Braafheid und das Ende der Monarchie

Von Andreas Lehner
Edson Braafheid wechselt voraussichtlich von Twente Enschede zu Bayern München
© Getty

Mit den Transfers von Edson Braafheid und Danijel Pranjic beweisen die Bayern eine neue Qualität. Die Verpflichtung von Louis van Gaal hat die Machtverhältnisse verschoben und einen Stilwechsel herbeigeführt.

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Gerüchten zufolge ist das Land Bayern eine Demokratie. Die Alleinherrschaft der CSU im Freistaat ließ manche Außenstehende lange daran zweifeln. Im Herzen sehnen sich die Bajuwaren auch immer noch nach ihrem Kini.

Kein Wunder also, dass Regierungschefs wie Franz-Josef Strauß oder Edmund Stoiber dem oft gebrauchten Synonym vom Landesfürsten auf ihre ganz eigene Art und Weise entsprachen.

Und was Jahrzehnte lang für Bayern und die CSU galt, spiegelte sich auch im fußballerischen Gegenstück, dem FC Bayern, wider. Ein Kaiser an der Spitze eines großkopferten Triumvirats, das die Geschicke des Vereins lenkte und alles kontrollierte. Der Trainer hatte in diesem Fall nur bedingt etwas zu sagen.

Transfers nach altbekanntem Muster

Felix Magath meinte zu seiner Münchner Zeit immer demütig, er arbeite mit den Spielern, die ihm der Vorstand zur Verfügung stelle. Was den Gestalter Magath insgeheim wurmte. Die endgültigen Entscheidungen fällten andere: Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge.

Auch für die Saison 2009/10 schien die Personalplanung nach altbekannten Mustern zu verlaufen. Diese sehen so aus, dass sich die Bayern bei Konkurrenten aus der Bundesliga bedienen oder Spieler holen, die im direkten Duell bleibenden Eindruck hinterließen. Mario Gomez, Ivica Olic und Anatolij Tymoschtschuk hießen die Belege.

Bayerns neuer Stil

Seitdem Louis van Gaal seinen Urlaub abgeschlossen hat und nach München gekommen ist, um sich mit dem Vorstand über die neue Saison zu unterhalten, fand beim FC Bayern innerhalb nur einer Woche ein kleiner Stilwechsel statt.

Zuerst verpflichteten die Münchner für zehn Millionen Euro Danijel Pranjic, einen multifunktionellen Linksfuß vom SC Heerenveen, der sowohl als Linksverteidiger, Linksaußen und linker Mittelfeldspieler eingesetzt werden kann und mit den Bayern auf dem Rasen zuvor noch nicht in Kontakt gekommen war.

Und mit Edson Braafheid kommt für nur 2,5 Millionen nun ein zweiter Linksfuß, der sowohl Linksverteidiger als auch Innenverteidiger spielen kann. Braafheid ist in seiner Heimat kein Superstar, sondern ein solider, passsicherer Spieler, der mit 26 Jahren gerade erst den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft hat.

Zwei wie Jancker und Sagnol

In diesem Zusammenhang sei noch mal an eine Aussage von Hoeneß von vor zwei Wochen erinnert, als er klarstellte, dass nur nach einem Rechtsverteidiger gefahndet werde, weil die Verantwortlichen Philipp Lahm als Linksverteidiger sehen und auf dieser Position mit ihm planen.

Der Weg des Rückschlusses ist kurz. Van Gaal hatte eine andere Meinung, wahrscheinlich auch von Rummenigges Wunschspieler Darijo Srna, und gleich zwei hochkarätige Gegenargumente an der Hand.

Man kann natürlich einwenden, dass van Gaal praktisch im Bayern-Stil durch die Niederlande zieht und sich dort seine Spieler herauspickt, für den FCB sind es dennoch die ersten weitgehend unbekannten Neuzugänge aus dem Ausland, die nicht als Flop aus Südamerika (Julio Dos Santos), Marketinggag aus Asien (Ali Karimi) oder freundschaftliche Finanzspritze für den Osten (Slawomir Wojciechowski) enden sollten, seit Carsten Jancker (1996) und Willy Sagnol (2000).

Veränderte Machtverhältnisse

Mit dem Wechsel auf der Managerposition von Hoeneß zu Christian Nerlinger haben sich auch die Machtverhältnisse im sportlichen Bereich verlagert - hin zum Trainer.

Bayerns starke Männer geben einen Teil ihrer Macht ab und überlassen damit auch das Schicksal ihres Vereins zum ersten Mal einem Mann ohne Bayern-Vergangenheit.

Eine Struktur, die Jürgen Klinsmann gerne gehabt hätte, er konnte davon aber nur träumen. Auch weil ihm die Verantwortlichen und seinem in Europa unerfahrenen Trainerstab diese Aufgaben nicht zugestehen wollten. Die Personalentscheidungen Marcell Jansen und Landon Donovan bestätigten die Haltung im Nachhinein.

Wiederholt van Gaal seinen Barca-Fehler?

Im Falle van Gaals vertrauen die Bayern nun einem Trainer, der beim FC Barcelona seinen Erfolg auf niederländischen Stützen baute. Acht Oranje-Kicker standen zum Höhepunkt seiner Zeit für Barca auf dem Platz.

Heimatgefühle, die im stolzen Katalonien zu schweren Vorwürfen führten und am Ende zu seiner Entlassung. Auch in München spielt die bayerische Identität des Klubs eine bedeutende Rolle. Das sollte van Gaal berücksichtigen und die richtigen Schlüsse aus seiner Barca-Zeit ziehen.

Falls Franck Ribery München doch noch in Richtung Madrid verlassen sollte, werden mit Arjen Robben, Wesley Sneijder und Rafael van der Vaart drei weitere Niederländer gehandelt.

Robben und Sneijder wollen bleiben

Wobei Robben und Sneijder klarstellten, bei Real bleiben zu wollen. "Ein Verkauf wird ohnehin schwierig, denn Madrid hat für ihn 36 Millionen Euro an Chelsea bezahlt", sagte Hans Robben, Vater und Berater von Arjen.

Auch Sneijders Berater Sören Lerby behauptete, dass nie über einen Wechsel zu den Bayern gesprochen wurde. Bei dem Verhältnis, das Lerby und Hoeneß pflegen, nur schwer vorstellbar.

Bleibt also noch Rafael van der Vaart, der nach dem Kaka-Transfer wohl endgütig keine Zukunft bei den Königlichen hat. Über den Ex-Hamburger sagte Hoeneß einst, er sei nicht gut genug für den FC Bayern. Aber in München und ganz Bayern wollen sie ja jetzt etwas mehr Demokratie wagen.

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