Ferrari hat beim Qualifying der Formel 1 zum Großen Preis von Kanada (So., 20 Uhr im LIVE-TICKER) eine halbe Bruchlandung hingelegt. Sebastian Vettel schied schon in Q1 aus, weil gleich mehrere Probleme mit der Technik auftraten und kassierte auch noch eine Strafe für ein illegales Überholmanöver. Die Pole Position schnappte sich Lewis Hamilton, es war die 44. in seiner F1-Karriere.
"Ich fühle mich heute großartig. Der Tag war nicht der einfachste, ich bin ein bisschen blind ins Qualifying gegangen", gab Hamilton zu, nachdem er im 3. Training noch Letzter geworden war. "Aber: Ich habe meinen ersten Grand Prix hier gewonnen. Hier die 44. Pole zu holen, ist etwas ganz Besonderes."
Der Mercedes-Weltmeister verwies Nico Rosberg und Kimi Räikkönen mit seiner Bestzeit von 1:14,393 Minuten auf dem Circuit Gilles Villeneuve auf die Plätze. "Das war nix am Ende. Ich hatte eigentlich einen sehr guten Rhythmus, aber irgendwas war da. Ich kann es noch nicht erklären", sagte der Deutsche auf der Pressekonferenz.
Das gesamte Qualifying-Ergebnis im Überblick
Dabei hatte er schon per Funk verraten, was los war: Er verlor in Q3 Grip auf der Hinterachse, sein Team erklärte ihm, dies liege an dem schlechten Reifensatz. "Was für ein Müll-Qualifying", regte er sich nach Ablauf der Uhr ebenfalls per Funk auf.
Räikkönen bricht seinen Quali-Fluch
Während Rosberg über drei Zehntel von seinem Teamkollegen trennten, war der Iceman mehr als sechs Zehntel langsamer. Ein Grund zur Freude: Startplatz 3 ist die beste Platzierung seit seiner Rückkehr zu Ferrari vor der Saison 2014. Zuletzt stand er für Lotus beim China-GP 2013 so weit vorn.
Der Finne begrenzte so immerhin den Schaden für Ferrari. Mit Valtteri Bottas (Williams), Romain Grosjean, Pastor Maldonado (beide Lotus), Nico Hülkenberg und Sergio Perez (beide Force India) kamen sieben der acht Fahrer mit Mercedes-Antrieb in die Top Ten. Lediglich die Red-Bull-Piloten Daniel Ricciardo (8.) und Daniil Kvyat (9.) gesellten sich mit ihrer Renault-Powerunit zu Räikkönen.
"Insgesamt lief das Wochenende ganz gut, so ruhig, wie es nur geht", sagte der Finne. Trotzdem war er nicht zufrieden: "Ich bin ein bisschen enttäuscht für das Team, weil wir bei einem Auto Probleme hatten. Aber wir sind gewöhnlich stärker im Rennen."
Vettel erlebt Desaster
Für dessen Teamkollegen entwickelte sich das Qualifying von Beginn an zum Desaster. Das Energierückgewinnungssystem an seinem Motor, die MGU-H, machte Probleme. Ferrari holte Vettel deshalb während seiner ersten schnellen Runde direkt wieder in die Box.
Drei Minuten vor Ablauf der Uhr schickte das Team ihn wieder auf die Strecke, doch selbst zwei schnelle Runden auf Supersofts reichten nicht, um sich für Q2 zu qualifizieren. Der 27-Jährige verlor im dritten Sektor extrem viel Zeit. Zusätzlich zur fehlenden Leistung des Hybridsystems versagte auch das DRS.
"Direkt als ich zum ersten Run aus der Box rausfuhr", habe er das Problem bemerkt, gab der frustrierte Vettel anschließend an: "Wir haben probiert, das Problem zu beheben. Aber es war nicht machbar. Wir hatten keinen Dunst, keine Power. Wir wären heute ein bisschen näher dran gewesen, aber wir werden jetzt nie herausfinden, wie nah."
Vettel kassiert Strafversetzung
Noch bitterer wurde es am späten Nachmittag: Der vierfache Weltmeister bekam musste zum Rapport bei den Stewards, weil er Marussia-Pilot Roberto Merhi während des 3. Freien Trainings überholt hatte, während die Roten Flaggen geschwenkt wurden.
Die Konsequenz: Eine Strafversetzung um fünf Plätze. Zudem gab es drei Punkte in seiner Fahrerakte, die einzigen in den letzten zwölf Monaten.
Verstappen doppelt doppelt bestraft
Zuvor rückte Vettel immerhin einen Startplatz nach vorn, weil Max Verstappen gleich doppelt bestraft wurde. Für seinen Unfall in Monaco, bei dem er Lotus-Pilot Romain Grosjean aufs Heck aufgefahren war, stand eine Strafversetzung um fünf Plätze aus. Doch damit nicht genug.
Toro Rosso baute dem niederländischen Teenager den sechsten Verbrennungsmotor ein, was eine zusätzliche Versetzung um zehn Plätze nach sich zieht. Weil Verstappen im Qualifying Zwölfter wurde und damit keine 15 Plätze zurückrücken konnte, startet er in Montreal nicht nur aus der letzten Reihe. Er muss zudem eine 10-Sekunden-Strafe beim ersten Stopp absitzen, weil acht Plätze seiner Strafversetzung nicht direkt angewendet werden konnten.
Davon profitierte auch Felipe Massa, der wie Vettel in Q1 ausschied. Seinem Mercedes-Antrieb fehlte Leistung. "Unglaublich", funkte der Brasilianer mehrmals, nachdem er nur die Manor-Piloten Will Stevens und Roberto Merhi hinter sich gelassen hatte. Auch beim 12. Versuch scheiterte Massa damit daran, sich für das Montreal-Rennen vor seinem Teamkollegen zu qualifizieren.
Button verpasst Qualifying
Noch schlimmer lief es nur für Jenson Button, der nicht an der Qualifikation teilnahm. Ein Problem beim Energierückgewinnungssystems von Honda verhinderte den Einsatz des McLaren. Unklar ist, ob die gesamte Powerunit für das Rennen getauscht werden muss und er ebenfalls bestraft wird.
Für Vettel bedeutet das: Er ist nicht Letzter. Weil Button in den Freien Trainings schnell genug war, wird er von den Stewards zum Rennen zugelassen. Er startet somit ganz hinten.