Jetzt ist er also doch noch fertig geworden, der Burj Dubai, der Turm von Dubai, der höchste seiner Kategorie auf Mutter Erde. Bloß wie hoch genau, darüber ist man sich uneins im Emirat.
Zwischen 818 und 880 wurde jede Zahl schon genannt, in Metern versteht sich. Nehmen wir an, das Ding ist 848 Meter hoch, dann würden bis zum Gipfel des Mount Everest nur noch schlappe 8.000 Meterchen fehlen - ein Klacks für den bauwütigen Dubaiisten - trotz Finanzkrise, die die Fertigstellung des Burj Dubai ein wenig verzögert hatte.
Aber pünktlich zum vierten Jahrestag der Machtübernahme von Scheich Mohammad Ben Rasched el Maktum wurde der Turm am 4. Januar 2010 vom Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate und Herrscher von Abu Dhabi, Chalifa bin Zayi Al Nahyan eingeweiht.
6.000 VIPs zur Einweihung
Über fünf Jahre wurde an dem Turm herumgedoktert und die Eröffnung sollte reich an pompösem Getöse sein. Deswegen wurden flugs schlanke 6.000 wichtige Menschen aus über 100 Ländern eingeflogen.
Ich bin zwar weniger wichtig, war aber auch dabei. Kann ja auch nichts dafür, dass die Bayern ausgerechnet dann nach Dubai ins Trainingslager fahren, wenn dieses Monstrum entjungfert wird.
Mein Hotel liegt etwa fünf Kilometer entfernt vom Turm, eine Taxifahrt dauert in der Regel 25 Minuten - traffic jam included. Für 20 Uhr war Halli-Galli rund um den Tower versprochen worden.
Turm-Eröffnung, Oktoberfest und Love Parade
18.30 Uhr Abfahrt sollte da eigentlich locker reichen, um sich noch einen Spitzenplatz zu reservieren. Als ich den Taxifahrer von meinem Ziel unterrichte, hat er nur ungläubiges Staunen für mich übrig, verbunden mit einer Prise Mitleid und einem Schuss Unverständnis für so viel Dreistigkeit. "Wenn Sie da um 20 Uhr sein wollen, hätten sie um 16 Uhr losfahren müssen", sagt der Mann in gutem Englisch.
In weniger ausgereiften Sätzen erklärt er mir, wie bequem und schnell es ginge, mit dem Zug downtown zu fahren und das die nächste Haltestellte ja nur wenige Gehminuten entfernt liege.
Nach 45 Minuten und permanentem Nachhaken habe ich die Station endlich erreicht. Schon 19.15 Uhr - jetzt wird's eng. Sekunden später wurde es das leibhaftig. Menschenmassen ohne Ende strömen die Rolltreppen hinab, konfus gesteuert von hoffnungslos überforderten Security-Boys. Dubai und Turm-Eröffnung ist wie Oktoberfest-Anstich und Love-Parade am 11.11. in Köln.
Stagediving mal anders
Die ersten zwei Haltestellen überlebe ich trotz eines fremden Ellbogens an der Halsschlagader und unabsichtlicher Körperquetschung der beiden Halbstarken vor mir. Aber die Jungs können auch nichts dafür, schließlich klebt der eine mit dem Gesicht an der Scheibe und der andere mit dem Gemächt an der Stange, an der sich die Leute normalerweise festhalten, um die Balance zu halten.
Als drei Stationen vor Burj Dubai noch einmal sechs Menschen in die Kiste reingepresst werden, ergreife ich die Flucht nach oben. Irgendwie gelingt es mir, meinen Körper in eine waagrechte Position zu bringen und meine Mitfahrer mehr oder weniger von oben zu betrachten.
Diejenigen Fahrgäste, die ich mit den Füßen im Gesicht traktiert und mit der Weihnachtsenten-Plauze die Schulter runtergedrückt habe, mögen es mir nachsehen.
Burj Chalifa statt Burj Dubai
Letztendlich kommen alle heil raus und stehen kurze Zeit später zu Zehntausenden am Fuße des Turms. Es ist kurz nach acht, die VIPs, ich und die sehr verehrten anderen Fahrgäste warten auf den großen Knall.
Doch der Turm kommt nicht so recht aus der Hüfte. Ein Fünf-Minuten-Lichtspektakel mit viel Pyrotechnik - viel mehr ist nicht rauszuholen von diesem über 800 Meter hohen Zahnstocher. Ein eher enttäuschender Auftritt - gemessen an dem Hype, der drum gemacht wurde.Für die Einwohner von Dubai war es aber noch aus einem anderen Grund ein trauriger Abend. Scheich Mohammad verkündete, dass der Burj Dubai künftig Burj Chalifa heiße - nach dem Herrscher von Abu Dhabi. Das Nachbaremirat hatte das hoch verschuldete Dubai im Dezember mit einer 10-Milliarden-Dollar-Spritze vor dem Bankrott gerettet.
Sei's drum - der Turm steht noch und bietet demnächst 1.200 Menschen einen Arbeitsplatz. Hoch sollen sie leben - so richtig hoch. So 800 Meter plus x.