In der Formel-1-Saison 2014 soll es dank verändertem Reglement wieder mehr auf den Fahrer ankommen. SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 18: Der Brasilien-GP in Sao Paulo.
Platz 1, Nico Rosberg: Am Tagessieger kann es einfach keinen Zweifel geben! Der Deutsche lieferte in Brasilien die beste Leistung seiner gesamten Saison ab. Die Überraschung: 2014 belegt er erst zum zweiten Mal den Spitzenrang. Dass ihm sein fehlerfreies Rennen mit Bestzeiten in allen Trainings und dem Qualifying erst gelang, als er die WM nicht mehr aus eigener Kraft holen konnte, mag ein Makel sein. Die Leistung bei seiner Verteidigungsfahrt schmälert es nicht.
Schon am Freitag war der neuerliche Motivationsschub nach dem verhängnisvollen Fehler von Austin, der Lewis Hamilton erst sein siegbringendes Überholmanöver ermöglichte, spürbar. Zum ersten Mal holte Rosberg in Training 1 und 2 die Bestzeit, es war erst das dritte Mal, dass er in der Nachmittagssession die Nase vorne hatte. Doch Rosberg war nicht nur auf eine Runde schneller als der WM-Führende, er hatte auch bei den Longruns rund drei Zehntelsekunden Vorsprung auf den eigenen Teamkollegen.
ANALYSE Hamilton: "Ich war deutlich schneller"
Dass er nach der souveränen Pole Position und dem bravourösen ersten Stint seinen Vorsprung einbüßte und Hamilton nach seinem Dreher die Lücke schnell wieder schließen konnte, ist auf den ersten Blick etwas verwunderlich,. Ich glaube aber Rosberg: Er sparte mehr Reifen, um definitiv zu verhindern, einen vierten Stopp einlegen zu müssen - nur der hätte ihn den Sieg kosten können. Die Entscheidung war intelligent und rundete das perfekte Wochenende ab, das ihn zum ersten Mal seit Kanada aufs Ranking-Podium hievt und in der Gesamtwertung an Fernando Alonso vorbeispült.
Platz 2, Jenson Button: Der Weltmeister des Jahres 2009 nimmt seine Situation mit Humor. "Um einen anderen Fahrer zu zitieren: Ich bin begeistert, was meine Zukunft betrifft. Und der Unterschied ist: Ich glaube das und es ist wahr." Button hat Recht, wenn er sagt, er müsse nichts beweisen. Seine Qualitäten sind bekannt: Unaufgeregt fährt er für McLaren nahezu fehlerlos wertvolle Ergebnisse ein und gibt den Ingenieuren exzellentes Feedback.
Trotzdem muss er um seine Zukunft kämpfen, weil Kevin Magnussen in seiner Debütsaison mit purer Geschwindigkeit und Fahrzeugkontrolle aufhorchen ließ. Für Button war Brasilien deshalb wichtig. Alles lief wie gewünscht. Keine Aufregung über irritierende Strategie-Entscheidungen des Teams wie in der Vorwoche, keine Ablenkung vom eigentlichen Auftrag: das bestmögliche Ergebnis zu holen.
Genau das setzte der Engländer mit dem fünften Startplatz und einer unaufgeregten Fahrt auf Platz 4 um, wobei er zusätzlich Kimi Räikkönen im Duell der Altmeister mit dem spektakulärsten Überholmanöver des Rennens in die Schranken wies. Dass der erfahrenste Pilot für das neue Honda-Projekt einen großen Vorteil bedeuten könnte, weiß auch Alonso, der sich öffentlich für einen Formel-1-Verbleib Buttons aussprach. Hoffentlich gibt nicht nur Magnussens geringeres Gehalt am Ende den Ausschlag.
Platz 3, Nico Hülkenberg: Ganz ehrlich? Der Emmericher fuhr an diesem Wochenende endlich mal wieder über den Möglichkeiten seines Autos. Die drittschnellste Rundenzeit resultierte zugegebenermaßen aus der umgedrehten Strategie mit Start auf den harten Reifen, doch dass Hülkenberg mal wieder Führungsluft schnupperte, war kaum zu erwarten.
Der 27-Jährige setzte den ausgearbeiteten Plan mit seiner vielleicht stärksten Leistung in der zweiten Saisonhälfte perfekt um. Startplatz 12 hielt er nach dem Start trotz der langsameren Reifen, nicht nur gegen Valtteri Bottas setzte er sich im Zweikampf entschlossen durch. Lediglich die Ferrari waren dann doch etwas zu schnell.
Gerade der Vergleich mit Teamkollege Sergio Perez verdeutlicht die Ausnahmeleistung: Der Mexikaner kam nach seiner Straversetzung überhaupt nicht voran und konnte lediglich den aus der Box gestarteten Sauber von Adrian Sutil hinter sich halten, der unter der Hitze extrem litt.
Platz 4, Romain Grosjean: Mit seinem Interlagos-Streich überholte der Franzose an diesem Wochenende die Toro-Rosso-Piloten. Mehr als zwei Zehntel nahm er Teamkollege Pastor Maldonado schon im Qualifying ab. Allein der 14. Startplatz war schon ein ordentliches Resultat.
Krönen sollte Grosjean seine Leistung unterdessen am Sonntag. Auf Mediums gestartet hielt er trotz vollem Tank und damit größerem Reifenverschleiß 24 Runden auf den Slicks durch. Als Vettel schon zum zweiten Stopp einbog, hielt der Lotus gerade das erste Mal an.
Dass die Pace des Autos nicht für ein richtig gutes Resultat reichen würde, war von Anfang an klar. Trotzdem war Grosjean auf Kurs: Er schickte sich an, auf den weichen Reifen in die Punkteränge zu springen, als einer der sechs Zylinder des Renault-Verbrennungsmotors den Dienst quittierte. Schade!
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Platz 5, Sebastian Vettel: Der scheidende Weltmeister präsentierte sich bei seiner Red-Bull-Abschiedstour noch mal in Bestform. Aggressiv und gleichzeitig bedacht präsentierte sich der Heppenheimer. 1,3 Zehntelsekunden reichten im entscheidenden Teil des Qualifyings, um Teamkollege Daniel Ricciardo drei Plätze hinter sich zu lassen.
Im Rennen erholte sich Vettel schnell von seinem Fehler in der vierten Kurve, als er zwei Plätze verlor, und arbeitete sich mit sehenswerten Manövern an den Ferrari von Räikkönen und Alonso vorbei und hatte dabei trotz der schwierigen Bedingungen den Reifenverbrauch im Griff. Das war ungewohnt, aber ein weiteres Argument für den Platz knapp hinter dem Ranking-Podium.
Platz 6, Fernando Alonso: Über zehn Sekunden Rückstand auf Vettel waren aus meiner Sicht zu viel. Ganz so stark wie sonst üblich war der Spanier in Südamerika nicht. Interlagos mag nicht seine Lieblingsstrecke sein - er gewann dort noch nie -, doch dass Alonso derart von Räikkönen unter Druck gesetzt wird, war überraschend. Dem Spanier Fehler vorzuwerfen, geht allerdings nicht. Er fuhr nur eine Stufe unter seiner Optimalform.
Platz 7, Kimi Räikkönen: Dafür präsentierte sich der Iceman nochmals verbessert. Dass er als einziger Pilot eine Zwei-Stopp-Strategie hinbekam, lag wohl vor allem an den eine Spur zu weichen Reifen, mit denen er einfach besser zurechtkommt als jeder andere Fahrer. Schon in der Quali hatte der Finne ein Indiz für seine Form gegeben, als er nur eine Zehntelsekunde mehr brauchte als sein Teamkollege.
Dass er im Rennen nicht vor Alonso landete, lag aber leider an ihm. Räikkönen überfuhr beim Boxenstopp die Haltemarkierung und verlor dadurch Zeit. Trotzdem war der Kampf auf den abgefahrenen Reifen gegen den eigenen Teamkollegen ein echtes Highlight seiner enttäuschenden Saison.
Platz 8, Daniil Kvyat: Der Russe präsentierte sich ähnlich wie Hülkenberg. Er fuhr mit derselben Strategie und verbesserte sich trotz der langsameren Gummis im ersten Stint sogar deutlich. Durch die Boxenstopps der auf weichen Reifen gestarteten Konkurrenz lag er zwischenzeitlich sogar auf Rang drei.
Zu halten war die Position nicht. Am Ende hatte er weniger als eine Zehntel Rückstand auf Pechvogel Bottas und verpasste die Punkteränge somit denkbar knapp, obwohl er aus der letzten Reihe gestartet war. Ich freue mich schon zu sehen, was ihm 2015 mit dem immer noch wesentlich schnelleren Red Bull gelingt.
Platz 9, Daniel Ricciardo: Der Australier hatte in Interlagos deutlich mit der Balance seines RB10 zu kämpfen, machte aber das Beste draus. Im Qualifying blieb er knapp hinter Vettel, im Rennen ging er das Tempo des Weltmeisters mit, blieb aber weitgehend unauffällig. Letztlich beendete die defekte Vorderradaufhängung seine Punktefahrt, die nicht so stark war wie zuletzt.
Platz 10, Felipe Massa: Es hat knapp gereicht: Der Brasilianer schafft bei seinem Heimspiel noch den Sprung in die Top 10 des Driver-Ranking. Der Hauptgrund dafür ist allerdings nicht die Leistung im Rennen, sondern die ausgezeichnete Runde in Q3, als ihm nur zwei Zehntel auf den Mercedes-Polesetter fehlten.
Im Rennen hatte Massa dagegen Glück, dass sein Williams eindeutig das zweitschnellste Auto war. Zwei Fehler bei Boxenstopps - erst die Überschreitung des Geschwindigkeitslimits, dann der Zwischenstopp bei den McLaren-Mechanikern - sind zu viel und deuten fast schon auf Unkonzentriertheit hin. Das muss der Brasilianer schnellstens wieder abstellen.
Härtefall, Lewis Hamilton: Wirklich glatt lief für den 29-Jährigen in Sao Paulo nichts. Auf seinen Ausritt im Abschlusstraining folgte der Verbremser im Qualifying, der ihn die Pole kostete. Dass er schließlich am Sonntag auch noch den Sieg durch eine Ausfahrt in die Auslaufzone verspielte, komplettierte das dürftige Bild.
Zwar holte Hamilton den Rückstand wieder auf und setzte den reifensparenden Rosberg unter Druck, eine echte Attacke konnte er aber nie fahren, weil der Deutsche ihn mit Stahlnerven unter Kontrolle hielt. Letztlich erlaubte sich Hamilton einfach zu viele entscheidende Fehler für eine höhere Wertung.
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