Vedad Ibisevic: Auferstanden aus Ruinen

Von Haruka Gruber
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© Imago

Das war dann doch mindestens eine Sprache zuviel. Vedad Ibisevic, Angreifer von 1899 Hoffenheim und mit 13 Treffern der beste Torjäger der Bundesliga, erklärte sich auf Bitte von Premiere bereit, nach dem 4:1 über den Karlsruher SC für seine Sturmkollegen Demba Ba und Chinedu Obasi zu übersetzen.

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Wer denn nun der beste Stürmer Hoffenheims sei, wollte der Reporter von Ba wissen, so dass Ibisevic die Frage dem Senegalesen flugs auf Französisch ins Ohr flüsterte. Bei Obasi, dem Nigerianer, sollte sich der Aushilfs-Dolmetscher wiederum in Englisch erkundigen, ob es auf dem Platz helfen würde, dass die drei Stürmer befreundet sind.

Doch statt die Antwort dem TV-Zuschauer ins Deutsche zu übersetzen, verlor Ibisevic kurz den Faden und gab Obasis Replik in Englisch wieder: "It's all about teamwork. We respect each other. The most important thing is to win the game."

Verwirren wollten ihn die Karlsruher während der 90 Minuten zuvor mit ihrer harten Gangart. Ihn und seine Offensivkollegen den Schneid abkaufen mit einer teils rüden Verteidigung. Doch durcheinandergekommen ist Ibisevic schlussendlich erst bei der babylonischen Plauderei.

Ärger mit Buchwald

Denn was immer der KSC dem Bosnier entgegensetzte, Ibisevic fand die richtige Antwort. In der 15. Minute schob er nach Obasis Vorlage zum 1:0 ein, mit dem 3:1 nach einer Salihovic-Ecke sorgte er für die Entscheidung (75.). Seine Saisontreffer Nummer 12 und 13. Mit fünf Treffern Vorsprung führt Ibisevic, den bereits Manchester United oder Inter Mailand beobachten sollen, die Torschützenliste an.

"Auch für uns ist seine Entwicklung überraschend. Das war in dieser Form nicht vorhersehbar. Er ist für uns wie ein Neuzugang", jubelte 1899-Trainer Ralf Rangnick bereits vor einigen Wochen.

Noch bis vor dem Saisonstart war Ibisevic nicht viel mehr als ein solider Rollenspieler. Für rund eine Million Euro verpflichtete ihn der damalige Zweitligist Hoffenheim im Sommer 2007 von Alemannia Aachen, was zum Zerwürfnis zwischen Rangnick und dem damaligen Alemannia-Trainer Guido Buchwald führte. Buchwald: "Hoffenheim kauft ihn weg und behauptet, sie hätten ein Jugendkonzept. Das ärgert mich."

"Irgendetwas muss passiert sein"

Doch bei all der Aufregung: Zur Aufstiegssaison Hoffenheims steuerte Ibisevic lediglich fünf Tore bei. Ergänzungsspieler eben. "Wenn ich spielen durfte, wollte ich einfach zu viel, ich habe das Spiel aus den Augen verloren", erinnert er sich.

Was sich geändert hat? "Ich habe meine Ruhe gefunden und mein Selbstvertrauen wieder gekriegt", sagt er. Eine bessere Erklärung hat er nicht. Ähnlich Rangnick, der von einem jeher trainingsfleißigen Spieler spricht, "der aber seine Leistungen im Spiel selten bestätigen konnte. Irgendetwas muss bei ihm zwischenzeitlich passiert sein".

Wegen seines schweren ersten Jahres bei 1899 dachten die Verantwortlichen lange nach, einen weiteren Hochkaräter für den Sturm zu holen. Hoffenheim wollte für Rafael Sobis oder Eren Derdiyok angelich bis zu acht Millionen Euro ausgeben. Doch die Verantwortlichen verzichteten auf die nächste Großinvestition - und Ibisevic dankt es ihnen.

"Vedad musste harte Zeiten durchstehen. Jetzt wird er belohnt für Hartnäckigkeit, Fleiß und soziales Verhalten", erzählt Rangnick.

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Schon immer Bundesliga-Fan

Aufgewachsen im vom Bürgerkrieg ruinierten Bosnien-Herzegowina (Ibisevic: "Die Bälle, mit denen wir kickten, waren nicht mal rund"), flüchtete der 16-jährige Vedad mit seiner Familie zunächst in die Schweiz, zehn Monate später folgte der Umzug zu Verwandten in die USA, wo er wegen seines fußballerischen Talents ein Stipendium am College in St. Louis erhielt.

Nachdem er während eines Freundschaftsspiels der bosnischen Jugendnationalmannschaft jedoch derart überzeugend aufspielte und etliche Scouts auf ihn aufmerksam wurden, gab er sein Stipendium auf und unterschrieb bei Paris St. Germain, das ihn nach zwei erfolglosen Jahren jedoch zum Zweitligisten Dijon abschob.

Zehn Tore in der Ligue 2 reichten daraufhin, um eine Offerte aus Aachen zu erhalten.

"Schon in Bosnien war die Bundesliga für mich ein Traum. In den USA und danach habe ich gelernt, dass man Träume durch Arbeit wahr werden lassen kann. Ich hatte immer das Ziel Bundesliga im Kopf", sagt Ibisevic, dem für die Alemannia in der Bundesliga sechs Tore gelangen - bis ihn Hoffenheim vom Fleck weg kaufte. "Ich habe ein Angebot bekommen, das ich unmöglich ablehnen konnte."

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Champions-League-Sieger?

Mit 24 Jahren ist Ibisevic im jüngsten Team der Liga bereits eine der Führungspersönlichkeiten. Seinen vermeintlichen Konkurrenten Ba und Obasi half das Sprachtalent bei der Integration, denn "ich hätte mir in Paris oder Aachen auch so eine Eingewöhnungshilfe gewünscht".

"Er ist extrem tolerant sowie hilfsbereit, und sein Leben hat ihm mehrere Sprachen beschert. Jeder, absolut jeder im Verein gönnt Vedad den Erfolg", sagt Rangnick

Mittlerweile ist wegen Ibisevic' Torflut ein Nachkauf im Winter kein Thema für 1899, an Derdiyok zum Beispiel sei das Interesse abgeflaut, ließ der Verein verlauten.

Warum auch nicht? Hoffenheim führt die Bundesliga-Tabelle an, Ibisevic ist auf dem besten Weg zur Torjägerkanone. "Vielleicht", sagt Ibisevic, "vielleicht werden wir einmal mit Hoffenheim sogar Champions-League-Sieger."

Auf Französisch heißt das übrigens: "Peut-etre nous allons gagner la ligue des champions avec Hoffenheim." Nur so, damit auch Demba Ba alles versteht.

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