Dass ausgerechnet der 1. FC Köln dem FC Schalke 04 die erste Saisonniederlage beibringen würde, war beim ehemaligen Tabellenführer sicher nicht eingeplant. Für den weiteren Saisonverlauf könnte die nun aufkommende Unruhe jedoch deutlich schwerer wiegen, als der Verlust der drei Punkte.
Trotz der Pleite am vergangenen Freitag ist die Welt auf Schalke, zumindest sportlich gesehen, weitestgehend in Ordnung.
Nur zwei Punkte hinter Spitzereiter Hamburg platziert sind die Knappen von einer Krise, wie sie der FC Bayern gegenwärtig erlebt, noch weit entfernt. Dennoch zeigt die scheinbar heile königsblaue Fassade erste Kratzer. Der Putz darunter beginnt langsam aber sicher zu bröckeln.
So setzte es für die Versager von Köln kurzerhand ein Straftraining. Fred Rutten missfiel die freitagabendliche Darbietung in der Domstadt dermaßen, dass seine Profis am Samstag nicht wie geplant die Füße hochlegen und den freien Tag genießen durften, sondern sich stattdessen zwischen Bäumen wiederfanden.
Damit seine Mannen über das Geschehene noch einmal intensiv nachdenken konnten, hatte der Niederländer einen Waldlauf anberaumt.
Eine Frage der Einstellung
Einer seiner normalerweise einsatzfreudigsten Mittelfeldspieler, Jermaine Jones, nutzte diese unfreiwillige Denkphase und hatte den Hauptgrund für das erste verlorene Saisonspiel schnell ausgemacht. "Mit einer anderen Einstellung hätten wir gewonnen", sieht der 26-Jährige gegenüber dem "Kicker" den elementarsten Fehler, nämlich die Unterschätzung des Gegners, als primäre Ursache für die Niederlage.
Ob diese falsche Einstellung der Grund für die Extraeinheit am Samstag war, ließ Rutten offen, betonte jedoch, dass er aus dem Köln-Spiel seine eigenen Erkenntnisse gewonnen habe.
"Wir werden Schlüsse und Konsequenzen ziehen", so die klare Ansage des 45-Jährigen, die einigen seiner Spieler noch weniger geschmeckt haben dürfte, als das samstägliche Schwitzen unterm Blätterdach. Einer dieser Akteure könnte Kevin Kuranyi sein.
Problemfall Kuranyi
Der Nationalspieler steckt schon seit Wochen offenkundig in einer Formkrise und wurde gegen den Daum-Klub nun zum ersten Mal seit drei Jahren bei einem Schalker Rückstand ausgewechselt. Da Kuranyi derzeit aber nichts mehr schaden würde, als eine weitere Kritikquelle, geht Manager Andreas Müller das Thema mit der gebotenen Vorsicht an.
"Wir haben Geduld mit Kevin und sind von ihm überzeugt", stärkt er seinem Stürmer demonstrativ den Rücken, ohne ihm jedoch einen Freifahrtsschein auszustellen. "Sein Tief darf nicht zu Lasten der Mannschaft gehen. Sonst kommt ein anderer rein", macht der 45-Jährige auf das geltende Leistungsprinzip aufmerksam.
Raktic und Streit sorgen für Unruhe
Ebenfalls feine Schmisse hinterließen die Aussagen von Ivan Rakitic und Albert Streit. Rakitic kommentierte seine erneute zeitige Auswechslung mit der simplen Feststellung: "Ich hätte nicht rausgemusst." Auch machte er deutlich, dass der Platz auf der linken Mittelfeldseite nicht unbedingt seine Wunschposition sei.
Warum ihn sein Trainer jedoch dort und nicht zentraler spielen lässt, ist dem Kroaten schleierhaft. "Darüber haben wir nicht gesprochen", gibt der 20-Jährige gewisse Kommunikationsdefizite mit seinem Übungsleiter zu.
Der andere missmutige Nörgler, Albert Streit, hatte sich in der letzten Woche öffentlich über seine derzeitige Nichtberücksichtigung beklagt und sich nicht abgeneigt bezüglich eines baldigen Abschieds aus Gelsenkirchen geäußert.
"Keine Reden, sondern Leistung"
Auf diesen beiden Störungsquellen reagierte Manager Müller mit Unverständnis. "Der eine will nicht Linksaußen spielen, der andere will abhauen - das lasse ich nicht zu", findet Müller gegenüber der "Bild" deutliche Worte. "Ich erwarte von den Spielern keine Reden, sondern Leistung."
Dass auch ohne kritische Stimmen auf Schalke derzeit nicht alles eitel Sonnenschein ist, zeigt erneut die Personalie Kuranyi. Müllers Verweis auf das "der-Bessere-soll-spielen-Prinzip" hat nämlich einen Haken: Außer dem 26-Jährigen hat Schalke gar keinen weiteren Mittelstürmer im Kader, so dass Rutten schlichtweg die Alternativen fehlen. "Deshalb wollen wir Kevin so schnell wie möglich wieder hinbekommen", ist sich der Schalke-Manager des Dilemmas bewusst.
Möglichst schnell hinbekommen sollten die Knappen auch die Rückkehr zu positiven Ergebnissen. Ansonsten könnten unter dem nachlassenden Glanz des sportlichen Erfolgs bald echte Risse sichtbar werden.
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