"Wir können uns nicht alles gefallen lassen", sagte Präsident Stefan Orth und meinte damit gleichermaßen Angriffe durch rivalisierende Anhänger des VfB Lübeck, das Vorgehen der Polizei und Berichte, die bei etwa 1000 anwesenden St. Pauli-Fans die Hauptverantwortung für die Gewaltexzesse sahen.
Bei dem regionalen Turnier in der Alsterdorfer Sporthalle waren nach Polizeiangaben 90 Menschen verletzt worden, als sich Fan-Gruppen von FC St. Pauli und VfB Lübeck sowie drei Hundertschaften der Polizei massive Auseinandersetzungen lieferten.
Auch Kinder wurden verletzt
Vierzehn Beamte wurden verletzt, die meisten Blessuren entstanden offenbar durch den Einsatz von Schlagstock und Reizgas.
In Medien und Internetforen gibt es zahlreiche Erlebnisberichte, nach denen auch Kinder in Mitleidenschaft gezogen wurden und bei dem traditionell als Familien-Event ausgerichteten Turnier unter Schock die Flucht suchten.
Das Turnier wurde abgebrochen und am Samstag nicht fortgesetzt.
Angriff ging offenbar von rechtsradikalen Lübeck-Fans aus
Was genau sich in der Sporthalle zutrug, wird von Polizei, Staatsanwaltschaft und Veranstalter weiter untersucht. Am Montag trugen St. Paulis Präsident Orth und Sicherheitschef Sven Brux eine eigene Version vor, die auf eigenem Augenschein und vielen Zeugenaussagen beruhen soll.
Danach sei die Gewalt eindeutig von etwa 120 rechtsradikalen Lübeck-Fans ausgegangen, die ungehindert zwei Angriffe auf St. Pauli-Anhänger ausgeführt hätten. In Folge dessen sei die Polizei ausschließlich gegen Hamburger Fans vorgegangen und habe die Lübecker gewähren lassen.
"Das Vorgehen der Polizei war einseitig und überzogen", sagte Brux, der bei Heimspielen des Zweitligisten für Organisation und Sicherheit zuständig ist.
Unterschiedliche Versionen des Tathergangs
Im weiteren Verlauf, räumten Orth und Brux ein, habe es auch Gewaltexzesse von St-Pauli-Seite gegen Polizeibeamte gegeben, die sie scharf verurteilten. Die von St. Pauli ermittelte Chronologie der Ereignisse unterscheidet sich aber in einigen Punkten wesentlich von der Darstellung der Polizei und anderer Zeugen.
So sei ein Eindringen in den VIP-Raum der Halle eine Fluchtbewegung gewesen, bei der auch Verletzte geborgen wurden. In anderen Berichten ist von einer mutwilligen Verwüstung des Raums die Rede. Brux bekräftigte den Vorwurf eines einseitigen Vorgehens der Polizei.
Er sei zu Lübecker Anhängern gegangen, "die waren bester Laune und hatten keine roten Augen vom Reizgas". Offenbar diskutieren Hamburger Fans eine Sammelklage gegen die Einsatzleitung der Polizei.
Internet-Verabredung zum Krawall?
Die größte Diskrepanz liegt in der Zahl gewaltbereiter Fans des FC St. Pauli: Die Polizei spricht von 230, Sven Brux nannte auf Nachfrage die Zahl von 30 bis 40 gewaltsuchenden im Fanspektrum insgesamt.
Hier gibt es offensichtlich verschiedene Interpretationen: "Wenn es darum geht, von Nazis angegriffen zu werden und sich zu wehren, dann haben wir sicher 230 Gewaltbereite", sagte Brux. Der Kiezklub werde landesweit für die Haltung seiner Fans gerühmt, hier habe man die Umsetzung gesehen: "Wenn einer Nazi-Sprüche macht, wird ihm das auch körperlich nicht guttun."
Die Veranstalter des Turniers haben Regress-Ansprüche gegen ermittelte Straftäter angekündigt und sprachen von "organisierter Kriminalität". Von einer Verabredung zur Gewalt über das Internet haben die Vertreter des FC St. Pauli keine Kenntnis. Das Fazit in der Stellungnahme des Klubs lautet: "Der FC St. Pauli ist der Ansicht, dass der Beginn der Auseinandersetzungen auch durch handwerkliche Fehler in Planung und Durchführung seitens des Veranstalters und der Polizei ermöglicht wurde.
So hat man die verhältnismäßig kleine Lübecker Gruppe viel zu lange ungestört agieren lassen und diese sogar im Nachhinein unbehelligt wieder zum Hauptbahnhof gebracht. Hierfür fehlt uns jedes Verständnis."
Der FC St. Pauli im Steckbrief