Platz 1, Nico Rosberg: Dieses Mal ist es soweit. Nico Rosberg belegt erstmals in der Saison 2016 die Spitzenposition im Driver-Ranking und erobert damit die Führung in der Gesamtwertung zurück. Ja, er fuhr unbedrängt zu Pole Position und Sieg, weil Lewis Hamilton mal wieder am Samstag technische Probleme hatte, aber er beeindruckte dabei trotzdem.
Fast eine halbe Sekunde Vorsprung fuhr er in Q2 auf seinen Teamkollegen heraus. Hamilton fuhr sogar mehr Versuche als nötig, um einen besseren Rhythmus zu finden. Es half nichts. Selbst von den Motorenproblemen im Rennen, die fast seinen Ausfall nach sich gezogen hätten, ließ er sich nicht beunruhigen. Rosberg ist in Topform.
Die beste seines Lebens? Ziemlich egal. Vier Siege aus vier Rennen. 43 Punkte Vorsprung. Das ist was zählt. Angesichts Rosbergs abgeklärtem Auftreten fällt die Vorstellung schwer, dass er aktuell durch irgendwas aus der Ruhe zu bringen wäre. Der gebürtige Wiesbadener hat die Trümpfe auf seiner Seite. Er muss sie nur ausspielen. Wer Hamiltons Gestik und Mimik am Samstag und Sonntag genau beobachtet hat, weiß wie es um den WM-Kampf bestellt ist.
Platz 2, Valtteri Bottas: Sotschis Rennstrecke sollte in Bottas-Autodrom umbenannt werden. Der Finne kommt in Russland jedes Mal besser zurecht als auf jedem anderen Kurs. Er nahm Teamkollege Felipe Massa 13 Sekunden ab, bis der Brasilianer einen zusätzlichen Boxenstopp machen musste. Bottas' Pace war phänomenal.
Gegen Hamilton hätte er sich härter verteidigen können. Nur hätte das etwas gebracht? Ein heiler Mercedes ist schneller als ein Williams. Bottas hätte nur riskiert, sein eigenes Rennen zu ruinieren. Gegen Räikkönen verteidigte er sich härter und kam nach verlorenem Start einem guten Manöver auf der Bremse wieder vorbei. Dass er die beiden Ferrari im Qualifying trennte, war seine größte Leistung.
Platz 3, Lewis Hamilton: Der Weltmeister ist ein Kämpfer, ein unerschütterlicher Optimist. Immer. Überall. Von Natur aus. Zumindest ist das der Eindruck, den Lewis Hamilton gerne in der Öffentlichkeit erweckt. Doch der Grand Prix von Russland hat stark an seinem gottgegebenen Selbstverstrauen gekratzt. So einen Hamilton wie in Sotschi hat noch niemand im Fahrerlager gesehen.
Kurz und leise beantwortete er die Fragen der Journalisten nach dem Qualifying - am liebsten mit einem Wort, maximal mit einem Hauptsatz. Hamiltons Gesicht wirkte leer, nachdem ihn die Technik wieder einbremste, ihm die nächste Niederlage zufügte. Falsch gemacht hat Hamilton nichts. Dass er sein Auto auf Platz 2 ins Ziel brachte, glich einer Heldentat.
Die letzten 20 Runden hatte der Motor nach Mercedes-Aussage überhaupt keinen Wasserdruck mehr. Hamilton fuhr langsamer und langsamer, damit die Kühlung ausreicht, um über die Ziellinie zu rollen. Er schaffte es und fuhr die für ihn nach Startplatz 10 maximal mögliche Punktzahl ein. Daraus könnte er eigentlich Kraft ziehen, nur scheint er das Vertrauen in sein Auto komplett verloren zu haben. Die Psyche spielt im Motorsport allerdings eine so große Rolle, dass Hamilton das Ruder niemals herumreißen wird, wenn er es verpasst, sich aus dieser Gedankenwindmühle zu befreien.
Platz 4, Kevin Magnussen: Mal ganz im Ernst: Der Renault ist noch schlechter als sein Vorgänger. Die finanziellen Probleme von Lotus im Jahr 2015 wirken sich nachteilig auf die Leistungen in dieser Saison aus. Doch Magnussen bewies in Sotschi, warum er vor seiner McLaren-Zeit als eines der hoffnungsvollsten Talente galt. Herausragend war, wie er sich gegen Daniel Ricciardo in Runde 29 revanchierte.
Der Australier nahm in Turn 2 die Innenbahn und blieb so vorn, Magnussen folgte in der folgenden langen Linkskurve entschieden im Windschatten, scherte vor Turn 4 auf die Innenbahn, ging vorbei und wehrte gleich noch Romain Grosjean ab, der an beiden gleichzeitig vorbeischlüpfen wollte. Magnussen fuhr im Rennen von Startplatz 17 bis auf Rang 7 vor. Mehr Plätze machte keiner gut. Angesichts des langsameren Autos eine sehr gute Leistung.
Platz 5, Fernando Alonso: Einen kleinen Abzug bekommt der Spanier fürs Qualifying, als Teamkollege Jenson Button erstmals in der Saison 2016 das teaminterne Duell gegen einen seiner Kollegen für sich entschied. Im Rennen drehte sich der Spieß allerdings. Alonso wich den Schikanen in der ersten Runde aus und platzierte sich so hinter Max Verstappen. Dem Niederländer folgte er anschließend, bis dessen Motor hochging.
Der sechste Platz im Ziel brachte die ersten Punkte seit dem 26. Juli 2015 in Ungarn für den zweifachen Weltmeister. Ein fader Beigeschmack bleibt trotzdem. Vier Umläufe vor dem Ende knallte Alonso eine Runde in 1:40.476 Minuten in den Asphalt. Drei Sekunden langsamer war er in den Runden zuvor, drei Sekunden langsamer war er in den Runden danach.
Alonso machte so öffentlich, was McLaren einbremst: Der Honda-Motor ist ein Spritfresser. Leistung wäre wohl genug da. Nur müssen er und Button sich dauerhaft bremsen, damit sie den vorgeschriebenen Maximalverbrauch von 100 Kilogramm Benzin pro Rennen überhaupt einhalten.