Verstappen und Red Bull haben alle Trümpfe in der Hand
"Wir müssen Schadensbegrenzung betreiben", hatte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko vor dem Rennen in Sotschi gesagt. Für viele mag diese Aussage überraschend gekommen sein, schließlich ist der RB16B von Max Verstappen und Sergio Perez das unterm Strich wohl beste Auto der aktuellen Saison, die Aussage Markos hat aber sinnvolle Gründe
Zum einen ist der Sotschi Autodrom absolutes Mercedes Hoheitsgebiet. Mit seinen langen Geraden und 90-Grad-Kurven schmeckt die Strecke in Russland besonders den Silberpfeilen gut. Untermalt wird das von der Statistik. Bei allen acht Besuchen seit der F1-Eröffnung 2014 siegte ein Mercedes-Pilot.
Hinzu kommt, dass Red Bull einen dringend benötigten Motorenwechsel bei Verstappen vorgenommen hatte, der ihn ans Ende der Startaufstellung strafversetzte. Ein solcher Antriebs-Tausch wäre in den verbleibenden sieben Rennen ohnehin noch einmal notwendig gewesen, die Entscheidung von Red Bull, es beim Problem-Kurs in Sotschi zu machen, war also nur sinnvoll. Zu wenig Chancen malte man sich im Vorfeld aus, sollte es kein chaotisches Rennen geben.
Wie der Zufall es aber so will, bekamen die Zuschauer am Rennsonntag genau so ein Rennen zu sehen. Über 50 Runden bot der Russland-GP wenig Spektakel. Während Verstappens WM-Konkurrent Lewis Hamilton mit Lando Norris (McLaren) um den Sieg kämpfte, steckte der Niederländer auf Platz sieben im Verkehr fest. Gewiss keine schlechte Aufholjagd, aber eben nicht viel mehr als die geforderte "Schadensbegrenzung".
Verstappen betreibt mehr als nur Schadensbegrenzung
Dann aber brach in Runde 51 der Regen über Sotschi herein. Innerhalb weniger Minuten verwandelte sich der Kurs in ein Rutschfest. Als einer der ersten Piloten entschied sich Verstappen für das Risiko und den Wechsel auf Intermediates, letztlich war es die richtige Entscheidung. Am Ende standen statt P7 Podestplatz zwei und wichtige 18 WM-Punkte zu Buche. Mehr als nur "Schadensbegrenzung".
Noch viel mehr dürfte sich Verstappen freuen, wenn er einen Blick auf die verbleibenden sieben GP-Stationen des 21er-Kalenders wirft. Mit Mexiko und Brasilien sind zwei absolute Red-Bull-Heimspiele noch zu absolvieren, auch Neuling Saudi Arabien und Rückkehrer Türkei dürften aufgrund ihrer Layouts den Österreichern schmecken. Der Große Preis von Abu Dhabi war zwischen beiden Teams stets umkämpft. Wirklich problematisch scheint nur noch der USA-GP, der fest in Mercedes-Hand sein sollte.
Der Rückstand in der WM beträgt nach dem Rennen in Sotschi lediglich zwei Zähler, bei den noch zu absolvierenden Rennen kann man also von einem leichten Vorteil für Red Bull sprechen. Sollten die Österreicher auf "ihren" Strecken Boden und WM-Punkte gut machen, hat man alle Trümpfe in der Hand. Max Verstappen ist in Top-Form, das Auto ist das wahrscheinlich beste im Feld. Jetzt liegt es am Team, die guten Voraussetzungen umzusetzen.