Es ist mal wieder Endspiel-Stimmung in München. Aber keines dieser schönen Finals in Champions League oder DFB-Pokal steht auf dem Programm, sondern ein Bundesligaspiel gegen Bayer Leverkusen. Aber es geht wohl um den Job von Trainer Louis van Gaal.
Dabei waren sie in München im Juli richtig zufrieden. Das Grinsen hätte man Uli Hoeneß wohl auch mit einem Meißel nicht aus dem Gesicht entfernen können. Der FC Bayern München hatte gerade seinen neuen Trainer vorgestellt und alle waren sich einig, dass es eine gute Wahl war.
Immerhin sei der Niederländer ein Fachmann, ein Fußball-Lehrer und vor allem habe er Erfahrung. Ein Gegenentwurf zum Vorgänger Jürgen Klinsmann. Das sagte zwar keiner, verstand aber jeder.
Suche nach einem zweiten Hitzfeld
Nach dem Experiment mit dem Projekt-Trainer Klinsmann ruderten die Münchner bei der Erneuerung des FC Bayern wieder etwas zurück und vertrauten das Team einem Trainer an, der schon nationale und internationale Titel auf seiner Visitenkarte stehen hat.
Die Vereinsführung wollte einen zweiten Hitzfeld, einen zweiten General. Seit dem Abschied Ottmar Hitzfelds hatte keiner mehr die dauerhafte Unterstützung von Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Franz Beckenbauer erfahren.
Mit van Gaal wollten sie diesen Weg wieder gehen. Nur viereinhalb Monate nach dem Amtsantritt des Niederländers hat sich die Gemengelage in München aber schon wieder deutlich verändert - und das nicht zum Positiven. In einem ausführlichen Zeitungs-Interview hatten die Eminenzen Hoeneß und Beckenbauer die Arbeitsweise van Gaals kritisiert und kein klares Bekenntnis zum Trainer abgegeben.
"Die Kommunikation muss intern bleiben"
Van Gaal ist selbstbewusst genug, er braucht nicht ständig öffentliche Rückendeckung, um ruhig zu schlafen. Aber es war ihm anzumerken, dass er über das Interview und seine Inhalte verwundert und auch verärgert war: "Ich rede nicht in der Öffentlichkeit. Ich diskutiere nicht über meine Gespräche mit dem Vorstand. Und ich diskutiere auch nicht über die Kritik des Vorstandes. Die Kommunikation muss intern bleiben."
Beckenbauer hatte ihm geraten, Vertrauen und Verantwortung zu delegieren. Van Gaal wolle alles alleine machen, meinte Hoeneß. Dabei hätte er doch so viel Kompetenz in den Reihen der Vereinsoberen wie noch nie in seiner Karriere.
Van Gaal braucht keine Hilfe
Deshalb postulierte der Manager sozusagen als letzte Amtshandlung noch schnell ein 4-4-2, wo er doch vor einigen Tagen noch mit Bezug auf Beckenbauer gesagt hatte, dass das System völlig egal sei und eine Mannschaft mehrere Systeme beherrschen müsse.
Man kann die Aussage ruhig als Reaktion auf Philipp Lahms Kritik an der fehlenden Vereinsphilosophie sehen, aber auch als Eingriff in die Belange des Trainers, der im 4-3-3 die beste aller Spielformen sieht.
Aber van Gaal ist eben ein Fachmann, ein Fußball-Lehrer mit großer Erfahrung, der sehr von sich überzeugt ist und keine Hilfe braucht. Die Bosse haben bekommen, was sie wollten, können mit den Folgen aber offensichtlich nur schwer leben.
"Endspiel gegen Heynckes"
Dabei ist die interne Kommunikation sehr gut. "Ehrlich, direkt, aber auch sachlich" seien die Gespräche laut van Gaal. Hoeneß bezeichnet den Umgang miteinander als "sachlich, kritisch und ehrlich". In der Bewertung der Gespräche gibt es keine Differenzen.
"Ich weiß alles, was sie fühlen und was sie denken", sagt van Gaal über den wöchentlichen Austausch mit dem Vorstand. Seit dieser Woche wissen es alle anderen auch. Für die "Süddeutsche Zeitung" genug, um von einem "Endspiel gegen Heynckes" zu sprechen.
Ausgerechnet Hoeneß' Busenfreund, der in der vergangenen Saison den angeschlagenen FC Bayern übernahm, 13 Punkte aus fünf Spielen holte und zumindest die Champions League sicherte.
Erfolge, die auch van Gaal braucht, um noch länger auf der Bank der Bayern zu sitzen. "Wenn ich nichts leiste, werde ich entlassen", hatte er am Freitag ganz unverblümt gesagt.
Große Probleme mit Toni
Leistung erwartet der Trainer auch von seinen Spielern auf dem Platz. Zuletzt hatten Philipp Lahm mit seiner Grundsatz-Kritik und Luca Toni für Negativ-Schlagzeilen abseits dessen gesorgt.
Der Italiener war nach seiner Auswechslung im Heimspiel gegen Schalke in der Halbzeit getürmt, hatte sich einen Tag später dafür entschuldigt, nur um während der Woche auf seiner Homepage von seiner "Zermürbung von vier langen Monaten voller Entbehrungen und Unverständnis mit dem aktuellen Trainer" zu berichten.
"Es ist schwierig mit Toni", sagte van Gaal. Gegen Leverkusen steht der Italiener nicht im Kader. Wegen muskulärer Probleme.
Siegen oder Fliegen?
Bei Arjen Robben sieht es mal wieder nicht gut aus, Miroslav Klose kann nach seiner Quarantäne wohl keine 90 Minuten spielen. Und Mario Gomez' Vertrauensverhältnis zu van Gaal ist zumindest beschädigt.
Keine guten Voraussetzungen für das "Spiel der Spiele" (Hoeneß). Hoffnung macht dagegen der Gegner. Seit 1989 konnte Bayer Leverkusen keinen Sieg mehr in München holen (1:0), den letzten Punktgewinn gab es 2003 (3:3).
"Wenn wir gegen Leverkusen gewinnen - und das müssen wir - dann haben wir wieder alles in unserer Hand", sagte van Gaal. Sonst liegt sein Schicksal wohl in den Händen anderer.
Bayern - Leverkusen: Die Bilanz