Neben dem FSV Mainz 05 ist Borussia Dortmund das Team der Stunde - doch könnte der BVB abheben? Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke über Traumschlösser und riskante Saisonziele.
SPOX: Herr Watzke, Dortmund ist nach sechs Spielen mit 15 Punkten Tabellenzweiter und zeigt beeindruckenden Fußball. Muss die Borussia nicht neue Saisonziele formulieren?
Hans-Joachim Watzke: Wir weigern uns seit Jahren schon, Ziele rauszugeben. Seit wir das überhaupt nicht mehr machen, läuft es am Allerbesten. Deswegen werden wir dabei auch in den nächsten Jahren bleiben.
SPOX: Was macht Sie zuversichtlich, dass die Mannschaft eine gute Rolle in der Liga spielen kann?
Watzke: Das sieht man daran, dass wir eine Mannschaft haben, die charakterlich top, zudem läuferisch und kämpferisch überragend ist. Jetzt entwickelt sie auch noch fußballerisch immer mehr Klasse. Letztes Jahr war das der erste Schritt. Nun hat sich jeder weiterentwickelt und offensiv ist eine Menge Qualität dazugekommen. Insofern haben wir eine gute Mannschaft. Es gibt aber noch mehr gute Teams in der Bundesliga. Was uns vielleicht auszeichnet, ist die mannschaftliche Geschlossenheit, wie man beim 3:1 bei St. Pauli wieder gesehen hat. Jeder ist in der Lage, Tore zu schießen.
SPOX: Hand aufs Herz, kommt das nächste Bundesligaspiel gegen Bayern gerade recht?
Watzke: Das nächste Bundesligaspiel interessiert mich nicht. Wenn ich den Terminplan richtig im Kopf habe, spielen wir am Donnerstag in der Europa League gegen den FC Sevilla (18.45 Uhr im LIVE-TICKER und auf Sat.1) und nicht schon gegen Bayern. Wir haben uns auch vor dem Spiel auf Schalke nicht lange mit dem Derby, sondern zunächst mit Lwiw beschäftigt. Genauso machen wir das jetzt auch. Ich kann nur jedem empfehlen, sich jetzt auf das Spiel gegen Sevilla zu konzentrieren. Erst ab 21 Uhr am Donnerstag geht der Blick auf das Bayern-Spiel, nicht vorher.
SPOX: Die Mannschaft spielt aber seit Wochen starken Fußball. Muss der Verein nicht auch in der Öffentlichkeit offensiver auftreten?
Watzke: Wir haben erst sechs Spiele gemacht. Mit 15 Punkten ist man immer noch in Abstiegsgefahr. Wir müssen punkten, punkten, punkten. Nach sechs Partien Traumschlösser zu bauen, bringt gar nichts. Wenn wir Ostern da noch stehen sollten, was sehr unwahrscheinlich ist, können wir über neue Saisonziele reden. Aber vorher werden wir in diese Richtung gar nichts unternehmen.
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SPOX: Die Gefahr, dass die Mannschaft die Bodenhaftung verliert, besteht also nicht?
Watzke: Nein, da besteht absolut keine Gefahr. Ich bin mir erstens ziemlich sicher, dass Trainer Jürgen Klopp und auch Sportdirektor Michael Zorc die Spieler schnell wieder runterholen würden, und zweitens glaube ich, dass die Mannschaft sowieso über jeden Zweifel erhaben ist.
SPOX: Eine weitere Mannschaft der Stunde ist Mainz 05. Glauben Sie, dass sich das Team im oberen Bereich halten kann?
Watzke: Andere Mannschaften interessieren mich nur, wenn sie der nächste Gegner sind. Ich freue mich aber extrem für Mainz, unsere Vereine sind sehr gut befreundet. Manager Christian Heidel und ich mailen uns nach jedem Spieltag, momentan sind die Mails sehr fröhlich. Mainz ist der Trainerentdecker Nummer eins in Deutschland.
SPOX: Ist es ein Zeichen von Charakterstärke, dass auch gegen vermeintlich schwächere Gegner wie St. Pauli souverän gewonnen wird?
Watzke: Wenn man gewinnt, ist das kein Zeichen von Charakter. Der zeigt sich aber die ganze Woche vor einem Spiel. Wie die Spieler mit all den Dingen, vor allem im Miteinander, umgeht. Das hat nichts damit zu tun, wie du auf St. Pauli auftrittst.