SPOX: Pokal-Gegner Schalke hat mit dem Brasilianer Danilo Avelar einen weiteren Linksverteidiger verpflichtet - was wohl nicht nötig gewesen wäre, wenn Sie im Sommer Felix Magaths Angebot angenommen hätten. Warum haben Sie sich für einen Verbleib in Nürnberg entschieden?
Javier Pinola: Ich bin ehrlich: Am Anfang dachte ich darüber nach, welche Vorzüge Schalke hat. Dass ein Wechsel vielleicht die einzige Chance in meiner Karriere bedeuten würde, in der Champions League zu spielen. Oder dass Schalke bekannter ist als Nürnberg und ich mehr in den Fokus der argentinischen Nationalmannschaft rücken könnte. Es war eine der schwersten Entscheidungen meines Lebens.
SPOX: Warum sagten Sie ab?
Pinola: Es war seltsam: Mit Schalke waren viele Details geklärt, aber irgendetwas sträubte sich in mir, obwohl ich mir bereits drei, vier Wochen Bedenkzeit genommen hatte. Eines Morgens nach dem Aufwachen aber war ich mir plötzlich sicher, dass ich in Nürnberg verlängere. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich etwas geträumt habe, an diesem Morgen hatte ich jedoch die Gewissheit, was das Richtige für mich ist. Nämlich für den Verein weiterzuspielen, zu dem ich eine besondere Verbindung aufgebaut habe.
SPOX: Die vermeintliche Söldner-Mentalität in der Bundesliga trifft auf Sie nicht zu?
Pinola: Ich bin nicht normal, zumindest denken das wahrscheinlich die meisten im Fußball-Geschäft. Für mich war es das Wichtigste, dass mich der Club immer halten wollte und mich gestärkt hat. Als Spieler sollten solche Dinge entscheidend sein.
SPOX: Nachdem Sie 2008 mit Nürnberg abstiegen waren, gelang dem Verein der sofortige Wiederaufstieg, woraufhin Sie vor laufenden Kameras wie ein Schlosshund geheult haben. Lassen sich solche Emotionen mit Ihrer Verbundenheit zum Club erklären?
Pinola: In dem Moment ging es weniger um Nürnberg als mehr um mich. Dass wir in der 2. Liga gespielt haben, fand ich für mich persönlich gar nicht so schlimm, dennoch war die Saison 2008/09 extrem belastend für mich, weil ich mich so sehr unter Druck gesetzt und ich mich verkrampft habe. Nachdem der Aufstieg feststand, konnte ich all das endlich rauslassen.
SPOX: Was hat Sie belastet?
Pinola: Ich wollte unbedingt alles richtig machen und Nürnberg wieder in die Bundesliga führen. Wie ich im Nachhinein weiß, war es die absolut falsche Herangehensweise: Ich habe vor lauter Verbissenheit meine Lockerheit und mein Selbstbewusstsein verloren. Richtig hart wurde es, als mir einige Fans vorwarfen, dass ich auf Nürnberg keinen Bock mehr hätte und nach dem Abstieg lieber abgehauen wäre. Das tat richtig weh. Dabei habe ich mein Bestes gegeben und hart trainiert, ich konnte es nur nicht umsetzen. Entsprechend groß war die Erleichterung, als wir doch aufgestiegen sind.
SPOX: Wie sehen Sie Ihren derzeitigen Leistungsstand?
Pinola: Ich bin noch nicht in der Form von 2007, als wir Pokalsieger wurden und ich den besten Fußball meiner Karriere gespielt habe, aber ich komme wieder heran. Ich lerne langsam, dass ich in der Vergangenheit offenbar zu kritisch mit meinen Leistungen war und mir zu viele Gedanken machte. Nach einem schwachen Spiel wollte ich noch mehr und noch mehr trainieren, aber dieser Ehrgeiz ist nicht immer gut. Seit einigen Monaten weiß ich, dass ich ruhig bleiben und einfach nur an Fußball denken muss, dann läuft es fast von alleine.
SPOX: 2007 wurden Sie bisher zum einzigen Mal in der argentinischen Nationalelf eingesetzt. Ist eine Rückkehr möglich?
Pinola: Es gibt auf jeden Fall über Assistenzcoach Jose Luis Brown lockeren Kontakt zum neuen Nationaltrainer Sergio Batista. Mein Berater wurde darum gebeten, ihm eine DVD mit einigen Spielen und Highlights von mir zu schicken. Mir wurde gesagt, dass ich warten und weiter meine Leistungen bringen soll.
SPOX: Fehlt Ihnen in Nürnberg nicht die Lobby?
Pinola: Bei einem größeren Klub wäre es vielleicht etwas einfacher, berücksichtigt zu werden, andererseits wurde ich 2007 nominiert, obwohl Nürnberg auch damals nicht so bekannt war. Ich muss ehrlich zu mir sein und sagen, dass ich in den Jahren 2007/08 und 2008/09 einfach nicht die Leistungen gebracht habe, um eine Berufung zu rechtfertigen.
SPOX: Doch was war mit der WM 2010? Die vielleicht größte Schwachstelle Argentiniens war die Linksverteidiger-Position. Wissen Sie, ob sich Diego Maradona mit Ihnen beschäftigt hat?
Pinola: Ich weiß nicht, ob Maradona meinen Namen überhaupt kennt. Aber zu ihm sage ich lieber nichts, bevor etwas falsch verstanden wird.
Hier geht's zu Teil II: Pinola und seine Liebe zur deutschen Sprache