Aus deutscher Sicht fuhr Sebastian Vettel (Aston Martin) nach einer starken Vorstellung als Sechster in die Punkte. Der Heppenheimer profitierte dabei von einigen Ausfällen aus der Spitzengruppe, obwohl er zwischenzeitlich aufgrund eines individuellen Fehlers weit zurückgefallen war. "Die Zufriedenheit überwiegt", meinte der Heppenheimer. "Ohne den Dreher hätten wir ein einfacheres Rennen gehabt und wären vielleicht am Ende auf Platz fünf gekommen. Aber alles in allem war es glaube ich ein gutes Wochenende für uns."
Mick Schumacher (Haas) wurde, nachdem er in der Qualifikation nur den 20. Startplatz erreicht hatte, 14. "Erst ganz zum Schluss, im letzten Stint, war es so, dass wir eigentlich die gewohnte Pace hatten", klagte der 23-Jährige bei Sky über die erneut verpassten WM-Punkte. "Dann war es aber schon zu spät und alles zu weit weg. Das ganze Wochenende war schon schwierig mit dem ersten Training, was nicht ganz so gelaufen ist, sodass das zweite Training auch nicht mega war."
"Heute war super, wir hatten eine gute Pace und konnten die Führung immer weiter ausbauen", sagte ein glücklicher Verstappen nach der Zieleinfahrt: "Wir hatten auch etwas Glück mit den Ausfällen, aber es kann sich auch jederzeit wieder alles ändern." Perez haderte ein wenig mit einem nicht ganz geglückten Boxenstopp: "Das war nicht ganz optimal, aber es ist ein gutes Ergebnis für das Team."
Auch ohne die Ausfälle der beiden Ferrari-Piloten sei Red Bull in der Lage gewesen, um den Sieg zu konkurrieren. "Vielleicht hatten wir mit dem Ausfall etwas Glück. Aber ich denke, dass unser Auto heute auch so wirklich gut war. Ich hätte die Lücke schließen können", ist Verstappen überzeugt.
Pole-Setter Leclerc wurde hingegen erneut Opfer von technischen Problemen an seinem SF-75. "Es ist ziemlich schwierig. Es ist sehr enttäuschend, mir fehlen die Worte. Wir müssen uns das sehr genau anschauen", sagte der Monegasse: "Es schmerzt."
Aserbaidschan-GP: Die Analyse
Aus der Spitzengruppe kam der an P3 gestartete Verstappen am besten vom Fleck. Der Niederländer wurde im Anflug auf Kurve eins allerdings von Vordermann Leclerc blockiert, weshalb es für ihn kein Durchkommen gab. Besser lief es für Teamkollege Perez, der den mäßigen Start von Leclerc nutzte, innen am Monegassen vorbei ging und früh die Führung übernahm.
Und der Mexikaner sollte im Anschluss die Muskeln spielen lassen. Perez knallte eine Bestzeit nach der anderen auf den Asphalt und riss bereits nach wenigen Umläufen eine komfortable Zwei-Sekunde-Lücke auf Leclerc. Unmittelbar dahinter folgte Verstappen, der es trotz DRS-Hilfe nicht am Ferrari vorbeischaffte.
Durch ein Virtual Safety Car, ausgelöst durch ein Bremsproblem bei Leclercs Teamkollege Sainz, wurde das Feld durchgewürfelt. Bei Ferrari nutzte man die Gelben Flaggen und bat umgehend Leclerc zur Abfertigung an die Box. Red Bull hingegen entschied sich dafür, mit beiden Autos draußen zu bleiben.
Da Verstappen nach Leclers Boxenstopp umgehend bessere Rundenzeiten fahren konnte und schnell auf den führenden Perez aufschloss, entschied man bei Red Bull, einen internen Positionswechsel durchzuführen und Verstappen am Mexikaner vorbeizuwinken. Perez befolgte die Anweisung und ließ den Niederländer gewähren.
Erst acht Runden nach Leclercs Stopp kam Perez an die Box, zwei Umläufe danach wurde dann auch Verstappen zum Reifenwechsel beordert. Beide fielen zunächst hinter Leclerc zurück, die Führung des Ferrari-Piloten sollte aber nicht lange halten. In Runde 25 vermeldete Leclerc zunächst einen Leistungsverlust an seinem F1-75, wenig später rollte der Monegasse mit rauchendem Motor aus und musste das Rennen aufgeben.
Der Kampf um den Sieg sollte von da an entschieden sein. Beide Red Bulls fuhren geordnet dem Doppel-Erfolg entgegen, dahinter wurde Russell zum Hauptprofiteur der Ferrari-Ausfälle. Der Engländer erbte den letzten Podestplatz und ist nach wie vor der einzige Fahrer im Feld, der in bislang jedem Rennen mindestens Fünfter wurde.
Hinter Russell wurde Ex-Weltmeister Lewis Hamilton im zweiten Mercedes Vierter. Pierre Gasly (5./AlphaTauri), Vettel (6./Aston Martin), Fernando Alonso (7./Alpine), Daniel Ricciardo (8./McLaren), Lando Norris (9./McLaren) und Esteban Ocon (10./Alpine) komplettierten die Punkteränge.
Aserbaidschan-GP: Die Reifenstrategie
Abgesehen von Ricciardo, Bottas Ocon, Stroll und Schumacher, welche sich im ersten Stint für den harten Reifen entschieden, wählte das gesamte Feld den Medium als Startreifen.
Die durch Sainz ausgelöste Safety-Car-Phase nutzten viele Piloten als "Free-Stopp" und wechselten auf den harten Reifen, lediglich beide Red Bulls sowie beide McLarens zogen ihren ersten Stint etwas in die Länge.
Auf den Rennsieg hatte die Strategie wegen der Ausfälle beider Ferrari-Piloten aber ohnehin keinen Einfluss mehr. Verstappen und Perez tauschten durch ein spätes VSC noch einmal ihre Reifen und fuhren mit diesen das Rennen dann souverän zu Ende.
Highlight des Rennens: Mittelfeld-Kämpfe
An der Spitze war den Fans am heutigen Sonntag zugegeben wenig Unterhaltung geboten, dafür waren einige enge Mittelfeldkämpfe zu bestaunen. Mit Alpine, Aston Martin, AlphaTauri und Mercedes bewegten sich vier Teams in etwa auf Augenhöhe, was einige packende Rad-an-Rad-Duelle zur Folge hatte. Mit seinem überholfreundlichen, aber dennoch forderndem Layout bot der Baku City Circuit dafür auch die passende Bühne.
Top des Rennens: Max Verstappen
Der Niederländer lieferte mit Sicherheit keine Galavorstellung auf dem Baku City Circuit ab, es reichte aber aus, um einen völlig ungefährdeten Sieg einzufahren und den Vorsprung in der WM-Wertung auf die Widersacher Leclerc und Perez weiter auszubauen. Ebenfalls stark: George Russell und Sebastian Vettel.
Flop des Rennens: Ferrari
Die Roten scheinen die technischen Probleme ihres Autos nicht in den Griff zu bekommen. Erneut durchkreuzten Schwierigkeiten am SF-75 die Hoffnung auf den Sieg und wichtige WM-Punkte. Das erste Mal seit Monza 2020 schieden gar beide Scuderia-Piloten in einem Rennen aus. Mit Red Bull in Topform wird das ganz schwierig mit dem WM-Titel. Zu allem Überfluss schieden mit Guanyu Zhou (Alfa Romeo) und Kevin Magnussen (Haas) zwei weitere Ferrari-Kundenautos mit Motorschäden aus.
Formel 1: Der WM-Stand (nach 8 von 22* Rennen)
- Fahrerwertung:
Platz | Fahrer | Team | Punkte |
1 | Max Verstappen | Red Bull | 150 |
2 | Sergio Perez | Red Bull | 129 |
3 | Charles Leclerc | Ferrari | 116 |
4 | George Russell | Mercedes | 99 |
5 | Carlos Sainz | Ferrari | 83 |
6 | Lewis Hamilton | Mercedes | 62 |
7 | Lando Norris | McLaren | 50 |
8 | Valtteri Bottas | Alfa Romeo | 40 |
9 | Esteban Ocon | Alpine | 31 |
10 | Pierre Gasly | AlphaTauri | 16 |
- Konstrukteurswertung:
Platz | Team | Punkte |
1 | Red Bull | 279 |
2 | Ferrari | 199 |
3 | Mercedes | 161 |
4 | McLaren | 65 |
5 | Alpine | 47 |
6 | Alfa Romeo | 41 |
7 | AlphaTauri | 27 |
8 | Haas | 15 |
9 | Aston Martin | 15 |
10 | Williams | 3 |
*Der Russland-GP wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ersatzlos gestrichen. Ursprünglich hatte die Formel 1 für die Saison 2022 23 Rennen eingeplant.