Altbewährtes und ein neues System

Von Stefan Rommel
Thomas Schaaf ist seit 1999 Cheftrainer bei Werder. Zuvor coachte er das Amateurteam der Bremer
© Getty

Nach vielen Jahren im 4-4-2-System mit Raute hat Werder Bremens Trainer Thomas Schaaf in der vergangenen Saison auf mehr Flexibilität gesetzt. Jetzt will Schaaf das variable Spiel seiner Mannschaft um eine Facette erweitern. SPOX zeigt, welche taktischen Varianten Werder Bremen hat.

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Mit einem großen Kader geht Thomas Schaaf in die neue Saison. 33 Profis hat Schaaf nominell im weiteren Kreis der ersten Mannschaft, darunter insgesamt 19 Mittelfeldspieler und Angreifer.

Sehr auffällig ist dabei das bisher dezente Vorgehen auf dem Transfermarkt. Bremen baut sein Stadion weiter um, dazu steht der eine oder andere Spieler noch auf der Gehaltliste, der da eigentlich nicht mehr stehen sollte.

Große finanzielle Sprünge sind deshalb nach einem Jahr ohne Champions-League-Gelder nicht möglich. Lediglich der Wechsel von Marko Arnautovic ließ die Konkurrenz aufhorchen. Bis jetzt.

Özils Zukunft weiter offen

Denn Mesut Özils Zukunft bestimmt einige Amtshandlungen in der näheren Zukunft doch nachhaltig. Geht der Regisseur, ist sofort wieder frisches Geld da, um etwa auf der Außenverteidigerposition noch nachzubessern.

Außerdem zieht sich der Transfer des Brasilianers Wesley jetzt auch schon einige Zeit hin, ohne dass Werder Vollzug melden könnte.

Ungeachtet der noch zu lösenden Personalfragen peitscht Trainer Schaaf sein Pensum auf dem Trainingsplatz weiter durch, probiert neue Systeme, stellt Spieler um und integriert die WM-Fahrer nach und nach.

Längst weg von der Mittelfeld-Raute

Bis vor gut einem Jahr war Werders Spielsystem ein auf einen zentralen Regisseur zugeschnittenes 4-4-2 mit Raute. Erst Johan Micoud, später Diego prägten fast eine Dekade.

Dann verschrieb Schaaf seiner Mannschaft mehr Flexibilität - und will dieses variable Spiel in der kommenden Saison offenbar noch um eine Facette anreichern.

Werders Spielsysteme und das dazu passende Personal im Überblick.

Werder Bremen im 4-2-3-1:

Nach einer mehrwöchigen "Testphase" hat sich dieses System im Laufe der letzten Hinrunde etabliert. Damit bestritt Werder den "Bremer Herbst" mit 21 Pflichtspielen am Stück ohne Niederlage.

Torhüter Tim Wiese ist unantastbar. Der Nationalspieler ist zwar erst seit ein paar Tagen wieder im Training und kassierte gleich im ersten Spiel nach seinem Urlaub gegen Fulham fünf Stück, trotzdem ist Wiese natürlich die absolute Nummer eins in Bremen.

Dahinter hat Christian Vander weiter den zweiten Startplatz - auch wenn Sebastian Mielitz etwas nähergerückt ist. Torhüter Nummer vier bleibt Felix Wiedwald.

Die Abwehr ist dieselbe geblieben wie im letzten Jahr - was allerdings nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal sein muss. Es ist auch den eher durchschnittlichen (Offensiv-)Leistungen der beiden Außenverteidiger Sebastian Boenisch und Clemens Fritz geschuldet, dass Werder nur noch sehr selten auf das 4-4-2 zurückgreift.

Das Mittelfeld mit insgesamt fünf Spielern ist das Herz des Systems. Bei drei offensiv ausgerichteten Mittelfeldspielern ist die defensive Absicherung noch wichtiger als in jeder anderen Variante. Neben Routinier Torsten Frings hat sich der bissige Philipp Bargfrede längst als unverzichtbar erwiesen und gestandenen Spielern wie Tim Borowski oder Daniel Jensen im Zentrum den Rang abgelaufen.

Davor spielen Aaron Hunt, Mesut Özil und Marko Marin variabel, rochieren viel, lassen sich mal fallen, mal gehen sie abwechselnd mit in die Spitze. Das schafft jede Menge Räume und ist schwer auszurechnen. Besonders den spiel- und dribbelstarken Mittelfeldspielern Marin und Hunt kommt ihre offensive Ausrichtung zugute.

Zudem macht es den Mittelfeldblock in der Defensive kompakter, wenn sich zumindest zwei der drei Künstler nur ein paar Meter fallen lassen und so die beiden Sechser unterstützen. Die Außenspieler übernehmen den Job der Außenverteidiger zum Teil mit.

Sollte Özil den Verein doch noch verlassen, steht mit Hunt bereits dessen Nachfolger als Spielgestalter im Kader. In der Vorbereitung zeigte Hunt durchaus, dass er in die Rolle hineinwachsen kann.

Mit Claudio Pizarro steht im Angriff ein technisch starker Stürmer, der sowohl im Spielfluss eingebunden werden kann als auch bei der gewöhnlichen Flanke aus dem Halbfeld gefährlich wird.

Für das etablierte Personal ist das 4-2-3-1 das geeignetste Konzept, zumal Arnautovic sowohl im offensiven Mittelfeld als auch in vorderster Front eingesetzt werden kann und mindestens eine gute Option ist - wenn nicht sogar mehr. Dazu muss er aber sein selbstbezogenes, eigensinniges Spiel ändern und mannschaftsdienlicher machen.

Ein Problem: Mindestens drei Stürmer sitzen hier nur auf der Bank. Neben Arnautovic trifft es auch noch Hugo Almeida und Sandro Wagner. Völlig raus ist Markus Rosenberg, der bei einem entsprechenden Angebot  den Verein sofort verlassen kann.

Ein anderes Problem: Arnautovic hat schon in den ersten Wochen für Stunk gesorgt und steht durch seine hohe Ablösesumme (sechs  Millionen Euro) zusätzlich unter Druck. Der Österreicher ist ein Mysterium, weil er so begabt und doch so uneinsichtig ist und muss sich ganz schnell in seine Rolle einfinden, um nicht noch mehr Unruhe in die Mannschaft zu tragen.

Werders Varianten: 4-4-2 und 4-3-3