Joseph S. Blatter setzt den DFB unter Druck und fordert mit Blick auf die WM 2014 die Einführung der Profi-Schiedsrichter, stößt damit aber auf massiven Widerstand. "Der Profi-Schiedsrichter ist nicht das Allheilmittel. Es geht viel mehr darum, optimale Rahmenbedingungen für die Schiedsrichter zu schaffen. Und dabei ist es wichtig, dass die Schiedsrichter ihr zweites Standbein aufrechterhalten", sagte Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel am Dienstag.
Nach Fandels Meinung sei der Druck für die Referees "viel größer", wenn sie keinen Beruf hätten. "Schließlich wäre ihre Existenz bedroht, wenn sie sich verletzen oder sportlich aus dem Bereich der Profi-Referees ausscheiden müssen. Zudem hat man auch beispielsweise im Finale der WM 2010 in Südafrika gesehen, dass ein Profi-Schiedsrichter nicht gleichbedeutend mit einer perfekten Spielleitung ist", sagte Fandel. Der Engländer Howard Webb war nach dem WM-Finale zwischen Spanien und den Niederlanden (1:0 n.V.) harsch kritisiert worden.
Zwanziger vor Gespräch mit Blatter
Auch DFB-Präsident Theo Zwanziger äußerte sich kritisch zu den Idee von Blatter. "Ich habe gehört, dass der FIFA-Präsident in den nächsten Tagen mit mir sprechen will, um zu erreichen, dass die Deutschen den Profischiedsrichter einführen. Eine ganz aktuelle Diskussion. Da gehen die Meinungen sehr auseinander. Es geht nicht um die Frage, ob jemand Profi oder Amateur ist. Es geht um die Frage, ob er gut ist. Und da kann man schon unterschiedlicher Auffassung sein", sagte FIFA-Exko-Mitglied Zwanziger in der Sendung "Heimspiel" des "Hessischen Rundfunks".
Blatter hatte zuvor mit Blick auf die jüngsten Affären im deutschen Schiedsrichterwesen gefordert, dass auch in Deutschland endlich der Profi-Referee zum Einsatz kommen müsse. Sollte der DFB dieser Maßgabe nicht schnellstens nachkommen, wird Deutschland laut Blatter bei der WM 2014 in Brasilien keinen Referee stellen. Bei der WM in Südafrika war Wolfgang Stark für den DFB im Einsatz.
WM 2014: "Nur noch Schiedsrichter, die Profis sind"
"Wir werden von der FIFA aus für die WM 2014 nur noch Schiedsrichter nehmen, die Profis sind. Es kann nicht sein, dass Schiedsrichter einen Tag nach dem Spiel wieder an ihren Schreibtisch müssen. Sie brauchen Sicherheit, feste Profi-Verträge. Außerdem werden sie so von den Fans und Spielern auch mehr respektiert", sagte der 75-Jährige im "Bild"-Interview.
Fälle wie der Selbstmordversuch von Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati könnten laut Blatter überhaupt erst entstehen, weil die Referees in Deutschland weiterhin Amateure sind. "Ja, die Schiedsrichter haben einen viel zu hohen Druck. Warum? Weil es noch Verbände gibt, wie auch in Deutschland, wo die Schiedsrichter keine Profis sind. Wenn du zwei, drei Fehler machst, wirst du nicht mehr aufgestellt. Du wirst pro Spiel bezahlt. Da geht es auch um Existenzängste. Das ist ein Problem, das man in Deutschland anpacken muss. Die Italiener, Franzosen, Engländer - sie alle machen es richtig", sagte Blatter.Blatter für Einführung der Torkamera
Überraschend sprach sich der Schweizer auch für die Einführung technischer Hilfsmittel aus. "Mindestens eines dieser Hilfsmittel muss man jetzt zulassen - und das ist die Torkamera. Es gibt inzwischen Systeme, die Genauigkeit, Schnelligkeit und das Unkomplizierte vereinen. Wir sind so weit, um diese Technik zu nutzen.
Das IFAB (International Football Association Board, d. Red.) wird im März 2012 in London über das Hilfsmittel abstimmen. Wenn die finale Entscheidung getroffen wird, kann es ab der Saison 2012/13 eingesetzt werden", sagte Blatter.