Der "Shoey" ist Daniel Ricciardos Markenzeichen auf den Formel-1-Podien dieser Welt geworden. Nach dem Kanada-GP durfte der Sunnyboy den Champagner schon zum zweiten Mal in Folge aus seinem Rennschuh schlürfen. Diesmal aber nicht als Drittplatzierter, sondern als Überraschungssieger.
Und damit nicht genug: Auch Lance Stroll bekam auf dem Podest in Baku die Gelegenheit, den Luxus-Alkohol aus Ricciardos Schuh zu kosten. Als jüngster Rookie aller Zeiten stand der 18-Jährige nämlich ebenfalls auf dem Ehrenplatz.
Eigentlich hätte Stroll sogar den Pokal des Zweiten entgegennehmen dürfen - wäre da nicht Valtteri Bottas gewesen, der seinen Nachfolger bei Williams nur wenige Meter vor der Ziellinie überholte und damit den Schlusspunkt auf ein schier unglaubliches Rennen setzte.
Zahlreiche Kollisionen, drei Safety-Car-Phasen, eine Rennunterbrechung, all das bot der Große Preis von Aserbaidschan 2017. Doch der Reihe nach...
Safety Cars, Rennunterbrechung und viel Chaos
Bottas machte sich seine Podiumschancen eigentlich schon nach zwei Kurven kaputt. Beim Verteidigungsversuch gegen Landsmann Kimi Räikkönen räuberte der Finne über den Curb und kollidierte dadurch mit dem Ferrari-Fahrer. Bottas schlich mit zerstörtem Vorderrad zurück in die Box und hatte nach seinem Stopp über eine Runde Rückstand auf die Führenden um Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und Sergio Perez.
Zu diesem Zeitpunkt sah alles nach einer Wiederholung des faden Vorjahres-GP aus: Auch damals fuhr mit Nico Rosberg ein Mercedes entspannt zum Sieg, hinter ihm kamen Vettel und Perez ins Ziel. Doch diesmal hatte der Renngott anderes vor.
Weil die engen Gassen von Baku keinen Platz bieten, kam es immer wieder zu Berührungen. Immer wieder flogen Teile durch die Gegend, landeten auf dem Asphalt und machten einen normalen Rennbetrieb unmöglich. Deswegen kam erst zwei Mal das Safety Car raus, ehe die Rennleitung Fernando Alonsos Wunsch erhörte und die Roten Flaggen schwenkte. Unterbrechung.
Zuvor rundete sich Bottas zurück, während Räikkönen seinen massiv beschädigten Ferrari in die Box manövrierte und Vettel mit seinem Rammstoß gegen Hamilton für einen Skandal sorgte. Ein Aufreger jagte den nächsten.
Daniel Ricciardo mit Husarenritt
Unbehelligt von all dem arbeiteten sich Ricciardo und Stroll nach vorne. Besonders der Australier glänzte dabei mit vielen Überholmanövern. Weil er sich bei der Bottas-Räikkönen-Kollision Karbonstücke in seiner Bremsbelüftung einfing, musste er schon früh an die Box. "Er hätte keine weitere Runde geschafft", verriet Red-Bull-Teamchef Christian Horner über das Problem: "Es war ein großes Teil Bodywork, was dort blockiert hat."
Bis auf Platz 17 fiel Ricciardo da zurück, mit einem Erfolg hatte er zu diesem Zeitpunkt nicht gerechnet. "Ich habe nur ein paar Siege, aber alle kamen unter verrückten Umständen, oder zumindest waren die Rennen alles andere als langweilig. Auf der Auslaufrunde habe ich einfach wie ein kleiner Schuljunge gekichert", sagte Ricciardo anschließend. Und Horner lobte seinen Fahrer: "Bei den Manövern war er ziemlich strikt, besonders bei dem einen Manöver, bei dem er drei Autos gleichzeitig überholt hat. Das war ein klassischer Daniel."
Als Hamilton wegen eines lockeren Kopfschutzes an die Box und Vettel seine Stopp-and-Go-Strafe abbüßen musste, lag Ricciardo dann plötzlich in Front. Hinter ihm Stroll, der erst zwei Wochen zuvor seine Premieren-WM-Punkte in Montreal holte. "Ich bin mit mir sehr zufrieden", jubelte der Milliardärssohn, der in den Rennen zuvor deklassiert worden war: "Klar gab es viel Kritik, aber darauf höre ich nicht. Das sind nur Störgeräusche von außen."
Ricciardo, Bottas, Stroll - wer vor dem Rennen auf dieses Podium gesetzt hat, darf sich nun über ein dickes Plus auf seinem Konto freuen. Und wer nicht darauf gewettet, das Rennen aber gesehen hat, der durfte zumindest miterleben, wie die Fahrer ein wahres Spektakel im Land des Feuers abfackelten.