Hamburger SV - Eintracht Frankfurt 1:0 (0:0)
Die Hamburger Krankheit: 15 Minuten lang dominierte der HSV die Eintracht mit schnellem Offensivspiel und aggressivem Pressing. Im Mittelfeld kontrollierten Ze Roberto und Trochowski, die allein in dieser Anfangsphase 7 von 9 Zweikämpfen gewannen. Danach aber fiel Hamburg in alte Muster zurück: Fehlende Laufbereitschaft im Spiel ohne Ball machten die Angriffe statisch, Tempo und Aggressivität gingen verloren. Die plötzliche Passivität in Zahlen: Bis zur 33. Minute führten Ze Roberto und Trochowski keinen einzigen weiteren Zweikampf mehr. Die individuelle Überlegenheit im Zentrum wurde verschenkt.
Einer der Hauptgründe war dabei die eher starre und konservative Staffelung im Mittelfeld (vgl. Video). Im Bemühen um taktische Disziplin agierten die HSV-Spieler auch bei eigenem Ballbesitz sehr positionsgetreu, wodurch das Spiel ohne Ball statisch und unflexibel wurde. Die Flügel klebten an der Außenlinie und arbeiteten nur selten in den gegnerischen Strafraum hinein. Ben-Hatira auf der Zehn spielte häufig auf einer Linie hinter van Nistelrooy. Und vor allem agierten Trochowski und Ze Roberto fast ausschließlich nebeneinander, anstatt abwechselnd Tiefe zu erzeugen.
Das logische Resultat: Es fehlte der Druck auf die Viererkette des Gegners, für die zweiten Bälle stand das HSV-Mittelfeld oft zu weit weg und kam im Zentrum nicht mehr in die Zweikämpfe. Durch zwei strikt nebeneinander im Rückraum postierte "Quarterbacks" als Sechser gingen außerdem Tiefe und Tempo im Spielaufbau verloren. So spielte Ze Roberto nur einen einzigen seiner insgesamt 62 Pässe zentral nach vorne, während er ganze 38 Mal quer oder zurück auf Trochowski und Aogo spielte. Auch die kontrollierten Seitenwechsel - wie im Handball über mindestens drei bis vier Stationen - waren zu langsam, um die Flügelspieler in Eins-gegen-Eins-Situationen zu bringen. Damit beraubte sich Hamburg auch einer weiteren Waffe: Nach der 15. Minute gingen Elia und (der allerdings auch angeschlagene) Pitroipa nur noch ganze drei Mal erfolgreich ins Dribbling - kein einziges Mal im letzten Drittel des Spielfelds.
Das Gegenmittel: Die Positionstreue der Hamburger führte andererseits aber auch zu einer konstant guten Ordnung in der Defensive. Darauf legte Trainer Veh gegen die konterstarken Frankfurter auch besonderes Augenmerk. Und immerhin fand er in der Pause auch ein Mittel, um über die Flügel trotzdem Druck zu erzeugen. Er stellte Ben-Hatira auf rechts, wo er mit langen, öffnenden Diagonalpässen aus der Abwehr immer wieder ins Eins-gegen-Eins geschickt wurde. Kurz nach dem Seitenwechsel spielten Trochowski und vor allem Westermann insgesamt fünf Mal unmittelbar nach der Balleroberung gezielt weit und diagonal auf den laufstarken Youngster. Ein Stilmittel, das in der ersten Hälfte komplett fehlte. Dabei gehört Westermann bei langen Pässen zu den präzisesten Spielern der Bundesliga. Auch gegen Frankfurt brachte er zwischen der 45. und 65. Minute alle vier Diagonalbälle an den Mann. Den letzten davon nutzte Ben-Hatira, ging an Petkovic vorbei und bereite das Tor für Petric vor.
Bayern: Van Gaals Umstellung hilft
Gegen das nominell aggressivste Team der Liga (Kaiserslautern spielt am häufigsten Foul) hatte der FC Bayern in der ersten Halbzeit erhebliche Mühe, die gewohnte Dominanz aufzubauen. Einer der messbaren Gründe: Die für Münchner Verhältnisse fast dramatisch schlechte Zweikampfquote von nur 44 Prozent. Abgesehen von van Bommel erreichte kein Spieler in den ersten 45 Minuten eine positive Bilanz.
Das Bild veränderte sich allerdings komplett in der zweiten Hälfte: Während Kaiserslautern nach dem Gegentor an Kompaktheit und taktischer Disziplin verlor, schraubten die Münchner ihre Quote auf überragende 60 Prozent. Die deutlichste Steigerung verzeichneten Pranjic und Gustavo, die dabei vor allem von ihrem Positionstausch kurz vor der Pause profitierten.
Mit 20 Prozent (Pranjic als Linksverteidiger) und 38 Prozent (Gustavo auf der Sechs) waren die beiden in Halbzeit eins die schlechtesten Zweikämpfer auf dem Platz. Nach ihrem Positionswechsel hatten sie mit 83 Prozent (Pranjic auf der Sechs) und 78 Prozent (Gustavo als Linksverteidiger) die besten Werte aller Akteure. Die auffälligste Veränderung in den Statistiken der Bayern. Abgesehen natürlich von den fünf Toren.
Verkehrte Welt in Dortmund und Hannover
Am Samstag scheiterten ausgerechnet zwei der effektivsten Teams der Liga an der eigenen Chancenverwertung. Hannover, mit 19 Prozent genutzter Torgelegenheiten auf Platz eins dieser Wertung, fand seinen Meister immer wieder in Manuel Neuer und verlor gegen Schalke. Und auch Tabellenführer Dortmund (17 Prozent, Platz 5) vergab etliche hochkarätige Chancen zum vorentscheidenden zweiten Treffer und musste sich schließlich mit einem 1:1 gegen Stuttgart zufrieden geben.
Für die tapfer kämpfenden Schwaben übrigens erst der zweite Punkt nach Rückstand. Zuvor gingen 10 von 11 Spielen nach einem 0:1 auch verloren. Einzig Köln reagiert noch schlechter auf Rückstände. Neun Mal lag der FC in dieser Saison 0:1 zurück - alle neun Spiele endeten mit einer Niederlage.Auch Hannovers Gegner Schalke hatte nicht nur einen starken Torhüter, sondern lieferte auch sonst ungewohnt gute Zahlen. So gewannen Höwedes und Metzelder in der Innenverteidigung stolze 20 von 23 direkten Duellen. Herausragende Statistiken - zumal Schalke mit einer Quote von 47 Prozent im Saisonverlauf bislang zu den zweikampfschwächsten Mannschaften zählt.
Außerdem feierte Raul ein starkes Comeback in Königsblau. Nachdem er in der Vorwoche mit null Torschüssen, null Torschussvorlagen und nur einem einzigen gewonnen Zweikampf gegen Hamburg unterging, kam er am Samstag auf sechs Torschüsse, eine Vorlage und neun gewonnene Zweikämpfe. Magath adelte die Leistung von Raul anschließend mit dem Prädikat "Weltklasse".