Platz 1, Lewis Hamilton: Der Weltmeister startet die Saison 2015, als hätte es keine Winterpause gegeben. Beim Australien-GP knüpfte er nahtlos an seine Topform der letzten Rennen im Vorjahr an und entschied das interne Duell bei Mercedes schon am Samstag mit der Pole Position für sich. Ich klopfe mir an dieser Stelle für meine Behauptung im Torque Talk auf die Schulter.
Im Ernst: Hamilton hat das Qualifying genutzt, um sich auf einer überholunfreundlichen Strecke die bestmögliche Ausgangslage zu sichern. Nach seinem guten Start drohte dann wenig Gefahr. Er erarbeitete sich einen angebrachten Vorsprung von zwei Sekunden, wobei er weniger Benzin verbrauchte als Teamkollege Nico Rosberg. Dann konnte er mit Halbgas zum Sieg cruisen.
Dass Hamilton am Freitagabend das Setup seines Teamkollegen kurzerhand übernahm, weil der schneller war, könnte ich ihm negativ auslegen. Sein Erfolg baute schließlich auf Rosbergs Arbeit auf. Aber warum? Mercedes ist ein Team, die Informationen werden geteilt. Dass der Engländer sich bedient, ist also nicht verwerflich. Hält Hamilton seine Topform, wird es ganz schwer für Rosberg, einen Stich zu machen.
Platz 2, Felipe Nasr: Ein Herz für Paydriver! Nasrs Sponsor bekam im Gegenzug für seine Millionen einen Platz für seinen Fahrer und obendrein die Sauber-Lackierung. Und der Brasilianer zeigte gleich bei der ersten Gelegenheit, dass kaum ein aktueller Bezahlfahrer eine Niete ist. Dass sich Daniel Ricciardo, Carlos Sainz Jr. und Kimi Räikkönen rundenlang im Formationsflug die Zähne an ihm ausbissen, ist keine Selbstverständlichkeit. Platz 5 trotz des Ferrari-bedingten Aufschwungs ebenso wenig.
Nasr profitierte dabei aber nicht von Problemen. Er sicherte seinen überragenden Einstand mit der besten Platzierung eines debütierenden Brasilianers in der gesamten Formel-1-Geschichte durch einen Blitzstart und ein gutes Qualifying, bei dem er nur um eine Zehntel Q3 verpasste.
Der Brasilianer war für mich auf einem Niveau mit Hamilton. Nicht zuletzt, weil ihm als Rookie, der zuvor nie im Albert Park fuhr, aufgrund des Vertragsstreits von Giedo van der Garde und Sauber auch noch das 1. Freie Training geklaut wurde. Halten wir fest: Blitzsaubere Leistung, hoffentlich wiederholt er nicht die Geschichte von Kevin Magnussen. Die Williams-Testfahrerschule macht sich bisher mal wieder bezahlt.
Platz 3, Nico Hülkenberg: Auch Hülkenberg ist einer dieser ehemaligen Testfahrer des Teams von Frank Williams. Dass der Deutsche fahren kann, hat er schon mehrmals bewiesen. Wie gut, zeigte er auch in Melbourne. Sicher, sein Rennen war unauffällig. Aber verglichen mit Teamkollege Sergio Perez war Hülkenberg eine Wucht.
Während der Mexikaner sich abquälte, um zumindest am chancenlosen McLaren-Honda von Jenson Button vorbeizukommen, spulte Hülkenberg konzentriert seine Runden ab und fuhr dabei von Startplatz 13 auf Rang 7 vor. Angesichts der späten Fertigstellung seines Force Indias ein mehr als akzeptables Ergebnis. Mehr war nicht zu holen.
Platz 4, Sebastian Vettel: Der vierfache Weltmeister konnte mit seinem Ferrari-Debüt zufrieden sein. Es lief schließlich alles nach Plan. Felipe Massa fing er ab, in dem er seine Reifen im ersten Stint im Schatten des Williams schonte und drei Runden länger draußen blieb.
Normalerweise wird im Pirelli-Zeitalter von den Strategen nur noch der Undercut eingesetzt: Früher reinkommen, den Vorteil der neuen Reifen nutzen, vorbeifahren. Der Offset, bei dem man länger draußen bleibt und dann mit den frischeren Reifen gegen Ende des nächsten Stints den Vorausfahrenden überholt, ist mittlerweile beinahe ausgestorben.
Vettel nahm Massa nach dessen Boxenstopp direkt 0,8 Sekunden pro Runde ab. Als der Brasilianer dann auch noch Ricciardo überholen musste und weitere 1,5 Sekunden verlor, war Vettel nicht mehr aufzuhalten und kam nach seinem Stopp vor dem Williams auf die Strecke zurück. Perfekt umgesetzte Strategie, den maximal möglichen dritten Platz gesichert.