Der massiv unter Druck stehende FIFA-Präsident Joseph Blatter hat in einem Offenen Brief seine Aussagen zur Vergabe der WM 2006 nach Deutschland relativiert. Er halte alle Vergabeentscheidungen für Fußball-Weltmeisterschaften in der Vergangenheit für rechtmäßig. "Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, sondern nur an Fakten", schrieb der Präsident des Weltfußballverbandes in einem von der "Bild"-Zeitung (Dienstagausgabe) veröffentlichten Offenen Brief.
"Solange keine konkreten Beweise vorliegen, dass bei irgendeiner WM-Vergabe etwas schief gelaufen ist, muss und soll man an der Rechtmäßigkeit der Wahl festhalten. Dies gilt für Deutschland ebenso wie für alle anderen Länder. Das ist die Kernaussage meiner Botschaft."
Er habe in seinem Interview mit dem Schweizer "SonntagsBlick" im Hinblick auf die Korruptionsvorwürfe bei der WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 nur darauf hinweisen wollen, "dass selbst bei der WM-Vergabe an Deutschland 2006 solche Vorwürfe erhoben worden waren", fügte Blatter hinzu. Er wolle damit sagen, "dass man immer einen Vorwand finden kann, um die Rechtmäßigkeit eines Entscheides zu bezweifeln."
Blatter hatte in dem Interview auf die Frage, ob die WM 2006 gekauft gewesen sei, geantwortet: "'Nein, ich vermute nicht. Ich stelle fest." Damit habe er allerdings lediglich darauf hinweisen wollen, dass jemand den Raum während der Abstimmung verlassen habe, die Deutschland dann mit einer Stimme Unterschied gewonnen habe.
Zugleich lobte der FIFA-Präsident noch einmal die Austragung der WM 2006 als "perfekte" Veranstaltung. "Ein Sommermärchen sondergleichen, worauf das Land stolz sein kann", schrieb Blatter.
"FIFA muss aufklären"
DOSB-Chef Thomas Bach fordert in der FIFA-Affäre um Schmiergeldzahlungen eine lückenlose Aufklärung. "Es sollte aus meiner Sicht alles aufgeklärt werden. Denn die Einstellungsverfügung macht lediglich zwei Personen und eine Summe von angeblich 14 Millionen Schweizer Franken öffentlich, während insgesamt wohl 140 Millionen über mehrere Jahre in Rede stehen", sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) am Montag der Onlineausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Offengelegt ist bislang nur, dass der frühere FIFA-Präsident Joao Havelange und Ricardo Teixeira Schmiergelder von der 2001 pleitegegangenen Sportrechte-Firma ISL/ISMM erhalten hatten. Havelange hatte laut der jüngst veröffentlichten Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug Schmiergelder in Höhe von mindestens rund 1,2 Millionen Euro angenommen, sein brasilianischer Landsmann Teixeira Zahlungen in Höhe von circa 10,5 Millionen Euro kassiert.
Bach vertraut darauf, dass der Weltfußballverband FIFA gewillt ist, den Vorfall komplett aufzuarbeiten: "Die FIFA hat bereits Aufklärung und Reformen eingeleitet und wird offensichtlich in der bevorstehenden Exekutivsitzung weitere wichtige Beschlüsse fassen. Angesichts dieser Maßnahmen und der handelnden Personen habe ich volles Vertrauen darin, dass die FIFA eine umfassende Aufklärung anstrebt."