SPOX: Amsterdam, Hamburg, Madrid und jetzt London - Sie haben eine kleine Tour durch Europa hinter sich. Haben Sie sich in der neuen Heimat in England schon eingelebt?
Sylvie van der Vaart: Ja und das, obwohl alles sehr schnell ging und wir kurzfristig nach London gegangen sind. Es war sehr hektisch, wir mussten im Hotel leben. Ich finde es aber super, dass sich Rafael für Tottenham entschieden hat: die englische Liga ist toll, London ist eine schöne Stadt und Tottenham hat eine großartige Tradition. Jetzt sind wir total happy!
SPOX: Jeder Vereinswechsel Rafaels war gleichzeitig auch der Umzug in ein neues Land. Ist das für Sie eine Belastung oder die Freude auf das Neue?
Van der Vaart: Eine Belastung ist es immer, weil jeder Wechsel Stress mit sich bringt. Aber Fußball ist nun mal ein schnelllebiges Geschäft und eine Sache der Einstellung. Man kann es sich schwer machen, aber auch einfach und locker. Drei Jahre Hamburg, zwei Jahre Madrid und jetzt ist es ein neues Abenteuer in England. Das freut uns.
SPOX: Inwiefern sind Sie bei den Transfers eigentlich informiert? Bekommen Sie Updates bei den Verhandlungen? Ruft Sie Ihr Mann an und sagt: "Sylvie, es geht gerade ums Gehalt"?
Van der Vaart: Ich werde schon informiert, aber ich arbeite ja auch und bin meistens sehr beschäftigt.
SPOX: Wie war es beim Wechsel nach Tottenham?
Van der Vaart: Wir haben in dieser Zeit viele Castings zu "Das Supertalent" gedreht. Am letzten Tag der Transferperiode war ich beim Dreh und habe eigentlich gedacht, dass wir in Madrid bleiben. Zwei Stunden vor der Show habe ich Rafael sogar noch einmal angerufen und er hatte sich normal angehört und gesagt: "Schatz, ich gehe noch einmal schlafen."
SPOX: An einen Transfer haben Sie da nicht mehr gedacht...
Van der Vaart: ..bis ich mit unserem Berater telefoniert habe, der mich gefragt hat, was ich von London halte. Ich habe gesagt: "Robert, wir haben zwei Stunden, das schaffst du doch nicht, aber ich würde mich freuen auf London." Es hat dann wirklich geklappt.
SPOX: Es gab Gerüchte, dass Rafael auch mit dem Hamburger SV und Bayern München in Verbindung stand. Hätten Sie Ihr Go für eine Rückkehr nach Deutschland gegeben?
Van der Vaart: Natürlich! Für uns bleibt Hamburg und der HSV etwas ganz Besonderes. Etwas Idealeres als einen Wechsel nach Deutschland hätte es gar nicht gegeben, weil ich derzeit auch hier arbeite. Wäre Rafael auch in die Bundesliga gewechselt, wäre das logistisch klasse gewesen. Das bleibt immer eine Option.
SPOX: Beim FC Bayern hätte sich Rafael der Holland-Connection mit van Gaal, van Bommel, Robben und Braafheid anschließen können.
Van der Vaart: Ich kann schon verstehen, dass der FC Bayern denkt, er hätte schon viele fantastische Spieler (lacht). Aber ich bin überzeugt, dass Rafael eine große Verstärkung gewesen wäre.
SPOX: Können sich eigentlich bei den ständigen Transfers in ein neues Land und in ein neues Umfeld richtige Freundschaften zu anderen Spielerfrauen entwickeln?
Van der Vaart: Absolut, wobei ich merke, dass die meisten meiner Freundinnen unter den Spielerfrauen aus den Niederlanden sind. Ich bin sehr eng befreundet mit den Frauen von Joris Mathijsen und Ruud van Nistelrooy. Natürlich haben nicht alle meine Freundinnen etwas mit Fußball zu tun. In Madrid gab es keine einzige Spielerfrau, mit der ich eine Freundschaft aufbauen konnte. Trotzdem hatte ich in Madrid ein schönes soziales Umfeld und habe Menschen gefunden, die mir ans Herz gewachsen sind.
SPOX: Auch Rafael wirkte in Madrid nicht immer glücklich.
Van der Vaart: Nun, er hat nicht immer gespielt, aber wenn er auf dem Platz war, dann war er sehr gut. Und außerdem ist Real Madrid immer eine Top-Adresse.
SPOX: War Madrid also die schwierigste Station für Sie?
Van der Vaart: Natürlich hatten wir da auch sehr schöne Zeiten, wir haben Real Madrid erlebt, wir haben die Stadt mit ihrem "Way of Life" erlebt. Aber Madrid bleibt immer verbunden mit einer schwierigen Erfahrung für uns und einer schwierigen Zeit für Rafael. Trotz aller widrigen Verhältnisse wächst man als Mensch. Rafael ist gewachsen, ich bin ein anderer Mensch geworden. Ich sehe diese Erfahrung durchaus positiv.
SPOX: Sie haben den "Way of Life" in Madrid angesprochen. Ist es dort wirklich diese Glitzer- und Glamourwelt?
Van der Vaart: Es ist immer anders, als man es sich vorstellt. Die Frage ist nur, ob man diesen Glamour sucht. Wir wollten in Madrid ein ruhiges Familienleben haben. Natürlich sind wir auch mal in der Stadt ausgegangen, wenn wir Lust darauf hatten, aber dann spielten wir doch lieber mit Damian im Garten. Ich muss aber auch sagen, dass London viel glamouröser ist als Madrid.
SPOX: Wie waren die Fans in Madrid?
Van der Vaart: Rafael war in Madrid sehr beliebt, das hat man weder in Deutschland noch in den Niederlanden mitbekommen. Für Rafael gab es am Ende Standing Ovations, auch weil die Menschen wussten, wie schwer es Rafael hat. Mal war er draußen, dann wieder drin, aber er hat immer Gas gegeben. Das haben die Fans in Madrid honoriert.
SPOX: Einfach stellt man sich es dennoch nicht vor, wenn sich die Menschen kritisch zu Ihrem Liebsten äußern.
Van der Vaart: Ich bleibe da ganz cool, weil ich auch weiß, wie schnell dieses Geschäft ist. An einem Tag bist du nichts, am nächsten Tag bist du der Held.
SPOX: Wie emotional sind Sie beim Fußballschauen?
Van der Vaart: Ich kenne mich im Fußball aus und ich verstehe es auch, wenn man sich manchmal tierisch aufregt. Mich interessieren schon die großen Spiele wie die Champions-League-Spiele, aber ich muss jetzt nicht jedes Bundesliga-Spiel wie Köln gegen Hoffenheim gucken. Ich finde Fußballschauen in erster Linie schön, weil mein Mann spielt.
SPOX: Dass Sie auf Emotionen im Fußball stehen, haben wir bei der WM 2006 entdeckt, als wir Sie mitten im Fanblock der Oranje angetroffen haben. Macht es Ihnen da mehr Spaß als oben bei den VIPs?
Van der Vaart: Auf jeden Fall. Fußball erlebt man auf der Tribüne unter den Leuten ganz anders. Da bekommt man die Stimmung richtig mit, erlebt das Ganze viel intensiver. In meiner Hamburger Zeit war ich immer auf der Tribüne. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie die Fans "Hamburg, meine Perle" gesungen haben.
SPOX: Zum Fußball gehören nicht nur Emotionen, sondern auch Wetten. Ihr Mann ließ sich nach einer Wette bei der WM 2010 einen Bart wachsen. Wie fanden Sie ihn?
Van der Vaart: Ich habe ihm sofort gesagt, dass er ihn abrasieren muss. Er hat erst darauf gehofft, dass er mir nicht auffällt und hat beim ersten Wiedersehen auf meine Blicke geachtet. Es war aber lustig, dass ich für Gillette beim Shooting war und ihm ein Set mitbringen konnte. Da war ein Rasierer und Rasierschaum drin. Ich habe ihm den geschenkt und gesagt: 'Hier, ab ins Badezimmer!' (lacht). Als er dann frisch rasiert vor mir stand, war ich glücklich.
SPOX: Der arme Rafael...
Van der Vaart: (lacht) Ja, es war ein Empfangsgeschenk nach der WM, aber auch ein Geschenk für mich.
SPOX: Wie sehr mussten Sie ihn nach dem verlorenen WM-Finale aufbauen?
Van der Vaart: Ich kann mich noch an den Flug von Johannesburg nach Amsterdam erinnern. Was für eine Trauerstimmung! Die Atmosphäre im Flugzeug war unglaublich. Als wir zurück in den Niederlanden waren und die Menschen trotz des verlorenen Finals die Mannschaft gefeiert haben, war das Lächeln zurück. Auf der Party danach haben dann alle ohne Ende gefeiert und sich ordentlich betrunken. Man konnte doch stolz sein mit dem Erreichten.
SPOX: Die nächste WM steht bald an: Diesmal spielen die Frauen 2011 in Deutschland um Gold. Schauen Sie sich Fußballspiele der Frauen an?
Van der Vaart: Ganz ehrlich: Nein. In Holland ist das Thema Frauenfußball nicht ganz so groß. Ich finde es sehr schade, dass das noch nicht ernst genommen wird und Fußball als Männersport gesehen wird. Ich finde es toll, dass die Deutschen beim Frauenfußball so weit vorne sind. Ich bin sehr überrascht von der Power und Technik, die sie haben.