Im ausführlichen Interview mit SPOX und GOAL spricht die 28-Jährige über die kuriosen Umstände ihres Berufseinstiegs, abwertende Kommentare und Oberflächlichkeit im Frauenfußball.
Außerdem erklärt Covic, warum der Männerfußball für sie keine Option war und kritisiert den DFB für seinen Umgang mit dem Frauenfußball.
Frau Covic, 2014 waren Sie die erste und jüngste Spielerberaterin im deutschen Profi-Fußball. Heute betreut Ihre Agentur 35 Spielerinnen, darunter Ex-Bayern-Star Gina Lewandowski und mit Weltmeisterin Nadine Angerer auch eine Trainerin. Ihr Weg in diese Branche ist dabei äußerst kurios.
Jasmina Covic: Ich habe in Jena Sportmanagement und Wirtschaft studiert und nebenher ein Praktikum bei den Damen des FF USV Jena, dem heutigen Carl Zeiss Jena, absolviert. Jena hat stets um den Abstieg gespielt, daher waren sie immer froh, wenn jemand mitgeholfen hat. Dort entstanden die ersten Berührungspunkte mit dem Profi-Fußball. Ich hatte stets guten Kontakt zu den Spielerinnen und habe auch außerhalb der Arbeit viel mit ihnen unternommen. Eines Tages kam eine Jena-Spielerin, die auch kanadische Nationalspielerin war, auf mich zu und fragte, ob ich ihr dabei helfen könnte, eine junge Spielerin aus Kanada nach Deutschland zu vermitteln. Ich war Studentin, 21 Jahre alt und hatte keinerlei Netzwerk.
Wie haben Sie reagiert?
Covic: Ich war erstaunt. Ich besitze nicht die Arroganz, um zu sagen, dass ich das locker hinbekomme. Anschließend habe ich mich mit meinem Bruder, der Anwalt ist, beraten und den gesamten Winter 2014 damit verbracht, mich im Internet darüber zu informieren, wie so ein Transfer überhaupt abläuft und was ich für die Vermittlung der Spielerin benötigte. Ich habe einen Lebenslauf für sie zusammengestellt und selbst Videos geschnitten. Gemeinsam mit meinem Bruder habe ich eine Vereinbarung erstellt.
Jena wäre eigentlich der kürzeste Weg gewesen. Weshalb haben Sie die Spielerin nicht einfach dort angeboten?
Covic: In Jena sah es finanziell sehr schlecht aus. Man durfte nur drei internationale Spielerinnen unter Vertrag haben und benötigte bestimmte Genehmigungen, um eine Nicht-EU-Bürgerin zu verpflichten. Das wäre unheimlich schwierig geworden. Ich habe den Klub zwar um Hilfe gebeten, aber es wollte keiner. Die waren nicht begeistert, dass die kleine Praktikantin nun auf der anderen Seite saß.
Wie sind Sie dann vorgegangen?
Covic: Ich habe im Internet einige Trainer und Manager herausgesucht, geschaut, wie die E-Mail-Adressen anderer Mitarbeiter des jeweiligen Vereins lauten und so die Adressen der Trainer und Manager nachgebaut. Das war ziemlich verrückt. Ich habe einfach Mails verschickt und gehofft, dass sie ankommen. Not macht eben erfinderisch.
Kam etwas zurück?
Covic: Zunächst kam sehr lange nichts. Dann hat sich Sven Kahlert gemeldet und die Spielerin zum Probetraining eingeladen. Er ist aktuell für die BVB-Fußballakademie in Ägypten tätig ist und war damals Trainer beim SC Sand. Ich habe damals sogar den Flug von meinen Eltern vorstrecken lassen - für eine wildfremde Person, die ich noch nie gesehen habe. Der Verein wollte ihn nicht zahlen, weil sie schlechte Erfahrungen damit gemacht haben und Spielerinnen nicht aufgetaucht sind. Ich habe das Auto meiner Eltern in Landau ausgeliehen, die Spielerin vom Frankfurter Flughafen abgeholt, sie nach Sand gefahren und dort ihr Probetraining angeschaut. Sand hat sie am Ende genommen und ich erhielt meine erste Provision.
Und schon waren Sie im Geschäft.
Covic: Ich wurde dann einer weiteren Spielerin empfohlen, für die ich während meiner Prüfungsvorbereitung in der Uni-Bibliothek versucht habe, einen Verein zu finden. Das war purer Nervenkitzel. In der Folge habe ich Spielerinnen in Deutschland akquiriert. Das Ganze lief dann parallel zum Studium. Damals gab es in Europa vielleicht eine handvoll Berater für Fußballerinnen.
Welche Schwierigkeiten hatten Sie zu Beginn?
Covic: Ich saß als junge Frau hauptsächlich mit Männern am Tisch. Die waren erst mal ganz schön überrascht, dennoch wurden die Verträge auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt abgeschlossen. Außerdem hatte ich keinerlei finanzielle Basis. Mein Vater hat mir damals einen BMW 1er gekauft, weil ich irgendwie von A nach B kommen musste. Und ich konnte nicht mit einem Opel Corsa ankommen, sonst wird man nur schief angeguckt. Oberflächlichkeit spielt eine große Rolle, auch im Frauenbusiness.
Wie hat Ihr Umfeld auf Ihre neue Aufgabe reagiert?
Covic: Meine Familie hat das unterstützt, auch finanziell, und war stolz darauf. In der Uni hat das natürlich Aufmerksamkeit erregt, weil ich immer nur anwesend war, wenn ich musste. Meine Dozenten hatten Verständnis und unterstützten mich ebenfalls dabei, meine Kommilitonen nicht. Sie fragten, was ich mit Frauenfußball überhaupt anfangen wollte, das hätte doch eh keine Zukunft und man würde sowieso kein Geld damit verdienen. Ich habe aber einfach mein Ding gemacht und stets überlegt, wie ich das Ganze ausbauen kann. Ich habe weitere Spielerinnen aus In- und Ausland akquiriert und die Konkurrenz verfolgt. Ich wollte das aber nicht alleine angehen.
Wodurch Sie mit Brian Eylert in Kontakt kamen.
Covic: Ich habe Brian in Frankfurt kennengelernt. Er arbeitet schon ewig auf hohem Niveau. Brian war am Anfang sehr kritisch und nicht wirklich angetan von der Idee. Es hat lange gedauert, bis er mir vertraut hat. Er fand es aber cool, dass ein junges Mädel mit ihm zusammenarbeiten wollte und nicht locker ließ. Die Zusammenarbeit mit ihm war ein Jackpot. Die Kombination aus einem älteren Mann mit viel Erfahrung und einem jungen Mädel, das motiviert ist und neue Dinge einbringt, war genial. Wir reisen viel zusammen und verstehen uns privat gut, auch mit seiner Familie. Brian und ich haben es geschafft, eine der erfolgreichsten Agenturen in der Frauenfußballberatung zu schaffen. Ursprünglich hatte ich aber einen anderen Plan verfolgt.
Erzählen Sie!
Covic: Ich wollte mit einer Männeragentur zusammenarbeiten und habe einige kontaktiert. Allerdings kam entweder keine oder aber eine abwertende Rückmeldung. Nach dem Motto: "Der Frauenfußball interessiert doch eh keine Sau". Ein Berater meinte mal zu Brian: "Was willst du damit? Die Hübschen lässt du im Bikini spielen und die Hässlichen sperrst du weg." Diejenigen, die sich so geäußert haben, sind heute plötzlich auch im Frauenfußball tätig, die großen Frauenversteher und nennen sich teilweise sogar Frauenfußball-Experten. Da musste ich ein bisschen schmunzeln. Später hatte ich einige Anfragen, bei denen ich unsere Mädels hätte mitnehmen können. Ich wollte aber Brian gegenüber loyal sein. Außerdem verbinde ich zahlreiche Erinnerungen mit der Agentur. Manche Agenturen stellen nur für die Öffentlichkeit eine Frau ein, die Transfers tätigen aber die Männer. Vielleicht kommt es noch einmal zur Sprache, denn das Thema ist sehr interessant. Im Männerbereich hat man natürlich mehr Möglichkeiten.
Was war Ihr Anreiz, im Frauenfußball einzusteigen?
Covic: Ich habe während meines Praktikums gesehen, wie Spielerinnen aus dem Ausland geholt und sitzen gelassen wurden. Wie sie Verträge unterschreiben, von denen sie keine Ahnung hatten und der Berater nach der Vermittlung die Provision kassierte und von heute auf morgen nicht mehr da war. Ich habe immer versucht zu helfen, wo ich konnte. Es war immer mein Wunsch, dass dieser Bereich professionalisiert wird. Gleichzeitig hat es mir enorm Spaß gemacht, das Ganze voranzubringen. Ich hatte nichts zu verlieren.
Haben Sie auch mit dem Gedanken gespielt, den Frauenfußball zu verlassen und in den Männerbereich einzusteigen?
Covic: Das war keine Option. Der Markt ist übersättigt. Ich hatte zwar zahlreiche Angebot und der finanzielle Reiz war natürlich vorhanden, aber ich konnte schon zu Beginn auch von meinem Geld leben. Das Männerbusiness ist ein Haifischbecken, da geht es ziemlich krass zu. Wenn man beispielsweise einem vom Balkan die Spieler wegnimmt, muss man Angst haben, dass man angegriffen wird. Ich bin ein ehrlicher und fairer Mensch. So möchte ich auch arbeiten und nicht in irgendwelche schmutzigen Geschäfte involviert sein. Ich kenne viele, die sich im Männerbereich versucht, Spieler gescoutet und Jahre lang betreut haben - bis eine große Agentur kam und ihm iPhones und Schuhe geboten hat. Und schon war er weg. Das ganze Geld, das Brian und ich heute verdienen - und das sind keine Riesensummen - versuchen wir ins Scouting und die Betreuung unserer Spielerinnen zu reinvestieren.
Berater wie Mino Raiola oder Pini Zahavi werden oft für Ihre Machenschaften und den Umgang mit den Klubs scharf kritisiert. Wie bewerten Sie die öffentlichen Auftritte?
Covic: Ich kann ihnen keinen Vorwurf machen. Die Vereine lassen das schließlich zu und niemand tut etwas dagegen. Raiola hat zuletzt eine Juventus-Spielerin unter Vertrag genommen. Just for fun. Das macht natürlich Eindruck. Aufmerksamkeit ist immer gut. Aber ist die Spielerin tatsächlich bei jemandem, der keinerlei Bezug zum Frauenfußball hat, gut aufgehoben?
Kommen derartige Machtspielchen im Frauenfußball auch vor?
Covic: Definitiv! Den Spielerinnen ist es teils egal, ob die Beratung schlecht ist oder ohne nennenswerte Erfahrung im Frauenfußball erfolgt. Da kommen Männer in teuren Autos und Markenkleidung und erzählen, wie reich sie seien und welche namhaften Männer sie bereits betreut hätten. Das imponiert den Mädels. Dadurch fallen sie auf Leute rein, die mit dem Frauenfußball nichts zu tun haben. Da sind manche Spielerinnen und Eltern zu naiv. Dzsenifer Marozsan wurde mal vom damaligen Berater von Robert Lewandowski vertreten. Als sie merkte, dass sie bei ihm an letzter Stelle kam, hat sie sich schnell für jemanden entschieden, der Ahnung vom Frauenfußballmarkt hat und sie wertschätzt. Es wird mit viel höheren Summen hantiert, da können wir nicht mithalten. Aber das ist auch okay. Eine deutsche Nationalspielerin fand es mal richtig toll, dass sie die erste Frau bei einer großen Männeragentur wurde. Dabei haben sie noch nie eine Frau transferiert und haben gar keine Ahnung. Da sind teilweise Menschen dabei, bei denen man einfach nur den Kopf schüttelt.
Wie meinen Sie das?
Covic: Viele Berater arbeiten hochgradig unseriös. Den Beraterberuf kann man nicht klassisch lernen. Das bedarf viel Erfahrung, Menschenkenntnis und Know-how. Wenn du eine Agentur verlässt, die gut ist, dann geh doch bitte zu jemandem, der ein größeres Netzwerk hat und dir mehr bieten kann als nur Sprüche zu klopfen. Mir war es immer wichtig, dass selbst die Mädels, die uns verlassen wollten, gut aufgehoben sind. Deswegen habe ich meine Empfehlungen ausgesprochen. Es geht um ihre Karrieren und ihre Gesundheit. Ich habe auch Transfers abgewickelt, ohne dafür Geld zu bekommen. Einfach nur aus gutem Willen heraus.
Wurde Ihnen eine Spielerin schon mal derartig abgeworben?
Covic: Nein, ich war nie Teil von so etwas. Ich wurde nur einmal blöd angemacht, weil eine Spielerin einer anderen Agentur mich kontaktiert hat und zu uns wechseln wollte. Ich konnte natürlich nichts dafür, ich habe sie schließlich nicht bewusst abgeworben. Es kam häufig vor, dass Spielerinnen an meiner Erfahrung zweifelten. Ich mache den Job seit sieben Jahren, habe eine gewisse Qualifikation und bin Dozentin für Leadership am Fußballinstitut. Ich kenne die Branche also sehr gut. Und trotzdem gehen manche lieber zu einem Berater, der noch nie jemanden transferiert hat. Vielleicht liegt das daran, dass ich erfolgreich, jung und vor allem eine Frau bin. Das herrscht ein gewisser Neid. Männer sind mir dagegen meist auf Augenhöhe begegnet.