Mangelnder Charakter, schlechte Einstellung und fehlende Führungsqualitäten - mit einem verbalen Rundumschlag gegen seine Teamkollegen hat Nationalspieler Marcell Jansen beim krisengeschüttelten Hamburger SV den nächsten Brandherd entfacht. Als Nachschlag zu einer verkorksten HSV-Saison und drei Tage nach der umstrittenen Verpflichtung von Trainer Armin Veh übte der 24-Jährige in einem Interview mit dem Internetportal "ran.de" schonungslos Kritik an seinen Mitspielern.
"Am Anfang der Saison, als wir mal vier, fünf Spiele gewonnen haben, wurde in der Kabine immer wieder von der Meisterschaft geredet. Ich habe gedacht: Jungs ihr wisst doch eigentlich, wie es läuft, ihr seid doch Bundesligaspieler - und ich habe innerlich mit dem Kopf geschüttelt. Alle Teams, die damals hinter uns standen, haben uns überholt. Alle! Wie kann man sich am sechsten, siebten Spieltag feiern lassen?", sagte Jansen.
Vor allem die schwachen Auftritte in der Schlussphase der Saison haben den ehemaligen Bayern-Spieler, der wegen eines Syndesmoserisses oberhalb des linken Fußes seit Ende März kein Pflichtspiel mehr bestreiten konnte, frustriert: "Als die Mannschaft die Saison wie beim 1:5 in Hoffenheim einfach austrudeln ließ, wären die erfahrenen Spieler in der Pflicht gewesen. Das habe ich aber vermisst. Das ganze Jahr über wird von Führungsspielern geredet und dann ist keiner da. Ich jedenfalls habe nur einen Frank Rost gesehen, der sich zerrissen hat."
Jansen hofft auf Trendwende
Auch der entlassene Trainer Bruno Labbadia bekommt von Jansen sein Fett weg: "Wenn er nicht, wie jeder andere auch, ein paar Fehler hätte, wäre das Jahr kaum so gelaufen." Eine Trendwende erhofft sich Jansen vom neuen Coach Armin Veh: "Veh hat in Stuttgart sehr gute Arbeit geleistet. Wenn Veh aus der damaligen VfB-Mannschaft so viel rausholen konnte, dass dieses Team Meister wurde, dann kann er auch für uns ein Gewinn sein."
Von der neuen sportlichen Führung um Sportdirektor Bastian Reinhardt und Chefscout Urs Siegenthaler erhofft sich Jansen auch mehr Seriosität: "Es darf nicht mehr vorkommen, dass Dinge, die intern besprochen werden, sofort in der Zeitung stehen. Und ich betone, dass daran nicht etwa die Medien die Schuld tragen, sondern die Spieler. Wir haben viel zu viel Futter gegeben, und das geht im Mannschaftssport einfach nicht."