Nur Bianchi überflügelt die Mercedes

Jules Bianchi machte seinem Ruf als Top-Talent mit den ersten WM-Punkten für Marussia alle Ehre
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In der Formel-1-Saison 2014 kommt es dank verändertem Reglement wieder mehr auf den Fahrer an. Wie gewohnt bewertet SPOX-Redakteur Alexander Maack nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 6: Der Monaco-GP in Monte Carlo.

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Platz 1, Jules Bianchi: Was für ein Wochenende für den Franzosen! Was für ein Wochenende für Marussia! Nach vier Jahren des ständigen Hinterherfahrens gelingt dem russisch-englischen Team in der fünften Saison endlich der ersehnte Sprung in die Punkte. Bianchi rettete sich mit einer kontrollierten Leistung als Achter über die Ziellinie. Dabei lief eigentlich alles gegen ihn.

Gelbe Flaggen, ein Problem mit dem Differenzial und zu viel Verkehr verhinderten im Qualifying seinen Angriff auf die Sauber. Selbst den 19. Rang verlor er, weil das Team sein Getriebe wechselte. Durch einen Fehler beim Einparken zum Start und das Antreten der Strafe unter dem Safety-Car wurden ihm nach dem Ziel noch mal fünf Sekunden als Strafe aufgebrummt.

Und was steht am Ende? Neunter Platz, zwei WM-Punkte - für Marussia ist das wie ein Titel für Ferrari. Alleinverantwortlich ist dafür Jules Bianchi. Teamkollege Max Chilton wurde trotz besserer Voraussetzungen 14. und damit Letzter. Bianchi aber startete gut, nutzte ohne Rücksicht auf Verluste die Gunst der Stunde und presste sich an Kamui Kobayashi vorbei, der die Tür nur einen Spalt offen ließ.

Kein Wunder, dass Bianchi schon 2013 im Driver-Ranking vor allen anderen Piloten der Hinterbänkler-Teams lag. Er ist hochtalentiert, mittlerweile konstant und braucht endlich ein besseres Auto. Schade, dass die Talentförderung von Ferrari bisher aufhört, wenn ein Fahrer für das Werksteam gesucht wird. "Er ist nicht nur ein Fahrer der Ferrari-Akademie, er ist auch ein Freund", sagt Fernando Alonso. Das erinnert mich irgendwie an ein Duo in Silber.

Platz 2, Nico Rosberg: Fangio, Moss, Stewart, Lauda, Hill, Prost, Senna, Schumacher, Alonso - zwei Monaco-Siege gelingen fast nur den größten Namen der Formel 1. Nico Rosberg hat dieses Kunststück schon beim zweiten Versuch mit einem siegfähigen Auto vollbracht. Den dauerhaften Druck von Hamilton hielt er im Rennen mit Bravour aus. Selbst als er seinen Fahrstil komplett ändern musste, weil der Benzinverbrauch zu hoch war, leistete er sich keinen Fehler. Ruhig, abgeklärt und trotzdem schnell - an der Klasse des Deutschen sollte mittlerweile eigentlich kein Zweifel mehr bestehen.

Trotzdem bleibt ein kleiner Schatten. Der Fahrfehler im entscheidenden Moment des Qualifyings wird von einigen Fans und vor allem seinem Mercedes-Teamkollegen als Betrug ausgelegt, auch wenn die FIA-Kommissare nach Studium von Telemetrie-Daten und Videomaterial keinerlei Beweise dafür fanden. Verschwörungstheorien mögen faszinierend sein, sie sind hier aber vollkommen falsch.

Rosberg bremste zu spät. Weil das Auto durch die Bodenwellen vor Mirabeau instabil wurde, musste er es mit dem Lenkrad in der Spur halten. Da die Kurve nicht gerade, sondern leicht schräg angebremst wird, ist es kein Wunder, dass er nicht komplett an der Leitplanke einlenkte. Trotzdem war es ein Fehler, der ihm fast die Pole und damit wohl den Sieg gekostet hätte.

Monaco-GP: Nervenkrieg zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton

Platz 3, Lewis Hamilton: Auch wenn er Zweiter in Qualifying und Rennen wurde, der Engländer erwischte ein richtig gutes Wochenende. Hamilton war am Samstag in Q3 auf dem Weg zur Bestzeit, hätte Mercedes ihn vor Rosberg auf die Strecke geschickt, die Pole wäre ihm sicher gewesen.

Dass Hamilton Betrug witterte, dass seine Äußerungen, seine Funksprüche und seine Gestik an alte Zeiten erinnerten - ich will es ihm nicht ankreiden, da es seine fahrerische Leistung nicht schmälert. Der 29-Jährige will mit allen Mitteln gewinnen. Er will endlich zum zweiten Mal Weltmeister werden und das geht gegen einen Teamkollegen, der fast immer auf dem gleichen Niveau fährt, nur mit absolutem Siegeswillen. Mir hat imponiert, wie er im Rennen dauerhaft Druck ausgeübt hat. Er wusste, dass er nur gewinnen kann, wenn Rosberg einen Fehler macht, da kein Silberpfeil taktisch bevorzugt wird.

Dass Hamilton selbst mit defektem Helm, Wind im Gesicht und dadurch schließlich auch mit nur einem Auge fahren musste, fügt seiner Leistung einen I-Punkt hinzu. Das Auge tränte, er konnte die Kurven nicht einsehen, öffnete sogar das Visier, damit er mit der Hand das Problem beseitigen konnte. Trotz der Behinderung vermied er einen Crash und verteidigte Platz 2 gegen den rasenden Ricciardo. Das war stark. Trotzdem bekommt auch Hamilton einen Punktabzug, weil er seine Schnelligkeit in der Anfangsphase von Q3 nicht umsetzte. In Monaco muss man damit rechnen, dass es eine Gelbphase gibt.

Platz 4, Felipe Massa: Der Brasilianer ist der Pechvogel schlechthin. In Monaco war es mal wieder ein Caterham, der ihm alle Chancen auf ein gutes Ergebnis raubte. Q3 wäre locker drin gewesen, doch nachdem er von Marcus Ericsson abgeschossen wurde, ging Massa nur als 16. ins Rennen.

Immerhin machte er daraus noch Platz 7, indem er seinen Boxenstopp auch nach der Safety-Car-Phase so lange herauszögerte, dass einigen anderen Piloten die supersoften Reifen wohl schon um die Ohren geflogen wären. Die sechs Punkte waren am Sonntag mehr als verdient, seine Leistung ist aus meiner Sicht noch höher einzuschätzen.

Platz 5, Daniel Ricciardo: Dritter Platz hinter den Mercedes, das Maximum für Red Bull. Der Australier bewies einmal mehr, dass keiner mehr an seinem Talent zweifeln sollte. Im Gegensatz zu Teamkollege Sebastian Vettel blieb er einmal mehr von technischen Problemen verschont. Während der Weltmeister noch immer nicht vollkommen im RB10 angekommen ist, vertraut Ricciardo dem Auto blind und kann so überzeugen.

Vom 1. Freien Training an zeigte Ricciardo guten Speed. Leider leistete er sich zwei Fehler: Im Qualifying scheiterte sein Angriff auf die Silberpfeile, weil er in Turn 8 zu viel Zeit liegen ließ. Am Start verspielte er zwei Plätze, weil er zu schlecht wegkam. Wäre Vettel durchgekommen, Ricciardo hätte das Podium verpasst. Das restliche Rennen war fehlerfrei und überzeugend. Erst hielt der 25-Jährige Vizeweltmeister Fernando Alonso in Schach und schonte seine Reifen dabei, dann attackierte er in der Schlussphase mit überzeugendem Speed Hamilton.

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Platz 6, Nico Hülkenberg: Das einzige Negative an Hülkenbergs Wochenende war seine Qualifying-Niederlage gegen Force-India-Teamkollege Sergio Perez. Sie war vollkommen unnötig, weil Hülkenberg der schnellere Fahrer war. Am Sonntag brillierte er dafür einmal mehr.

Das Überholmanöver gegen Kevin Magnussen in La Portiere war das beste des Rennens. Ich kann mich nicht erinnern, wann zuletzt ein Fahrer im schlechteren Auto dort so problemlos an seinem Vordermann vorbeiging. Zudem machte Hülkenberg einmal sein Auto doppelt so breit, wie es eigentlich ist. Button hatte auf den schnelleren Reifen im ersten Stint mit dem schnelleren McLaren keine Chance vorbeizukommen. Auch in den letzten Runden biss sich der Engländer zusammen mit Massa die Zähne am Deutschen aus, obwohl Hülkenbergs superweiche Hinterreifen schon hinüber waren.

Platz 7, Jean-Eric Vergne: Was ist dem Franzosen vorzuwerfen? Nichts. Vergne zeigte in Monte Carlo eine sehr gute Leistung, qualifizierte sich als Siebter. Er war auf dem sicheren Weg zu punkten, hatte die Chance auf den sechsten Platz,seinen Teamkollegen Daniil Kvyat sicher im Griff.

Dann machte Toro Rosso ihm einen Strich durch die Rechnung. Der Unsafe Release geht auf die Kappe des Teams. Für die Strafe konnte Vergne nichts. Ebenso wenig ist er für den gebrochenen Auspuff verantwortlich, der sein Rennen letztlich beendete. Eine gute Leistung des erfahrensten Red-Bull-Nachwuchspiloten, die leider nur im Driver-Ranking belohnt wird.

Platz 8, Fernando Alonso: Platz 4 im Rennen macht Rang 8 im Driver-Ranking. In Monte Carlo waren einfach zu viele Piloten in schlechteren Autos überzeugend. Alonso legte ein gutes Qualifying hin, auch wenn er aus meiner Sicht mit der "besten Runde des Jahres" etwas übertrieb. Am Sonntag war die Stärke jedenfalls weg.

Alonso kam sehr schlecht weg, als die Lichter der Startampel ausgingen. Er fiel hinter seinen Ferrari-Teamkollegen Kimi Räikkönen zurück, dann belastete er die Reifen im Windschatten von Daniel Ricciardo stark und musste abreißen lassen. Alonsos weitere Fahrt verlief ohne Feindkontakt. Für mich steht aber fest, dass er hinter dem Iceman ins Ziel gekommen wäre, wenn Max Chilton das Rennen des Finnens nicht versaut hätte. Deshalb bewerte ich die Leistung von Alonso nicht über.

Platz 9, Romain Grosjean: Lotus hatte an diesem Wochenende wieder deutlich mehr Probleme als in Spanien. Die größte Stärke des Autos, das Reifenschonen, wurde zum Nachteil, weil die Temperatur der Vorderreifen nie ins Arbeitsfenster kam. Grosjean machte daraus, was er konnte.

Der französische Schweizer flog mehrmals spektakulär durch die Swimming-Pool-Schikane und verteidigte sich in den langsamen Kurven exzellent, wo beide Lotus überhaupt nicht zurechtkamen. Monaco-Spezialist Pastor Maldonado hatte im gleichen Auto keine Chance. Grosjeans achter Platz war für mich nicht das maximal erreichbare Resultat, es war besser.

Platz 10, Daniil Kvyat: Ein dickes Lob an den Russen! Noch nie war Kvyat in Monaco gefahren, weil er zur Saison 2014 direkt aus der GP3 in die Formel 1 aufstieg. Die fehlende Erfahrung war ihm nur ein einziges Mal anzumerken, als er in Q1 nach dem Tunnel auf der Bremse die Kontrolle über den Toro Rosso verlor. Der 20-Jährige reagierte blitzschnell, vermied einen Totalschaden und schaffte dann den Sprung in die Top Ten. Wie sein Teamkollege wurde er von einem Auspuff-Problem gestoppt, wie bei Vergne schmälert das nicht seine Leistung.

Härtefall, Kimi Räikkönen: Zunächst sei festgehalten, dass der Iceman der Mann des Rennens gewesen wäre, wenn ihn nicht das Pech eingeholt und er einen schlimmen Fehler gemacht hätte. Räikkönen startete perfekt und übernahm nach Vettels Defekt Platz 3. Dann schlitzte ihm Chilton den Hinterreifen auf. Was folgte, war eine verzweifelte Aufholjagd, wobei der Finne übertrieb.

Das Manöver gegen Magnussen kostete ihm die Punkte. Schon 0,7 Sekunden Rückstand auf Teamkollege Alonso im Qualifying waren zu viel des Guten. Dafür muss es Abzüge geben, die an diesem Wochenende, an dem so viele Piloten ihre Bestleistung fast fehlerfrei abrufen konnten, in einem abermals punktfreien Wochenende münden.

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