Platz 1, Nico Hülkenberg: Seinen Force India bewegte der 28-Jährige am Sonntag ohne Feindkontakt im Niemandsland um die Strecke. Und er machte das ausgezeichnet. Von Startplatz 13 schob er sich schon in der ersten Runde auf Rang 8 vor. Pastor Maldonado und Romain Grosjean knackte er mit einem Undercut beim ersten Stopp. Danach war der Weg zu Platz 6 frei.
Hülkenberg ließ den Lotus keine Chance für ein Überholmanöver. Er kontrollierte den Zug als Lokomotive, bis er zum zweiten Reifenwechsel abermals früher in die Box einbog und sich so ein 8-Sekunden-Polster erarbeitete, dass er bis zum Rennende hielt. Ein besseres Resultat wäre unter keinen Umständen drin gewesen. Bestnote.
Platz 2, Lewis Hamilton: Kompromisslos, sauschnell, fehlerfrei - drei Worte, die das Japan-Wochenende des Weltmeisters ziemlich gut zusammenfassen. Zwar verlor er zum zweiten Mal in dieser Saison das Qualifying-Duell gegen Teamkollege Nico Rosberg, doch als Malus rechne ich ihm das nicht an. Schließlich wurde die Zeitenjagd mit der Roten Flagge beendet.
So blieb Hamilton Startplatz 2, den er mit einer entschlossenen Startphase in den achten Saisonsieg ummünzte. Das Manöver gegen Nico Rosberg war keinesfalls überhart, aber eben doch fragwürdig. Dass es für ihn der 41. in der Formel 1 war und er so mit Ayrton Senna gleichzog, geschenkt. Hamilton überzeugte mit einer unerreichten Pace an der Spitze. Selbst die überhitzende Antriebseinheit stoppte ihn nicht.
Fehlerfrei war allerdings auch der Brite nicht. Hamilton bremste sich den Medium-Slick zu Beginn des zweiten Stints platt. Mercedes musste ihn früher zum zweiten Reifenwechsel an die Box beordern, weil die Vibrationen zu stark waren. Das sorgte für Stirnrunzeln am Kommandostand, weil Ferrari beinahe zum Nutznießer geworden wäre.
Platz 3, Sebastian Vettel: Der Deutsche verlor Platz 2 an Rosberg, weil Ferrari ihn zu spät zum zweiten Stopp holte. Aber ohne Aufmerksamkeit der TV-Kameras fuhr er danach die Lücke zum Silberpfeil zu, bis er im DRS-Fenster war. Sogar Siegchancen waren da.
Mercedes ließ Hamilton bis zum Schluss Vollgas geben. Warum? Der Kommandostand fürchtete eine Safety-Car-Phase, wie sie Will Stevens mit seinem Dreher beinahe ausgelöst hätte. Vettel hätte sich einen neuen Satz Mediums holen können und wäre weiter hinter den Silberpfeilen gelegen. Ein Albtraumszenario für Mercedes, da eine Abwehrreaktion für sie unmöglich gewesen wäre.
Die Rennleitung versagte Vettel allerdings den Angriff auf den schnelleren Reifen, weil Stevens den Manor gerade noch unter Kontrolle bekam. So blieb ein Wochenende, dem der Schein anhängt, dass mehr möglich gewesen wäre. Die Qualifying-Niederlage gegen Valtteri Bottas scheint zumindest vermeidbar gewesen zu sein.
Platz 4, Romain Grosjean: Der Franzose fühlte sich an seine Teenager-Zeiten erinnert, weil er sich durch Lotus' Finanzprobleme das gesamte Wochenende über unter freiem Himmel oder in der Garage aufhalten musste. Geschadet haben die ungewöhnlichen Umstände seiner Leistung keinesfalls.
Grosjean legte abermals eine beeindruckende Performance im Qualifying hin und schaffte bereits zum fünften Mal nacheinander den Sprung ins Q3. Mit dem im Grenzbereich unbeherrschbaren Lotus, der bei hohen Geschwindigkeiten wie ein Mustang auf Speed herumbockt, eine hoch einzuschätzende Leistung. Grosjean hat sein Auto unter Kontrolle und holt das Maximum heraus.
Platz 5, Nico Rosberg: Aus meiner Sicht hätte der Vizeweltmeister beim Start draufhalten müssen. Hamilton hatte die Innenbahn, ja. Trotzdem muss er genug Platz lassen. Und das hat er zum wiederholten Male vergessen. Wäre Rosberg auf seiner Linie weitergefahren, es wäre zum Crash gekommen. Das wäre Hamiltons Fehler gewesen. Ein alleiniges Anrecht auf die Kurve hatte er nämlich nicht. Beide gingen gleichauf hinein.
Mercedes kann sich freuen. Zwei schnelle Fahrer fahren für die Silberpfeile. Der eine ist ein knallharter Kämpfer, der andere ein bedachter Teamplayer. Für Rosberg ist es trotzdem schade. Die Aggressivität von Hamilton kann er nicht mitgehen, sonst würde sich der Spa-Crash der Saison 2014 immer wiederholen. Der Klügere verliert. So bringen auch Pole Position und ein starkes Rennen mit dem bockstarken Überholmanöver gegen Valtteri Bottas nicht die mögliche Spitzenplatzierung im Driver-Ranking.
Den Start verpatzte Rosberg übrigens nicht. Er kam ausgezeichnet weg, hatte dann aber weniger Leistung in den ersten Kurven, weil der Motor überhitzte. Da das Problem blieb und auch Hamiltons Antrieb überhitzte, ist wohl davon auszugehen, dass Mercedes die Temperaturen in Japan unterschätzte und zu kleine Kühllufteinlässe gewählt hatte.