Deutsches Fußballmuseum: Auch die Spieler spenden Erinnerungsstücke
Wie kommt man an derartige Ausstellungsstücke? An Loddars Telefonrechnung von 1990 über stolze 500 Mark, die Zimmerkollege Brehme nicht mit ihm teilen wollte. Oder an Christoph Metzelders WM-Tagebuch von 2006. Der habe sich damals an Bundestrainer Klinsmann gewandt, erzählt Ann Kathrin: "Pass auf, ich habe so einen Riesendruck und weiß nicht, wie ich damit klarkommen soll." Klinsmanns Rat: "Versuch es mit Tagebuch schreiben."
Das meiste läuft über den DFB-eigenen Archivar, das Museum kann Interesse anmelden. Exponate wie der Ball eines Eröffnungsspiels oder das Trikot des ersten Torschützen werden vorher abgesprochen.
Anderes läuft über den direkten Kontakt. Einfach mal Poldi anrufen wegen der Plakette seines Abschiedsspiels: "Jo, kein Problem." Hummels verschenkte seine Siegermedaille 2014 ("Dann weiß ich, wo sie ist"), Kroos gab im Gegenzug sein Lorbeerblatt. Und natürlich meldet sich auch mal der eine oder andere Privatmann, weil Opas Seemannskiste auf dem Dachboden einen echten Kracher beherbergte. "Ungefähr zehn Mails pro Tag", sagt Ann Kathrin, aber nur ein Prozent davon werde überhaupt gesichtet.
Ein kontroverses Kultobjekt findet sich ebenfalls in Dortmund - und zwar in einer Urne: Krake Paul, jenes fehlerlose Orakel der WM 2010, wurde nach seinem Tod eingeäschert und ging an eine Privatperson. Die stellte die Urne dem Museum zur Verfügung, was einen Aufschrei der Tierschützer zur Folge hatte. Wollten sie, dass man Paul ganz normal begräbt, frage ich Ann Kathrin ein bisschen ungläubig. "Wahrscheinlich ..."
Nationalmannschaft und Vereinsfußball: Zwei Halbzeiten im Museum
Wenn die Bundesliga hier im Vergleich zur Nationalmannschaft zu kurz kommen sollte: Im Museum tut sie es nicht. Stadionkultur, Kutten, Bosman-Urteil, kultige Clips mit Maskottchen, Siegestänzen und Wutreden, die man sich auf einem drehenden 360-Grad-Podest anschauen kann. Der Bolzplatz. Fußball als Religion. Die Schiedsrichter. Eine Elf jedes Jahrzehnts.
Pokale natürlich auch, von der ersten Bundesliga-Trophäe Viktoria über die Meisterschale bis hin zu einem Champions-League-Pokal in Originalgröße: "Darauf sind wir besonders stolz. Den haben normalerweise nur Sieger, aber die UEFA hat für uns eine Ausnahme gemacht."
Die "Schatzkammer" des Fußballmuseums: Vier WM-Pokale im Original
Aber selbst dieses Edelmetall verblasst hinter der "Schatzkammer". Nach dem Halbzeitvideo steigt man eine Treppe hinab und steht im Halbdunkel, zusammen mit vier Weltmeister- und drei Europameistertrophäen. Alles Originale, lediglich der Jules Rimet ist eine Kopie, weil das Original von Brasilien 1988 verschlampt wurde. Materieller Wert: insgesamt 320.000 Euro. Ideeller Wert: unbezahlbar. Wer da nicht zum Kind wird, hat den Fußball nicht geliebt.
Dann geht es zurück auf die Treppe, die perfekte Plattform für ein paar Schnappschüsse. Natürlich ohne andere Besucher drauf, also muss ich warten, genau wie der Mann neben mir, der irgendwann seine Frau da unten zur Seite schickt. Wir grinsen uns an.
Nicht immer sind alle Pokale vor Ort. DFB, UEFA, FIFA und die Premiumpartner dürfen unter bestimmten Voraussetzungen ausleihen, beim Rest der Ausstellung wird fast jede Woche ein bisschen rotiert. Es tut sich also immer etwas.
Deutsches Fußballmuseum: Sogar Horst Eckel kommt in Dortmund vorbei
Manchmal sieht man sogar nicht nur Stutzen und Stollenschuhe, sondern auch ihre früheren Träger, erzählt Ann Kathrin. Horst Eckel war bei der Eröffnung als Stargast dabei und kommt ein paarmal im Jahr mit seiner Familie zu Besuch. Häufig gibt es Legendenführungen mit Spielern aus dem Ruhrgebiet, zum Beispiel Lars Ricken, Klaus Fischer oder Olaf Thon. Stefan Kießling hat den Geburtstag seines Sohnes im Museum gefeiert - auch das ist möglich -, auch Christoph Metzelder oder Jens Lehmann sieht man hin und wieder.
Man will Freunden oder Verwandten ja auch mal zeigen, was aus dem privaten Fundus hier ausgestellt wird. Die "Ehrfurcht" sei bei anderen Zuschauern dann schon da, "aber man geht hier relativ unbehelligt durch." Vielleicht ein paar Autogramme, mehr nicht.
WM-Kader 2018: Bekanntgabe auf dem Bolzplatz
Die Nachspielzeit bildet ein Kleinfeld, auf dem sich die Besucher in bester Bolzplatzmanier organisieren und ein bisschen kicken dürfen. Alternativ hält der Platz als Aufenthaltsraum für Kinder her, denen der Besuch etwas zu lang geworden ist. Aber auch Erwachsene treten gegen den Ball, und es geht richtig zur Sache, von Knochenbrüchen bis zu Kreuzbandrissen war schon alles dabei. Glücklicherweise sind ausgebildete Ersthelfer vor Ort.
Dieses Kleinfeld wird am 15. Mai abgebaut und zur Pressekonferenz umfunktioniert. Dann gibt Jogi Löw seinen vorläufigen WM-Kader im Fußballmuseum bekannt. Überragen wird ihn ein paar Meter weiter der WM-Bus von 2014, der ebenfalls einen Ehrenplatz innehat. Mit dem aber niemand rechnete: "2014 war der Bau fast abgeschlossen, dann musste wegen dem Titel noch einmal umstrukturiert werden. Es wurden extra Schwenktüren eingebaut, um den Bus ins Gebäude zu bekommen." Jetzt darf jeder Mal auf dem Fensterplatz von Miro Klose oder Per Mertesacker sitzen.
Eine freie Fläche für 2018 ist mir nicht aufgefallen, als ich schließlich wieder ins Freie trete. Aber das eine oder andere lauschige Plätzchen würde man schon finden für den fünften Stern, und wenn dafür der Dachboden ausgebaut oder weitere Schwenktüren eingesetzt werden müssen.
Mal ehrlich: Es gäbe Schlimmeres.