Super-Seb siegt dank Mad-Max-Bremse

Alexander Maack
27. März 201711:38
Sebastian Vettel gewann den Saisonauftakt 2017 in Australiengetty
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Sebastian Vettel hat beim Saisonauftakt der Formel 1 in Melbourne die Vorschusslorbeeren aus den Wintertests 2017 bestätigt. Der deutsche Ferrari-Pilot gewann den Großen Preis von Australien, nachdem er Polesitter Lewis Hamilton beim Boxenstopp überholte. Es war der erste Sieg für den Deutschen und Ferrari seit dem Singapur-GP im September 2015.

Mercedes hatte bei der Taktik gepatzt und den Engländer zu früh reingeholt. Hamilton steckte rundenlang hinter dem Red Bull von Max Verstappen fest und fand keine Möglichkeit für einen Überholversuch. Vettel, der schon vor seinem einzigen Boxenstopp den Eindruck machte, verglichen mit Hamilton im schnelleren Auto zu sitzen, nutzte die Gelegenheit und übernahm die Führung.

Dritter wurde der Nachfolger von Weltmeister Nico Rosberg, Valtteri Bottas. Der Finne fuhr unbedrängt von seinem Landsmann Kimi Räikkönen (Ferrari/4.) und Max Verstappen (Red Bull/5.) in seinem ersten Mercedes-Rennen aufs Podium. Zum zehnten Mal fuhr der 27-Jährige in der Formel 1 unter die ersten Drei.

Das Ergebnis des Australien-GP

Felipe Massa brachte den Williams als Sechster vor Sergio Perez auf Force India über die Linie. Daniil Kvyat (8.) und Carlos Sainz jr. (9.) blieben in ihren Toro Rosso vor Esteban Ocon, der im Force India als Zehnter einen WM-Zähler ergatterte.

Sebastian Vettel führt durch seinen Sieg die Weltmeisterschaft mit sieben Punkten Vorsprung an. Es ist das erste Mal in der seit dem Jahr 2014 währenden Hybrid-Ära, dass kein Mercedes-Pilot an der Spitze der Fahrer-WM steht. Es war der Vettels erster Sieg beim Auftaktrennen seit seiner zweiten Weltmeistersaison bei Red Bull im Jahr 2011 und der vierte Triumph seit seinem Wechsel zu Ferrari.

Reaktionen:

Sebastian Vettel (Ferrari): "Unglaublich! Es ist verrückt im positiven Sinne: Die Leute mit Ferrari-Flaggen sind auf die Strecke gerannt und durchgedreht... Das Auto war richtig gut, es macht unglaublichen Spaß, es zu fahren."

Lewis Hamilton (Mercedes): "Glückwunsch an Sebastian und Ferrari. Wir hatten Probleme mit den Reifen und mussten früh stoppen, weil ich kaum Grip hatte. Sie haben uns hinter einem der Red Bull erwischt. Manchmal passiert sowas."

Toto Wolff (Mercedes-Motorsportdirektor): "Natürlich sind wir frustriert. Wie haben wohl gedacht, die Reifen würden schneller abbauen. Man muss sie aber im richtigen Fenster halten. Wir müssen unsere Lehren darauf ziehen."

Valtteri Bottas (Mercedes): "Wir haben wirklich hart gearbeitet, um für das erste Rennen bereit zu sein. Die roten Jungs waren einfach ein bisschen schneller."

Fernando Alonso (McLaren-Honda): "Die Aufhängung hat das beste Rennen meines Lebens zerstört. Ich hatte noch nie so ein schlechtes Auto und war innerhalb der Top 10."

Spielfilm:

Vor dem Start: Daniel Ricciardo, nach Abflug im Qualifying und Getriebewechsel vor dem Rennen für Startplatz 15 vorgesehen, schafft es nicht in die Startaufstellung. Er steckt im sechsten Gang fest. Red Bull setzt die Elektronik zurück und lässt ihn aus der Box losfahren.

Start: Abbruch! Hülkenberg stellt sich Millimeter zu weit vorn auf. Es gibt eine Extra-Aufwärmrunde. Beim nächsten Versuch klappt's: Polesitter Hamilton gewinnt das Beschleunigungsduell, Vettel blockt Bottas. Die ersten Fünf starten ohne Verschiebungen. Massa geht an Grosjean vorbei, Kvyat fällt auf Platz 10 zurück. Perez überholt den Russen entschieden. Magnussen und Ericsson knallen sich gegenseitig ins Auto, der Däne steuert den Haas mit Plattfuß an die Box.

Runde 3: Ricciardo fährt mit zwei Runden Rückstand auf die Strecke. Hamiltons Display funktioniert nicht, er verliert zudem Grip. Vettel sitzt ihm im Getriebe und wartet auf seine Chance. Bottas und Räikkönen müssen abreißen lassen, der Ferrari-Finne wird von Verstappen verfolgt.

Runde 10: Probleme bei McLaren? Klar! Vandoorne muss beim Stopp den Job der Elektronik übernehmen. Klappt nach langer Probezeit. Er darf weiter hinterherfahren. Tolles Geburtstagsgeschenk! Aber auch bei Renault läuft's nicht rund. Palmer funkt: "Problem! Problem!" und schleicht im Albert Park umher, während die Ingenieure auf Fehlersuche gehen. Das Heck geht plötzlich quer, die Rückgewinnung der Bremsenergie spielt ihm Streiche.

Runde 15: Grosjean ist raus! Der Franzose steuert den Haas qualmend in die Box. Er steigt zügig aus.

Runde 17: Hamilton stoppt und bekommt Softs. Vettel dreht sofort die Pace auf, seine Reifen sind noch in Ordnung.

Runde 22: Führungswechsel! Vettel hält Pirellis errechnete Optimalstrategie ein. Fast: Auch er bekommt Softs - und kommt vor Hamilton wieder raus, den Verstappen aufgehalten hat. Toto Wolff haut in der Mercedes-Box wütend auf seinen Tisch.

Runde 24: Ericsson im Sauber rollt in Sektor 2 aus.

Runde 25: Der Führende, Bottas, und Verstappen kommen nacheinander an die Box. Nur der Niederländer nimmt Supersofts mit. Eine Runde später folgt Räikkönen und holt Softs, damit ist Vettel in Führung.

Runde 26: Ricciardo rollt im ersten Sektor aus. "P Zero" funkt Red Bull. Heißt: Motor aus, aussteigen.

Runde 31: Vettel hat schon über sechs Sekunden Vorsprung. Bottas ist der schnellste Mann auf der Strecke und holt auf Hamilton auf, fünf Sekunden Rückstand nur noch. Räikkönen und Verstappen folgen mit je weiteren acht Sekunden. Dahinter fährt Kvyat - immer noch auf seines Ultrasofts vom Start.

Runde 41: Was ist hier los? Verstappen fährt die schnellste Rennrunde! Der Rückstand auf Räikkönen ist von über acht Sekunden auf unter drei geschrumpft. Auf den supersoften Slicks, mit weniger Sprit im Tank, bekommt der Bulle plötzlich Flügel!

Runde 42: Stroll fährt geradeaus. Bremsprobleme am Williams. Der Debütant stellt im selben Umlauf den Williams in der Box ab.

Runde 49: Magnussen stellt den Haas ab.

Runde 52: Huiuiui! Ocon fliegt auf Start-Ziel an Alonso vorbei, Hülkenberg setzt sich noch daneben. Ocon ist Zehnter, Hülkenberg Elfter. Alonso berichtet über fehlende Spurtreue seines McLaren-Honda und stellt das Auto an der Box ab.

Runde 55: Fernduell um die schnellste Rundenzeit. Erst verbessert Bottas sie auf 1:26,593 Minuten, dann folgt Räikkönen und unterbietet mit 1:26,538 Minuten.

Ziel: Vettel feiert den ersten Sieg seit Singapur 2015 mit 9,9 Sekunden Vorsprung auf Hamilton. Bottas wird Dritter vor dem abgeschlagenen Räikkönen. Verstappen folgt vor Massa und Perez. Sainz und Kvyat kommen vor Ocon ins Ziel.

Mann des Rennens: Sebastian Vettel fuhr taktisch. Nach dem Start guckte er, ob er auf der Strecke am Silberpfeil vorbeikommt. Dann hielt er Abstand, um die Reifen zu schonen. Erst als Hamilton mit seinem verfrühten Boxenstopp den Weg frei machte, drehte der Deutsche richtig auf.

Flop des Rennens: Nico Hülkenberg. Der Emmericher ging nach Ricciardos Strafversetzung als Elfter ins Rennen. Nutzen zog er keinen draus. Musste Ocon vorbeilassen und verpasste so einen Punkt bei seinem Renault-Debüt. Das lag weniger an Hülkenbergs Leistung sondern an Problemen mit der Strategie.

Das fiel auf:

  • Hamilton auf Ultrasofts mit Problemen: Der Grip ging so schnell flöten, dass er die von den Ingenieuren vorgegebenen Rundenzeiten nicht einhalten konnte. Vettel konnte problemlos folgen und hielt sich zurück. Die Konsequenz: Mercedes zog Hamiltons Stopp vor und verpasste ihm statt der optimalen, superweichen Mischung die weiche. Die hat weniger Grip.
  • Der Silberpfeil kam anschließend nicht am Red Bull vorbei. Das war zu erwarten. Mercedes hatte wohl Red Bulls Taktik falsch eingeschätzt. Verstappen blieb ein paar Runden zu lange draußen, bremste Hamilton ein und bescherte Vettel so die Führung beim Ein-Stopp-Rennen.
  • Mercedes reagierte und probierte. Erst wurde Hamilton auf die Alternativstrategie geschickt, dann wieder zurück. Sogar Bottas war schneller als sein Teamkollege, der auch im zweiten Stint keinen Grip auf dem Albert Park Circuit fand.

Die Formel 1 im Überblick