In der Weltmeisterschaft rücken die beiden Piloten damit wieder etwas näher zusammen. Vor den letzten drei Saisonrennen trennen beide Piloten nur noch 14 Punkte, weiter geht es schon am kommenden Wochenende in Katar.
"Vor dem Wochenende hätte ich nie gedacht, dass wir die Lücke zu Max dermaßen schließen können", sagte Hamilton nach der Zieldurchfahrt. "Es lief ja alles gegen uns. Aber das zeigt, dass wir niemals aufgeben dürfen. So eine Stimmung! Obrigado an die Brasilianer!"
Vor allem das Manöver von Verstappen gegen Hamilton in Runde 48, als der Niederländer den Briten weit nach außen drückte, dafür aber keine Strafe kassierte, sorgte bei Mercedes für Unverständnis. "Das war eine Sauerei!", schimpfte Teamchef Toto Wolff. "Das ganze Wochenende wurden uns Sachen an den Kopf geworfen. Das ist eigentlich peinlich für die Rennleitung."
"Wir haben alles getan, was wir konnten, es war ein guter Kampf, aber am Ende hat ein bisschen Geschwindigkeit gefehlt", schilderte ein etwas niedergeschlagener Verstappen: "Ich bin zuversichtlich, dass wir zurückschlagen."
Brasilien-GP: Die Analyse
Ähnlich wie im gestrigen Sprintrennen entpuppte sich Startplatz zwei aufgrund der Innenseite in Kurve eins als etwas besser im Vergleich zur Pole Position. Obwohl Bottas und Verstappen in etwa gleich gut vom Fleck kamen, drückte sich der Niederländer nach nur wenigen Metern am Mercedes vorbei. Zu allem Überfluss verbremste sich Bottas beim Anbremsen auf Kurve vier, weshalb auch Perez noch vor Ablauf der ersten Runde vorbeiziehen konnte.
Besser lief es für Hamilton im zweiten Mercedes, der aufgrund einer Grid-Strafe nur von P10 losfuhr. Der amtierende Weltmeister sprang während des Start-Getümmels um fünf Positionen nach vorne, nach zwei Runden war er bereits hinter den beiden Red Bulls und Teamkollege Bottas auf Rang vier angekommen. Zur selben Zeit bekam Bottas die Anweisung, Hamilton vorbeizulassen, was der Finne auch umgehend befolgte.
Der nach sechs Runden herausgefahrene Vorsprung Verstappens von sechs Sekunden wurde jedoch umgehend wieder eingestampft. Bei einem etwas zu übermotivierten Überholversuch von Yuki Tsunoda (AlphaTauri) gegen Vettel fuhr sich der Japaner Teile seines Frontflügels und Unterbodens ab - umgehend wurde das Safety Car auf die Strecke beordert.
Doch auch den zweiten Rennstart meisterte Verstappen weltmeisterlich. Ohne Probleme behauptete er seine Führung, auch Perez konnte Hamilton abwehren und sorgte so für die frühe RB-Doppelführung. Doch das ließ der amtierende Weltmeister nicht lange auf sich sitzen. In Riesenschritten machte Hamilton Boden auf Perez gut und kassierte den Mexikaner nach hartem Kampf in Runde 19.
Nach Hamiltons Boxenstopp in Runde 27 holte Red Bull Verstappen einen Umlauf später zur Abfertigung, um einen Undercut zu vermeiden. Hamilton fand den Weg zwar nicht vorbei, drückte den Rückstand von über 3,5 Sekunden aber auf knapp 1,5 Sekunden.
Brasilien-GP: Hamilton und Verstappen liefern sich episches Duell
"Einen zweiten Undercut überleben wir nicht", merkte ein sichtlich besorgter Verstappen zu Rennhälfte an und betonte damit die Notwendigkeit, vor Hamilton zum zweiten Mal an die Box kommen zu müssen. Das tat Red Bull auch. Nach 40 Umläufen kam der Niederländer zum zweiten Reifenwechsel, Hamilton wechselte seinerseits erst drei Runden später seine Pneus. Erneut kam der Brite hinter dem RB-Piloten zurück auf die Strecke, hatte jedoch die leicht frischeren Reifen.
Es folgte eines der engsten und epischsten Duelle der jüngeren F1-Vergangenheit. Rundenlang duellierten sich die beiden Kontrahenten auf der Strecke. Hamiltons Angriff in Runde 48 wehrte Verstappen noch mehr oder weniger regelwidrig ab, zehn Runden später war der Widerstand des Niederländers dann gebrochen: Zur Anfahrt auf Kurve vier kam der Mercedes mit viel Geschwindigkeits-Überschuss und zwängte sich außen am Red Bull vorbei.
Dem hohen Tempo Hamiltons konnte Verstappen schließlich nicht mehr folgen. Der Niederländer musste sich mit P2 zufriedengeben, Hamilton-Teamkollege Bottas sicherte für die Silberpfeile Rang drei ab. Immerhin: Mit der schnellsten Runde nahm Verstappen-Teamkollege Perez, der auf Rang vier ins Ziel kam, Hamilton noch einen Punkt im WM-Kampf ab.
Die Top 10 komplettierten Charles Leclerc (5./Ferrari), Carlos Sainz (6./Ferrari), Pierre Gasly (7./Alpha Tauri), Esteban Ocon (8./Alpine), Fernando Alonso (9./Alpine) und Lando Norris (10./McLaren).
Brasilien-GP: Die Reigenstrategie
Aufgrund der höheren Temperaturen im Vergleich zum gestrigen Samstag versuchten die meisten Teams auf den roten Softreifen zu verzichten. Am Start wählte lediglich Tsunoda den weichen Pneu, der Rest des Feldes fuhr auf dem härteren Medium los.
Strategisch schien dann zunächst alles Red Bull in die Karten zu spielen. Sowohl Verstappen als auch Perez fanden innerhalb der ersten Runde den Weg an Bottas vorbei und hätten somit alle strategischen Optionen gehabt.
Zunichte machte das die durch Tsunoda ausgelöste Safety-Car-Phase zunichte. Hamilton fand so zügig den Weg an Perez heran und konnte den Mexikaner, wenn auch mit etwas Gegenwehr, wenige Runden nach dem SC-Ende überholen.
Direkt hinter Verstappen platziert entschied sich Mercedes letztlich für einen Undercut und tauschte beim Briten den Medium-Startreifen für frische, harte Reifen. Verstappen coverte dies umgehend und behielt so knapp die Führung vor Hamilton.
Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, wählte man auf Seiten Red Bulls für den zweiten Stopp den früheren Reifenwechsel für sich. Verstappen behielt so im Vergleich zu Hamilton die wichtige Track-Position eins. So lief alles auf ein Duell zwischen den beiden WM-Spitzenreitern auf der Strecke hinaus.
Highlight des Rennens: Verstappen-Hamilton-Duell
Es war eines der engsten und härtesten Duelle der Saison. Rundenlang beackerten sich die beiden WM-Kontrahenten und scheuten dabei auch nicht von Berührungen und Rad-an-Rad-Duellen.
Dabei verteidigte sich Verstappen tapfer, wenn auch teils nicht ganz regelkonform. Sein Verteidigungs-Move in Runde 48, als er den eigentlich schon vorne liegenden Hamilton in Kurve vier weit nach draußen drückte und so die Position behielt, landete zwischenzeitlich sogar bei den Rennstewards. Diese entschieden jedoch nach kurzer Absprache, dass es sich um einen "Racing incident", also ein regelkonformes Manöver, handelte.
Am Ausgang änderte dies jedoch glücklicherweise nichts. In Runde 59 fand Hamilton mit einem schön vorbereiteten Manöver an selber Stelle den Weg vorbei und sicherte sich die wichtigen 25 WM-Punkte.
Top des Rennens: Lewis Hamilton
Die Vorstellung Hamiltons in Interlagos war der eines Weltmeisters würdig. Nur fünf (!) Runden brauchte der Brite von Startplatz zehn vor auf P4, einen Umlauf später war er - dank Bottas - auf den dritten Rang vorgefahren. Auch danach präsentierte sich Hamilton von seiner besten Seite, kitzelte das letzte bisschen aus seinem Mercedes und behielt am Ende im Duell mit einem wacker kämpfenden Verstappen das bessere Ende für sich.
Flop des Rennens: Valtteri Bottas
Der Finne hatte im Rennen nur einen einzigen Job zu erledigen: Verstappen unter keinen Umständen passieren zu lassen, komme was wolle. Die Anweisung befolgte Bottas jedoch nur wenige hundert Meter, danach ging der RB-Pilot vorbei. So hatte man sich das bei Mercedes sicher nicht vorgestellt, auch wenn es am Ende glimpflich ausging.
Formel 1: Die WM-Wertung nach 19 von 22 Rennen
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Max Verstappen | Red Bull | 332,5* |
2 | Lewis Hamilton | Mercedes | 318,5* |
3 | Valtteri Bottas | Mercedes | 203 |
4 | Sergio Perez | Red Bull | 178 |
5 | Lando Norris | McLaren | 151 |
6 | Charles Leclerc | Ferrari | 148 |
7 | Carlos Sainz | Ferrari | 139,5* |
8 | Daniel Ricciardo | McLaren | 105 |
9 | Pierre Gasly | AlphaTauri | 92 |
10 | Fernando Alonso | Alpine | 62 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Mercedes | 521,5* |
2 | Red Bull | 510,5* |
3 | Ferrari | 287,5* |
4 | McLaren | 256 |
5 | Alpine | 112 |
6 | AlphaTauri | 112 |
7 | Aston Martin | 68 |
8 | Williams | 23 |
9 | Alfa Romeo | 11 |
10 | Haas | 0 |
*Beim 12. WM-Lauf in Belgien wurden aufgrund der nicht vollständig absolvierten Renndistanz nur halbe Punkte vergeben.