Die Fußball-Kolumne - Watzke und Peters: In den Farben getrennt, in der Sache vereint

Martin Volkmar
22. Oktober 202115:30
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Peter Peters macht den Weg an der DFL-Spitze für Hans-Joachim Watzke frei. Der kann ihm wiederum bei seiner Kandidatur zum DFB-Präsidenten helfen. Für eine Mehrheit braucht Peters allerdings die Stimmen aus dem Amateurbereich - und scheint auf einem guten Weg zu sein. Die Fußball-Kolumne.

Von Peter Peters' Haus in Dortmund ist es mit dem Auto nur ein Katzensprung zur Geschäftsstelle des BVB am Rheinlanddamm. Trotz der traditionellen Abneigung zwischen Schalkern und Dortmundern könnte es daher sein, dass eine Fahrgemeinschaft bald wieder auflebt.

Denn lange Jahre sind der frühere S04-Vorstand Peters und Borussen-Präsident Reinhard Rauball gemeinsam zu den zahlreichen Sitzungen von DFL und DFB nach Frankfurt gefahren. Peters erhielt daher von Spöttern den Beinamen "Rauballs Chauffeur".

Trotz der "Verbrüderung mit dem Feind" haben die stundenlangen gemeinsamen Autotouren Peters nicht geschadet, eher im Gegenteil. Denn im Schatten des allseits beliebten und geachteten Rauball kletterte er Jahr um Jahr beinahe unbemerkt in der Hierarchie des deutschen Fußballs nach oben.

Als der damals 72-Jährige vor rund zwei Jahren seine Ämter als DFL-Präsident und 1. DFB-Vizepräsident für den Profifußball abgab, folgte ihm Peters wie selbstverständlich in beiden Ämtern nach. Allerdings verlor der 59-Jährige im Sommer 2020 seinen Job als Finanzvorstand der zu dem Zeitpunkt mit 240 Millionen Euro Verbindlichkeiten dastehenden Schalker. Und sein geplantes Comeback im Aufsichtsrat der Königsblauen verhinderte dieses Jahr der Wahlausschuss, der ihn gar nicht erst zur Abstimmung zuließ.

Hans-Joachim Watzke will ein Engagement bei der DFL nicht grundsätzlich ausschließen.getty

DFL-Spitze: Weg frei für BVB-Boss Watzke

Somit erfüllt Peters nicht mehr die vorübergehend ausgesetzte und künftig wieder gültige Regelung, dass nur ein Funktionär mit Mandat und Rückendeckung eines der 36 Erst- und Zweitligisten diese im DFL-Präsidium vertreten kann. Also wird er nun schon vor dem regulären Ablauf seiner Amtszeit im nächsten August den Weg freimachen für einen neuen starken Mann an der DFL-Spitze: Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

"Jetzt geht es für mich im Wesentlichen darum, bei der DFL einen geordneten Übergang hinzubekommen", erklärte Peters der FAZ: "Ich halte Aki Watzke in diesen schwierigen Zeiten aufgrund seiner Erfahrung und Durchsetzungsfähigkeit für den absolut geeigneten Kandidaten als DFL-Aufsichtsratsvorsitzenden."

Watzke verweigerte bis jetzt jeglichen Kommentar zum Vorschlag, doch seine Wahl auf der nächsten Versammlung der 36 Vereine am 14. Dezember zur neuen Nummer 1 im deutschen Profi-Fußball - neben der künftigen DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen - gilt als sicher. "Der wird es, wenn er will", sagt ein Insider. Und dass er will, daran gibt es in der Szene keine echten Zweifel. Offiziell wird alles wohl endgültig nach den getrennten Sitzungen von Bundesliga und 2. Liga am Donnerstag kommender Woche

Watzke als DFL-Boss: "Würde mich nicht grundsätzlich verweigern"

Watzke selbst hatte im September in der Welt seine grundsätzliche Bereitschaft eingeräumt, falls die Stelle neu zu besetzen sei, "denn natürlich habe ich ein gewisses Verantwortungsbewusstsein dem deutschen Fußball gegenüber und würde mich - wenn es große Einmütigkeit gäbe und die Rahmenbedingungen stimmten - deshalb auch nicht grundsätzlich verweigern".

Die Liga hätte somit in wirtschaftlich und sportlich sehr herausfordernden Zeiten den vermutlich erfahrensten und wichtigsten Funktionär an ihrer Spitze - und die Frage steht im Raum, welche Gegenleistung Peters dafür erwartet oder sich zumindest erhofft, dass er den Weg zur Neuordnung frühzeitig frei macht. Denn der begnadete Strippenzieher hat offensichtlich nicht vor, sich in den vorzeitigen Ruhestand zu verabschieden.

Peter Peters könnte DFB-Präsident werden.getty

Peters: DFB-Rolle wegen Job im FIFA-Council weiterhin wichtig

Da Peters aber auch seinen ans DFL-Amt gebundenen Posten als 1. DFB-Vizepräsident Profis an Watzke abgeben muss, benötigt er eine andere prominente Rolle im Verband. Andernfalls dürfte er seinen mit 215.000 Euro dotierten Job im FIFA-Council, in das er erst im Januar als DFB-Vertreter gewählt wurde, nicht lange behalten.

Daher hat Peters Anfang der Woche endlich bestätigt, was schon lange erwartet worden war. "Ich kandidiere als DFB-Präsident, wenn ich dafür die Unterstützung der Liga erhalten und ich von einem Landesverband von den Amateuren vorgeschlagen werde", sagte Peters der FAZ.

Der erste Schritt zur offiziellen Nachfolge des zurückgetretenen Fritz Keller - aktuell leitet Peters den DFB als Interims-Präsident gemeinsam mit dem nominellen 1. Vizepräsident Amateure, Rainer Koch - dürfte der einfachere sein. Es ist auch mangels Alternativen davon auszugehen, dass die Profiklubs den Ex-Schalker nominieren.

Peters: Vorbehalte bei vielen Zweitligisten

Doch unumstritten ist Peters keineswegs, vor allem bei vielen Zweitligisten gibt es teils erheblich Vorbehalte. Watzke dürfte also eine maßgebliche Rolle dabei spielen, seinen möglichen künftigen Vorgesetzten im DFB-Präsidium als Kandidaten durchzusetzen.

Allerdings wird die Unterstützung der Liga für Peters nicht zum Wahlsieg beim DFB-Bundestag am 11. März reichen, denn die Profiklubs verfügen dort nur über eine Sperrminorität von etwa einem Drittel. Inklusive der Profivertreter im Präsidium und Vorstand des DFB waren das beim letzten Bundestag 91 von 262 Stimmen.

Entsprechend erstaunt bis verärgert ist man im Lager der Amateure über Peters' unerwarteten Vorstoß, zumal er noch wenige Tage zuvor seinen Rückzug erklärt hatte. Es war eine Reaktion auf den einstimmigen Beschluss der 21 Landesverbände vor gut zwei Wochen, "dass der künftige DFB-Präsident aus dem Amateurbereich kommen" solle.

Amateure: Peters steht nicht für einen Neuanfang

Peters hingegen sitzt bereits seit 2007 als Vertreter der Profis im DFB-Präsidium und ist neben dem scheidenden DFL-Boss Christian Seifert damit das dienstälteste Mitglied des Gremiums. Schleswig-Holsteins Verbandspräsident Uwe Döring, einer der Sprecher der Amateurvertreter, sagte daher der Frankfurter Rundschau, der umstrittene Multifunktionär sei "keiner, der für einen Neuanfang steht".

Stattdessen gilt Bernd Neuendorf, Präsident des Mittelrheins, als klarer Favorit der Landesverbände. Der 60-Jährige wird als "sehr integer und sehr kompetent" beschrieben, ist aber erst seit zwei Jahren im Amt. Vorher war der gelernte Journalist bis 2017 Staatssekretär im NRW-Familienministerium und davor Landesgeschäftsführer und Pressesprecher der SPD.

Kandidat Bernd Neuendorf könnte zwischen die Fronten geraten

Neuendorf, der sich selbst bislang nicht zu seinen Ambitionen geäußert hat, ist es allerdings laut Frankfurter Rundschau "äußerst unangenehm, dass seine Person ohne sein aktives Zutun so früh gehandelt wird und er nun offenbar zwischen alle Fronten gerät". Zumal auch erste kritische Stimmen zu vernehmen sind. So sehen ihn manche anscheinend als eine Art Strohmann für den anderen Strippenzieher im Hintergrund, Amateur-Vize Rainer Koch.

"Neuendorf, heißt es, hätte nichts einzuwenden gegen ein diskretes Weiterwirken Kochs auf der Chefetage. Jedenfalls so lange, wie ihn die Amateurvertreter stützen, meist alte Kameraden ohne großen Durchblick", meinte dazu die Süddeutsche Zeitung.

Mit Sicherheit ist jedenfalls davon auszugehen, dass Koch alles versuchen wird, einen eigenen Mann aus dem Amateurlager im Kampf gegen die Profis durchzusetzen und den in herzlicher Abneigung verbundenen Peters als Präsidenten zu verhindern. Ein ganz wichtiger Knackpunkt dabei: Die Amateure wollen im Rahmen des Grundlagenvertrags zwischen DFB und DFL mehr Geld als die gedeckelten sechs Millionen Euro von den Profis. Dennoch gibt sich der Herausforderer Peters zuversichtlich.

"Nach zahlreichen Gesprächen spüre ich das entsprechende Vertrauen, auch in den Reihen der Landesverbände", sagte Peters dem kicker. Die offizielle Rückendeckung durch einen Landesverband würde ihm ja genügen und es käme bei mindestens zwei Kandidaten zu einer geheimen Abstimmung - mit völlig offenem Ausgang.

Unterstützung für Peters aus Heimatverband Westfalen

Die Unterstützung seines Heimatverbandes scheint er bereits sicher zu haben. "Ich kann mir Peter Peters durchaus als Präsidenten vorstellen. Ich kann mir auch Bernd Neuendorf vorstellen", sagte Gundolf Walaschewski, Präsident des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen, ergänzte dem SID gegenüber aber: "Peter Peters ist Westfale. Das ist eine reine Feststellung von Tatsachen."

Durch den Rückzug bei der DFL habe sich Peters Position "nicht verschlechtert, weil er rein formal dann kein Ligavertreter mehr ist." Zudem könne er ein Garant dafür sein, die großen Gräben zwischen Amateuren und Profis zu überwinden, so Walaschewski: "Das könnte ein Plus sein für Peters, der in beiden Welten zu Hause ist - auch wenn er im Grunde immer als Ligavertreter gesehen wird. Peter Peters wäre vielleicht jemand, der da ein Stück weit für Entspannung sorgen könnte."

Peters: Angeblich auch gute Karten bei Niedersachsen

Neben den Westfalen soll Peters zudem gute Karten beim Landesverband Niedersachsen haben. Angeblich, weil der von dort stammende ehemalige DFB-Präsident Reinhard Grindel Amateur-Sprecher Koch maßgeblich für das vorzeitige Ende seiner Amtszeit verantwortlich macht und deshalb dessen Personalvorschlag mit seinen Mitstreitern aus der Heimat torpedieren will.

Gleichwohl reichen auch diese Stimmen nicht für eine Mehrheit aus. Hinter den Kulissen scheint aber bereits das Feilschen über die neu zu besetzenden Posten des 1. Vizepräsidenten Amateure (der viel kritisierte Koch will nur noch "einfacher" Vizepräsident sein, um dadurch weiter sein Amt in der UEFA-Exekutive ausüben zu können) und des Schatzmeisters im Gange zu sein.

Gemunkelt wird daher, dass auch der vom ehemaligen CDU-Politiker Hermann Winkler geführte Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) in diesem Zusammenhang im ureigenen Interesse mehrheitlich sowie eventuell auch der von Peter Frymuth geführte FV Niederrhein für Peters votieren könnten. Sollte die Wahl geheim sein, wäre das ohnehin nicht zu überprüfen.

DFB-Präsident: So bekäme Peters die absolute Mehrheit

Gemessen an den 262 gültigen Stimmen auf dem letzten Bundestag hätte Peters neben den 91 Stimmen der Profivertreter sowie den 13 aus Westfalen und 12 aus Niedersachsen insgesamt 116 Stimmen, so dass ihm noch 16 zur absoluten Mehrheit fehlen würden. Der NOFV hatte 2019 insgesamt 22 Stimmen, der Niederrhein 7.

Nach aktuellem Stand ist es also alles andere als ausgeschlossen, dass Peters künftig mit Watzke eine blau-gelbe Fahrgemeinschaft nach Frankfurt bilden wird. Auch wenn das sicher kein Neuanfang für den krisengeschüttelten DFB bedeuten würde.