Dem internationalen Profi-Fußball steht anscheinend eine weitere Revolution auf dem Transfermarkt bevor. Aus Unzufriedenheit über die Situation im Bereich der Spielervermittlung erwägt der Weltverband FIFA, schon in Kürze die Lizenzpflicht für Vermittler abzuschaffen.
Jedermann könnte küfnftig Spieler transferieren
Ob Taxifahrer, Ehefrau oder Zahnarzt - in Zukunft könnte somit jedermann Spieler von einem Klub zum anderen transferieren. Bislang ist das nach FIFA-Statuten nur lizenzierten Spielervermittlern oder Rechtsanwälten erlaubt.
"Die Sinnhaftigkeit der Spielervermittler-Lizenz erschließt sich mir schon seit Jahren nicht. Nach Expertenschätzung werden jetzt schon 70 Prozent der Transfers in Deutschland unter Mitwirkung von nichtlizenzierten Spielerberatern durchgeführt. Trotzdem hat nach hiesigen Informationen der DFB-Kontrollausschuss noch kein Verfahren mit einer Sanktion gegen einen illegalen Spielervermittler zum Abschluss gebracht", sagte Rechtsanwalt Michael Becker, Lehrbeauftragter für Sportrecht- und Management an der Universität Ergolding.
Der Berater von DFB-Kapitän Michael Ballack kritisiert seit Jahren die Lizenzvergabe der FIFA über die Nationalverbände wie den Deutschen Fußball-Bund (DFB), da die vom Weltverband aufgestellten Regeln national nicht umgesetzt würden.
So werden anscheinend auch mehrere hochrangige Nationalspieler von Beratern betreut, die keine Lizenz haben. Deshalb habe "die Bratwurst-Lizenz der FIFA nicht mehr wert als ein Freischwimmerzeugnis", wie Becker dem Nachrichtenmagazin Spiegel schon 1999 berichtete. Daran hat sich nach Angaben des Anwalts zumindest in Deutschland nichts geändert.
"Wenn unlizenzierte Spielervermittler aktiv tätig sind, schaut man weg"
"Warum der DFB-Kontrollausschuss die Einhaltung seiner eigenen Regeln nicht durchsetzt, ist mir auch nach vielen Jahren beruflicher Tätigkeit in diesem Bereich unerklärlich. Wenn ein Spieler im Mannschaftsbus in der Nase bohrt, ermittelt der Kontrollausschuss wegen unsportlichen Verhaltens. Wenn unlizenzierte Spielervermittler aktiv tätig sind, schaut man weg", sagte Becker.
Weitaus rigoroser setzt beispielsweise der englische Verband FA die Vorgaben um. Als Chelsea vor einigen Jahren auf illegalem Weg Ashley Cole von Arsenal zu den Blues transferieren wollte, wurde der ehemalige Ballack-Klub mit einer Strafe von 600.000 Euro sanktioniert.
Zudem erklärte Professor Hans-Wolfgang Arndt, Präsident der Universität Mannheim, auf SID-Anfrage, dass es ohnehin fragwürdig sei, dass die FIFA Regeln für die Spielervermittler aufstelle. "Rechtlich problematisch ist hier vor allem, ob die FIFA als Verein schweizerischen Rechts befugt ist, im EU-Wirtschaftsraum Regeln zu erlassen, die die Berufsauswahl und die Berufsausübung von Bürgern von EU-Mitgliedstaaten regeln. Hier könnte ein Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit bzw. Dienstleistungsfreiheit nahe liegen", sagte Arndt.
Antworten für Spielervermittler gekauft
Dazu passt, dass am Montag auch die Spielervermittler-Prüfung der FIFA in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangt ist. Das Fachmagazin "kicker" berichtete, dass es einem seiner Redakteure gelungen sei, gegen Zahlung von 2000 Euro an einen Mittelsmann aus der Spielerberaterszene die Lösung auf einen Großteil der Testfragen für die Prüfung vorab zu erhalten.
Der Kreis möglicher undichter Stellen ist groß, weil die FIFA die Lösung auf ihre Fragen bereits vor der Prüfung an die Nationalverbände übermittelt. Der Test wird weltweit in 70 Ländern zeitgleich abgehalten.
"Grundsätzlich tritt der DFB in Abstimmung mit der Liga dafür ein, nur Vermittler mit einer Lizenz anzuerkennen. Die Lizenzierung dient dabei vor allem den Spielern. Sie werden dadurch von jemanden vertreten, der versichert ist, ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt und eine Grundqualifizierung nachgewiesen hat", sagte Helmut Sandrock, DFB-Direktor Spielbetrieb.
Arbeitsgruppe für die Reform
Allerdings sind dem Verband bei der Sanktionierung von illegalen Spielervermittlern die Hände gebunden. Strafen gegen die Berater sind nur schwer möglich, nur Vereine oder Spieler könnten verurteilt werden.
Die FIFA bestätigte am Montag, dass derzeit eine Arbeitsgruppe an einer weitreichendem Reform arbeite, da maximal 25 bis 30 Prozent aller Transfers weltweit von lizenzierten Vermittlern abgewickelt werden. Bis Mitte 2011 soll eine Lösung gefunden sein. Alles deutet daraufhin, dass in Zukunft auch nichtlizenzierte Berater an den Verhandlungstisch dürfen, diese sich aber bestimmten Regularien unterwerfen müssen.
"Playstation-Fußball": Platini lehnt Torlinien-Technik ab
UEFA-Präsident Michel Platini lehnt den Einsatz von Torlinien-Technologie im Fußball strikt ab. "Dann hätten wir Playstation-Football", sagte der Chef der Europäischen Fußball-Union nach einem Besuch des Glasgower Derbys Celtic gegen Rangers (1:3) am Sonntag.
Der Franzose sprach sich erneut für den Einsatz von Torrichtern aus, wie ihn die UEFA derzeit testet. "Ein Schiedsrichter ist nicht genug. Nicht in dieser Zeit mit 20 Kameras. Das ist unfair, denn die Kameras sehen alles, und der Schiedsrichter hat nur zwei Augen", sagte Platini.
Das für Regelfragen zuständige International Football Association Board (IFAB) hatte sich in der Vorwoche bei seiner Jahrestagung in Cardiff darauf geeinigt, den Einsatz von technischen Hilfsmitteln weiter zu prüfen.