Es hat diesmal nicht gereicht für einen Sieg, aber die Entwicklung stimmt."

Wolff, Intimfeind seines österreichischen Landsmanns, genoss den Triumph nach den jüngsten Sticheleien zwischen beiden Lagern offenkundig ganz besonders. "Mir fallen sofort drei Dinge ein, die wir schlechter gemacht haben. Aber was haben wir besser gemacht? Den Doktor haben wir geärgert", freute sich Wolff diebisch.