Einen schwarzen Tag erlebte Mick Schumacher (Haas). Lange lag der Deutsche auf Punktekurs, wenige Umläufe vor Schluss kollidierte er jedoch mit Landsmann Sebastian Vettel (Aston Martin) und fiel bis ans Ende des Feldes zurück. Auch Vettel konnte nicht mehr entscheidend ins Rennen eingreifen - der Heppenheimer musste seinen Boliden abstellen. "Ich habe das nicht gesehen!", beteuerte Vettel im Boxenfunk. "Das war ganz klar meine Kurve", rief Schumacher.
Micks Onkel Ralf Schumacher schätzte die Situation als "ein bisschen Rennunfall" ein. "Mick muss es da versuchen. Aber man sieht: Er zögert ein bisschen. Hätte er vielleicht nicht machen müssen, weil die Kurve hätte er haben können. Ein bisschen später bremsen, wie er sagt. Aber Sebastian muss auch mal Platz lassen. Er kann sich da nicht in Luft auflösen. Da muss Sebastian in den Spiegel gucken, das ist so. Ungünstige Situation.", sagte er bei Sky.
Später entschuldigte sich Vettel via Sky bei Schumacher. "Das ist doof und bitter für uns beide", sagte der Heppenheimer: "Es tut mir leid, dass wir beide raus sind. Ich dachte, ich hätte die Kurve. Als ich ihn gesehen habe, war es zu spät." Schumacher meinte, dass es "im Endeffekt schade, sehr schade für uns beide" sei. "Ich werde mit Sicherheit noch mit ihm darüber reden", kündigte er an.
Besser war die Stimmung bei Rennsieger Verstappen. "Ich glaube, ich brauche einen Drink", sagte Weltmeister Verstappen noch am Funk nach seinem zweiten Sieg in Folge. Durch den Sieg verkürzte der Niederländer den Rückstand auf Leclerc in der WM auf 19 Punkte. "Es war sehr anstrengend, aber ich bin sehr glücklich mit diesem Sieg", sagte Verstappen.
Ex-Weltmeister Lewis Hamilton wurde im Mercedes hinter Teamkollegen George Russell Sechster.
Miami-GP: Die Analyse
Bereits am Start gelang es Verstappen, das Ferrari-Bollwerk zu durchbrechen. Der Niederländer kam nach dem Erlöschen der roten Ampel etwas besser vom Fleck als Sainz und schob sich in Kurve zwei außen sehenswert am Spanier vorbei. Dahinter attackierte auch Sergio Perez den Ferrari-Piloten, der Mexikaner fand seinen Weg jedoch nicht vorbei.
Ein langes Belauern sollte es auch im Kampf um die Führung nicht geben. Schon nach acht Runden meldete Leclerc seiner Box das Einbrechen der Vorderreifen, was sich Verstappen nicht zweimal sagen ließ und pushte. Innerhalb von nur zwei Umläufen fand der Niederländer den Anschluss an den Monegassen und setzte seine Attacke. Samt DRS und sichtlich mehr Grip überholte er Leclerc in Runde zehn auf der Start- und Zielgeraden und übernahm die Führung.
Dass der Red Bull das schnellere Rennauto war, zeigte sich auch im Anschluss. Verstappen gelang es sukzessive, den Vorsprung auf Leclerc auszubauen - nach 15 Runden waren bereits mehr als fünf Sekunden angehäuft. Hinter den Beiden machte auch Perez Druck auf Sainz und wäre wohl ebenfalls am Ferrari vorbeigegangen. Der Mexikaner hatte jedoch einige Umläufe lang mit Problemen an der Power-Unit zu kämpfen, weshalb er abreißen lassen musste.
An diesem Bild änderten auch die Boxenstopps nicht. Alle vier Top-Piloten wählten die Hards für den zweiten Stint und eine daraus folgende Einstopp-Strategie. Auf der härtesten Mischung schien der Red Bull gar noch einmal überlegener im Vergleich zum roten Auto, weshalb Verstappen keine Probleme hatte, seine Führung bis ins Ziel zu verteidigen.
Eine späte Safety-Car-Phase - ausgelöst durch einen Crash zwischen Lando Norris (McLaren) und Pierre Gasly (AlphaTauri) - brachte 15 Runden vor Rennende noch einmal Bewegung ins Feld. Vor allem Perez ging als Profiteur hervor, weil er dadurch einen Free-Stopp und die Möglichkeit bekam, noch einmal die Ferraris zu attackieren.
Das gelang, auch weil Perez selbst beim Anbremsen auf Kurve eins ein Fehler unterlief, jedoch nicht mehr. Verstappen verteidigte trotz einer letzten Attacke von Leclerc seinen Platz an der Sonne, dahinter kamen der Monegasse und Teamkollege Sainz als Zweiter und Dritter ins Ziel.
Hinter Perez komplettierten George Russell (5./Mercedes), Lewis Hamilton (6./Mercedes), Valtteri Bottas (7./Alfa Romeo), Esteban Ocon (8./Alpine), Alexander Albon (9./Williams) und Lance Stroll (10./Aston Martin) die Top Ten.
Alonso wurde wegen eines Crashs mit Gasly nachträglich noch eine Zeitstrafe aufgebrummt, weshalb Vettel Teamkollege Stroll als Zehnter noch in die Punkte rutschte.
Miami-GP: Die Reifenstrategie
Ferraris Strategieplan wurde durch das schnelle Vorrücken Verstappens bereits nach wenigen Runden über den Haufen geworfen. Um dennoch ein Wörtchen um den Sieg mitreden zu können, wechselte man bei der Scuderia auf "Plan D", einer Einstopp-Strategie samt Wechsel auf den harten Reifen.
Doch Red Bull ging kein Risiko ein. Da Leclerc aus der Spitzengruppe den Startschuss gab, kopierten die Österreicher einfach das Vorgehen der Scuderia und schickten ihre beiden Piloten Verstappen und Perez ebenfalls auf den Hards raus auf den zweiten Stint.
Bewegung kam dadurch wenig ins Feld. Wieso die Scuderia nicht zumindest Sainz auf eine alternative Strategie schickte, um Verstappen wenigstens etwas unter Druck zu setzen, darf zumindest in Frage gestellt werden.
Gegen Ende war es dann Perez, der wegen des Safety Cars noch einmal neue Reifen aufzog. Mit den frischen Mediums war der Vorteil gegenüber Sainz jedoch geringer als erwartet. Perez konnte lediglich eine einzige Attacke fahren.
Highlight des Rennens: Aston-Martin-Haas-Duelle
Während sich an der Spitze in Sachen Zweikämpfe wenig bewegte, durften die Fans auf dem Miami International Autodrome immerhin im Mittelfeld einige packende Duelle begutachten.
So unter anderem zwischen den beiden Haas- und Aston-Martin-Piloten. Trotz der deutlich frischeren Reifen gelang Ersteren nur schwerwiegend der Weg an den grünen Boliden vorbei. Immer wieder konterten Vettel und Stroll die Manöver der Haas-Fahrer und boten so einige enge Rad-an-Rad-Duelle.
Umso tragischer, dass es am Ende zum Crash zwischen Vettel und Schumacher kam.
Top des Rennens: George Russell
Das Qualifying am Samstag geht auf seine Kappe. Im Rennen am Sonntag aber zeigte der Youngster seine ganze Qualität. Dank gutem Speed und cleverer Strategie hievte er sich von Startplatz zwölf auf den fünften Rang vor. Er bleibt der einzige Pilot, der 2022 in bislang jedem Rennen in die Punkte fuhr. Starke Vorstellung!
Flop des Rennens: Aston Martin
Die Pace der Briten während des Rennens war nicht einmal schlecht, umso bitterer ist deshalb das, was unmittelbar vor dem Rennstart passierte. Wegen einer fehlerhaften Lagerung des Sprits mussten sowohl Sebastian Vettel als auch Lance Stroll aus der Boxengasse starten. Die guten Ausgangspositionen (P10 und P13) waren damit dahin. Ebenfalls schwach: Mick Schumacher, der mit seinem Crash sicher geglaubte WM-Punkte wegwarf.
Formel 1: Der WM-Stand (nach 5 von 23 Rennen)
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Charles Leclerc | Ferrari | 104 |
2 | Max Verstappen | Red Bull | 85 |
3 | Sergio Perez | Red Bull | 66 |
4 | George Russell | Mercedes | 59 |
5 | Carlos Sainz | Ferrari | 53 |
6 | Lewis Hamilton | Mercedes | 36 |
7 | Lando Norris | McLaren | 35 |
8 | Valtteri Bottas | Alfa Romeo | 30 |
9 | Esteban Ocon | Alpine | 24 |
10 | Kevin Magnussen | Alfa Romeo | 15 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Ferrari | 157 |
2 | Red Bull | 151 |
3 | Mercedes | 95 |
4 | McLaren | 46 |
5 | Alfa Romeo | 31 |
6 | Alpine | 28 |
7 | AlphaTauri | 16 |
8 | Haas | 15 |
9 | Aston Martin | 5 |
10 | Williams | 2 |