Hecking übernimmt Nürnberg: 4 Probleme bleiben

Von Daniel Börlein
Mit nur zwölf Zählern aus 17 Spielen steht der Club nach der Vorrunde auf Platz 17
© Imago

Die Suche nach einem Nachfolger für den entlassenen Michael Oenning ist nur einen Tag nach dessen Entlassung beendet: Dieter Hecking übernimmt. Am Dienstagnachmittag wurde er auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Damit hat der Club ein Problem weniger. Viele andere allerdings bleiben.

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In Nürnberg hätten sie gerne Hans Meyer wieder gehabt - zumindest der größte Teil der Befragten eines Online-Votings, in dem die "Nürnberger Nachrichten" wissen wollten, wer auf den entlassenen Michael Oenning als Club-Coach folgen soll.

Über 30 Prozent stimmten für Meyer. Eine Rückkehr des 67-Jährigen an den Valznerweiher war allerdings schon von Beginn an genauso ausgeschlossen, wie eine Verpflichtung der ebenfalls häufig genannten Lothar Matthäus, Klaus Augenthaler oder Mirko Slomka.

Hecking bekommt Vertrag bis Saisonende

Mit Dieter Hecking konnten die Nürnberger schon einen Tag nach der Entlassung von Oenning den Wunschkandidaten als Nachfolger verpflichten. "Dieter Hecking ist ein Trainer, der sich vor keiner schweren Aufgabe scheut. Ich denke, wir haben mit ihm eine gute Entscheidung getroffen, um die harte Rückrunde erfolgreich meistern zu können", sagte Präsident Franz Schäfer.

Der Ex-Hannover-Trainer erhält einen Vertrag bis zum Saisonende, der sich beim Klassenerhalt automatisch um ein Jahr verlängert. Als erste Amtshandlung zog Hecking den Trainingsstart vom 2. Januar auf den 28. Dezember vor.

"Es brennt wieder in mir. Ich bin heiß auf diese neue Aufgabe", sagte Hecking: "Dass die Situation schwer ist, muss ich nicht noch einmal groß betonen. Das zeigt der Blick auf die Tabelle."

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Richtige Mischung zwischen jung und erfahren finden

Er wolle in Nürnberg die richtige Mischung zwischen jungen und erfahrenen Spieler finden, so Hecking. Vor allem müsse künftig "um jeden Zentimeter gefightet werden. Es geht nicht um das schöne Spiel, es geht um Kratzen und Beißen. Es muss eine unangenehme Sache sein, gegen den Club zu spielen", so der 45-Jährige

Durch die Verpflichtung hat der Club ein Problem ausgeräumt, viele andere allerdings bleiben.

Problemfeld Mannschaft: Oennings Fehler hin oder her - zwölf Punkte aus 17 Partien sind nicht alleine die Schuld des Trainers. Der Mannschaft fehlt es in vielen Teilen schlichtweg an Qualität. Im Sturm lassen Christian Eigler oder Angelos Charisteas bislang jegliche Bundesliga-Tauglichkeit vermissen. Isaac Boakye fehlt es nach seiner langen Verletzung an Spielpraxis, für Eric-Maxim Choupo-Moting ist der Abstiegskampf eine völlig neue Erfahrung. Einzig Albert Bunjaku überzeugte.

Im Mittelfeld ist Marek Mintal nur noch ein Schatten seiner selbst. Spieler wie Broich, Frantz oder Gygax sind bestenfalls Mitläufer. Lediglich Peer Kluge bringt konstant ordentliche Leistungen. Doch den Ex-Gladbacher zieht es Richtung Schalke.

Auch die einstmals beste Abwehr der zweiten Liga war in der Vorrunde komplett überfordert. Die Jungen (Maroh, Diekmeier) haben sich nicht so schnell wie erhofft entwickelt, die Erfahrenen laufen ihrer Form hinterher (Wolf) oder haben ihre Nerven nicht im Griff (Schäfer).

Heißt: Um eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben, muss der Club in allen Mannschaftsteilen nachbessern. Das weiß auch Präsident Schäfer: "Wir brauchen zwei, drei neue Spieler, keine Bankdrücker und können zehn, zwölf abgeben, weil sie nicht bundesligatauglich sind."

Hecking selbst wollte bei seiner Vorstellung keine Forderungen nach neuen Spielern stellen, sagte aber: "Wenn wir glauben, dass ein Spieler uns weiter bringt und er auch zeigt, dass er unbedingt zum Club will, dann werden wir Geld in die Hand nehmen."

Problemfeld Finanzen: Neue Spieler müssen her. Aber: Sie müssen günstig sein. Denn finanziell ist der Club derzeit nicht auf Rosen gebettet. Das Jahr in der zweiten Liga hat ein Loch in die Kasse gerissen. Im ablaufenden Geschäftsjahr machten die Franken ein Minus von 5,8 Millionen Euro.

Durch die Entlassung von Oenning werden zudem geschätzte 300.000 Euro Abfindung fällig. Geld, das nun für die Verstärkung der Mannschaft fehlt. Die Folge: Um das finanzielle Risiko in Grenzen zu halten, müssen einige Spieler abgegeben werden.

Der mögliche Transfer von Kluge zu Schalke soll immerhin rund eine Million Euro in die Kasse spülen. Ein gleichwertiger Ersatz für den Mittelfeldspieler dürfte allerdings kaum günstiger zu bekommen sein.

Wer den Club sonst noch verlassen soll, entscheidet Hecking. Der allerdings will zunächst mit den Spielern das Gespräch suchen und jedem Akteur die Chance geben, sich zu zeigen. Einzig die Ausleihe von Matthew Spiranovic sei bislang mehr oder weniger beschlossene Sache, so Manager Bader.

Problemfeld Manager: Martin Bader ist bei den Club-Fans mindestens so umstritten wie Oenning es war. Viele geben ihm die Schuld für die schlechte Personalpolitik der letzten Monate. Zuletzt hatte es gar Morddrohungen gegen den 41-Jährigen gegeben.

Mit Oenning wurde nun der vierte Trainer in Baders sechsjähriger Amtszeit geschasst. Schon vor der Entlassung erklärte Präsident Schäfer ausdrücklich, dass man auch den Manager hinterfragen werde. Bader selbst sagte am Montag allerdings: "Meine Person war bei der Analyse kein Thema", weil das Präsidium ihm "voll vertraut".

Wohl auch, so wird vermutet, weil eine Entlassung Baders derzeit schlichtweg zu kostspielig ist. Sollte an den Gerüchten, wonach der Hamburger SV Bader gerne als Sportdirektor an die Elbe lotsen möchte, etwas dran sein, würde man ihm in Nürnberg allerdings wohl keine Steine in den Weg legen.

Problemfeld Präsidium: Im Juni legte Langzeitpräsident Michael A. Roth sein Amt als Club-Präsident nieder. Franz Schäfer übernahm und verkündete sogleich, dass die ständigen Trainerwechsel unter seiner Regie der Vergangenheit angehören würden.

Noch vor wenigen Wochen tönte der ehemalige Journalist: "Ich bin kein Trainer-Killer. Oenning bleibt, komme, was wolle." Davon wollte Schäfer nun allerdings nichts mehr wissen: "Ereignisse überholen manchmal Aussagen."

Zur Glaubwürdigkeit des Vereins trägt dieses Verhalten nicht unbedingt bei. Auch der zuletzt öffentlich ausgetragene Streit zwischen Ex-Präsident Roth und Schäfer wirft kein gutes Licht auf den Club und erweckt nicht unbedingt den Eindruck, dass die Verantwortlichen in der Lage sind, souverän mit schwierigen Situationen umzugehen.

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