Michael Zorc wirkt zufrieden und in sich ruhend, wenn er im spanischen Jerez das Trainingsprogramm des Herbstmeisters verfolgt. Der Höhenflug von Borussia Dortmund ist auch das Resultat seiner Arbeit.
Mit viel Geschick und Gespür bei vergleichsweise bescheidenem finanziellen Einsatz bastelte der dienstälteste Manager der Liga einen Kader mit Qualität und Perspektive.
Schnäppchenjäger mit goldenem Händchen
Der Schnäppchen-Jäger bewies ein goldenes Händchen bei seinen Transfers. Sein größter Coup war die Verpflichtung des Japaners Shinji Kagawa. "Mit ihm haben wir absolut richtig gelegen. Das ist ein absoluter Glücksfall", sagt Zorc. Nur 350.000 Euro überwies der BVB für den 21 Jahre alten Mittelfeldspieler Kagawa an Cerezo Osaka - einen Zweitligisten.
Inzwischen ist der Marktwert von Kagawa, der wegen der Teilnahme am Asien-Cup bei der Rückrunden-Vorbereitung in Andalusien fehlt, um ein Vielfaches gestiegen. Ebenso der von Neven Subotic, Mats Hummels (beide 22 Jahre) oder Torjäger Lucas Barrios, für die der BVB jeweils nicht mehr als 4,5 Millionen Euro zahlte.
Alle haben längerfristige Verträge unterschrieben, sodass auch die Zukunft des Dortmunder "Juniorenteams", in dessen Anfangsformation in der Regel acht Spieler stehen, die nicht älter als 22 Jahre sind, gesichert scheint. Die Leistungsträger unter den Youngstern stehen zumindest bis 2013 unter Vertrag. Einzige Ausnahme: Jung-Nationalspieler Marcel Schmelzer. Dessen Vertrag bis 2012 soll in Kürze ebenfalls vorzeitig verlängert werden.
Entscheidung mit Weidenfeller im Januar
Ein Fragezeichen steht hinter Roman Weidenfeller (30). Der Torhüter pokert derzeit um einen längerfristigen Vertrag. Auch dieses Thema soll spätestens Ende Januar erledigt sein. "Wir haben die Jungs in ihrem Weihnachtsurlaub in Ruhe gelassen, damit sie auf andere Gedanken kommen. Wir stehen nicht unter Druck", sagt Zorc.
Seit 1998 zeichnet der Ex-Nationalspieler für den sportlichen Bereich verantwortlich. "Das ist kein Job, in dem du geliebt wirst, im Rampenlicht stehen andere", sagt Zorc. Der gebürtige Dortmunder ist in der 30. Saison beim BVB beschäftigt, von 1978 bis 1998 trug er das schwarz-gelbe Trikot. Sein erstes von insgesamt 443 Bundesligaspielen absolvierte er 1981. Nach einer Zeit mit Höhen und Tiefen hat er sich im Kreis der Bundesliga-Manager etabliert.
Derzeit verwaltet Zorc ein Budget von rund 35 Millionen Euro pro Saison. Das ist allenfalls Bundesliga-Mittelmaß, aber in Dortmund haben sie Demut lernen müssen, nachdem der BVB vor sechs Jahren aufgrund von Misswirtschaft und Größenwahn vor dem wirtschaftlichen Kollaps gestanden hatte.
"Für uns konnte es danach nur einen Weg geben, auf junge Talente zu setzen", sagt Zorc. In Trainer Jürgen Klopp fand er 2008 den geeigneten Partner, um die neue BVB-Philosophie umzusetzen. "Jürgen Klopp war mein bisher bester Transfer, er und der BVB haben sich gesucht und gefunden", sagt Zorc heute.
Keine großen Transfers
Zwar hat sich die Borussia finanziell erholt, doch an große Transfers ist weiterhin nicht zu denken. "Wir werden nur das ausgeben können, was wir eingenommen haben. Wir bekommen von der Geschäftsführung einen Etat und müssen das Beste daraus machen", erklärt Klopp, der seinen Vertrag ebenfalls vorzeitig bis 2014 verlängert hat.
Zorc hat beim BVB inzwischen fast alles erlebt: einen Fast-Abstieg, eine Fast-Insolvenz, aber in seiner Amtszeit auch schon eine deutsche Meisterschaft (2002). Beim Saisonfinale am 14. Mai könnte die zweite folgen, doch daran verschwendet der einstige Mittelfeldspieler noch keine Gedanken. "Wir wollen uns in erster Linie weiterentwickeln", sagt Zorc und meint damit auch sich selbst.