Die Formel-1-Saison 2015 verspricht Spannung: Fünf Weltmeister, drei Deutsche, ein Haufen talentierter Neulinge. SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen von Sebastian Vettel, Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Co. und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Teil 10: Der Ungarn-GP in Budapest.
Platz 1, Sebastian Vettel: Das Rennen in Budapest lässt wohl so viele verschiedene Rankings zu wie kaum ein anderes. Unbestreitbar an der Spitze muss aber bei jedem einzelnen Sebastian Vettel stehen. Der Weltmeister zog durch seinen 41. gewonnenen Grand Prix nach Siegen mit Ayrton Senna gleich. Was den Erfolg in Ungarn allerdings speziell macht, sind die Umstände.
Es war erst der dritte Sieg, bei dem Vettel nicht aus der ersten Startreihe ins Rennen ging: Ungarn 2015 gesellt sich zu Malaysia 2010 und Singapur 2012. Dazu kommt, dass Ferrari am Freitag massive Probleme hatte. Technikchef James Allison sprach vom schlimmsten Tag seiner Karriere. Vettel drehte sich mehrmals, weil das Setup immer verkorkster wurde. Trotzdem erholte sich Vettel und schnappte sich mit Mühe den dritten Startplatz hinter den Silberpfeilen.
Im Rennen spielte er dann nach dem glücklichen Start, bei dem die Mercedes nahezu stehen blieben, seine größte Stärke aus: In Führung liegend baute Vettel seinen Vorsprung soweit aus, dass er bis zum Safety Car nie in Gefahr war. Auch danach hielt er die Lücke zu Nico Rosberg soweit unter Kontrolle, dass der keinen Angriff versuchen konnte. Vettel lieferte eine perfekte Leistung ab. Es war ein Schumi-Sieg: Vettel siegte an einem Wochenende, an dem alles gegen ihn lief und die Konkurrenz das schnellere Auto hatte.
Platz 2, Fernando Alonso: Ein unterlegenes Auto, ein guter Fahrer und viele Zwischenfälle davor, während sich der der eigene Pilot aus sämtlichen Schwierigkeiten heraushält - das Rezept für ein überraschend gutes Resultat in der Formel 1. Alonso setzte es in Spanien um und zeigte, dass er die Serie trotz der negativen Worte am Samstag noch liebt. Wer keinen Spaß hat, würde den McLaren-Honda auch nicht im Alleingang den Berg rauf schieben.
Bei Alonso ging am Sonntag fast unter, dass er - im Gegensatz zu Teamkollege Jenson Button - nicht die Reifen bis zum Ende fuhr, die beide direkt vor der Safety-Car-Phase bekommen hatten. Weil ein Abreißvisier die Bremskühlung verstopft hatte, musste er nochmal reinkommen. Danach nutzte er jede Möglichkeit, die sich ihm bot, und fuhr auf Platz 5 durchs Ziel. Das beste Resultat der Saison für das Team.
Platz 3, Kimi Räikkönen: Der Iceman ist an einem Tag Spitzenklasse, am anderen hat er deutliches Potenzial nach oben. Räikkönen gab am Samstag zu, dass im Qualifying mehr drin war. Offenbar zusätzlich motiviert nutzte er die Start-Schwäche der Mercedes und katapultierte sich am Sonntag an drei Autos vorbei auf Platz 2, weil er sich klug in der ersten Kurve ganz außen positionierte.
Vettels Tempo ging Räikkönen danach mit und hätte sich mit seinem zweiten Podestplatz in dieser Saison belohnt. Doch es sollte wieder einmal nicht sein. Die MGU-K stoppte ihn. Entweder der Iceman macht Fehler oder er hat Pech. Ein mehr als unglückliches Ende eines starken Wochenendes beim inoffiziellen Finnland-GP.
Platz 4, Max Verstappen: Der Niederländer hat seinen historischen Erfolg um weniger als 20 Sekunden verpasst. Als 17-Jähriger ohne Führerschein nach einem Formel-1-Rennen auf dem Podium zu stehen - diesen Rekord hätte ihm wohl nie mehr ein anderer Fahrer abnehmen können. Fehlerfrei war er nicht. Die überhöhte Geschwindigkeit unter Safety-Car-Bedingungen war ein gefährlicher Fehler, die Durchfahrtsstrafe zwingend nötig.
Letztlich kann der Punktabzug aber nicht über die hervorragende Leistung hinwegtäuschen: Verstappen war im Toro-Rosso-Duell deutlich schneller als Carlos Sainz jr., kam im Qualifying bis auf 0,142 Sekunden an Felipe Massa im Williams heran. Zwar fiel er beim Start um vier Positionen zurück, er machte sie aber mit seinem Tempo locker wieder wett.
Platz 5, Nico Hülkenberg: Q3 wäre für den Force India auch in Ungarn drin gewesen. Das Problem: Hülkenbergs Team fehlten die Daten aus dem 2. Freien Training, als das Team noch den Überschlag von Sergio Perez in der Auftaktsession untersuchte.
Hülkenberg machte das Beste daraus - und wie! Er verbesserte sich in der ersten Runde um sechs Plätze und fuhr plötzlich auf Platz 5 herum. Daniil Kvyat biss sich die Zähne aus, nur Daniel Ricciardo kam vorbei. Hülkenberg verfolgte derweil Valtteri Bottas im schnelleren Williams. Der gebrochene Frontflügel brachte ihn um sichere Punkte - und wenn man hypothetisch seine Fahrt vor Kvyat fortsetzt auch um Platz 2.
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Platz 6, Daniel Ricciardo: Der Australier war der bessere Red-Bull-Fahrer in Budapest. Er holte Startplatz 4 vor Räikkönen, war nur 0,035 Sekunden langsamer als Vettel. Im Rennen setzte er den herausragenden Speed aus dem 2. Freien Training um, presste sich an Hülkenberg mit Leichtigkeit vorbei. Auch das Überholmanöver auf der Außenbahn gegen Hamilton nach dem Restart war Spitzenklasse.
Doch die Berührungen mit Bottas und beiden Mercedes? Das war zwar spektakulär, für mich aber etwas zu viel. Ricciardo verbaute sich durch die Kollision mit Rosberg seine Chance auf den Sieg, schließlich war Vettel wie Rosberg auf Mediums unterwegs. Ricciardo hatte Glück, dass sich die übrigen Konkurrenten selbst eliminierten, sodass er die neunte Podiumsplatzierung seiner Karriere, die erste in der Saison 2015 feiern konnte.
Platz 7, Valtteri Bottas: Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen bekam Bottas den neuen Frontflügel schon in Ungarn und rechtfertigte die Bevorzugung durch ein gutes Rennen. Er hielt mit den aus meiner Sicht in Budapest schnelleren Red Bull Schritt, bis ihm nach dem Restart von Verstappen unglücklich der Hinterreifen aufgeschlitzt wurde. Die sichere Punktefahrt war vorbei.
Platz 8, Daniil Kvyat: Der Zweitplatzierte im Rennen, der jetzt der zweitjüngste Pilot der Formel-1-Gesichte auf dem Podium ist, nur auf Platz 8 im Driver-Ranking? Ja, ich habe einen Grund dafür. Vettel, Räikkönen, Hamilton, Rosberg und Ricciardo lagen vor ihm. Auch Hülkenberg hatte gute Chacnen, seinen Vorteil bis zum Ziel zu verteidigen. Kvyat wäre unter normalen Bedingungen wohl nur Siebter geworden.
Der Russe präsentierte sich eiskalt und fuhr sein abgestaubtes Resultat ins Ziel. Schon am Start hatte er sich allerdings unter dem Eindruck der Schweigeminute für Jules Bianchi einen Verbremser geleistet und die Reifen zerstört. Durch die Vibrationen kam er nicht an Hülkenberg vorbei, als es möglich war. Als Ricciardo von Red Bull vorgezogen wurde, verfluchte er das Team per Funk. Kvyat war nicht so schnell, wie es sein Resultat vermuten lässt. Immerhin erkannte er das selbst.
Platz 9, Jenson Button: Viel schlechter als Alonso war Button eigentlich gar nicht. Er fuhr die meiste Zeit knapp hinter ihm her. Letztlich fuhren trotzdem drei Fahrer zwischen ihm und dem Teamkollegen durchs Ziel, weil der Brite sich mit etwas älteren Reifen nicht verteidigen konnte.
Platz 10, Marcus Ericsson: Der Sauber kam mit dem buckligen Hungaroring überhaupt nicht zurecht. Trotzdem holte Ericsson einen Punkt. Er war das gesamte Wochenende über schneller als Teamkollege Felipe Nasr und erklärte dies mit neugewonnener mentaler Stärke. Selbst als er in der ersten Runde hinter Roberto Merhis Manor zurückfiel, ließ er sich nicht entmutigen.
Härtefall 1, Nico Rosberg: Eins vorweg: Rosberg konnte nichts dafür, dass er nach dem Restart auf verlorenem Posten kämpfte. "Bis Nico vor der Garage stand, hatten wir genau zwölf Sekunden Zeit, die Reifen bereitzustellen. Es war aber nur ein Satz der harten Garnitur da", verriet Mercedes anschließend. Die bereitliegenden Reifen für einen Notstopp hätte das Team ausgetauscht, wenn die übrige Renndistanz eine Runde weniger betragen hätte oder die Fahrer eine Kurve weiter vom Boxeneingang entfernt gewesen wären. Rosberg wählte die Reifen nicht, er bekam sie vom Team verpasst.
Mit den Mediums war kein Angriff auf Vettel möglich, stattdessen hatte Ricciardo Vorteile. Trotzdem war Rosbergs Wochenende schwach. Er kam nie an Hamiltons Potenzial heran, nachdem die Mechaniker ihn am Freitag mit falschen Federn auf die Strecke geschickt hatten und den Lapsus erst am Samstag ausbesserten. 0,6 Sekunden fehlten im Qualifying, knapp zwei Sekunden fehlten ihm pro Rennrunde: Rosberg war viel zu langsam.
Warum ich ihn dann vor Hamilton sehe? Rosberg akzeptierte seine Lage und versuchte, Platz 2 zu retten. Ein kluger Schachzug beim Blick auf die WM-Wertung. Leider machte ihm der aufgeschlitzte Reifen durch die Berührung mit Ricciardo einen Strich durch die Rechnung.
Härtefall 2, Lewis Hamilton: Als ich am Sonntag mit dem Dienst begann, wusste ich schon, wer im Driver-Ranking ganz oben stehen würde: der Weltmeister. Alle Trainings und das Qualifying dominiert, kein erstzunehmender Rivale in Sichtweite. Zu früh gedacht. Was Hamilton im Rennen fabrizierte, passt auf keine Kuhhaut. Er schätzte es selbst richtig ein, als er sagte, dass er bei jeder Entscheidungsmöglichkeit die falsche wählte.
Kiesbett nach schwachem Start und überambitioniertem Angriff auf Rosberg, Kollision mit Ricciardo, Ausrutscher gegen Massa und Bottas. Das war viel zu übermotiviert, viel zu verbissen, viel zu leichtsinnig. Zum zweiten Mal in Folge hätte sich Hamilton einen Ausfall durch dumme Aktionen in Ungarn verdient gehabt. Er rettete noch Punkte und baute sogar die WM-Führung aus - aber nur auf Rosberg. Mittlerweile hat Vettel nur 41 Punkte Rückstand.
Untauglich, Pastor Maldonado: Das Rennen des Lotus-Piloten im Stenogramm: Crash mit Perez auf dümmste Art verschuldet, bei der fälligen Durchfahrtsstrafe mit massiver Geschwindigkeitsübertretung (11,6 km/h) geblitzt und die nächste Drive-Through kassiert und dann auch noch unter Safety-Car-Bedingungen überholt.
Sobald Maldonado die Chance auf Punkte hat, scheint sein Temperament immer wieder mit ihm durchzugehen. Mittlerweile hat er die Hälfte der Strafpunkte gesammelt, die eine Sperre nach sich ziehen würden. Weiter so, Pastor! Das wird schon noch was mit dem Sonderurlaub!
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