Frank Schaefer: Zurück zur Sicherheit

Von Jochen Tittmar
Frank Schaefer wird beim 1. FC Köln zur kommenden Saison wieder ins zweite Glied rücken
© Getty

Frank Schaefer hört am Saisonende als Trainer des 1. FC Köln auf. Eine Entscheidung gegen das Millionengeschäft Bundesliga und für das persönliche Wohlbefinden. Doch warum lässt Schaefer diese einmalige Chance verstreichen?

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"Ich bin sehr geradlinig. Wenn ich enttäuscht werde, bin ich ganz konsequent." Dieser Satz stammt von Frank Schaefer. Am Dienstag gab Kölns Coach bekannt, das Amt des Cheftrainers nach der Saison niederzulegen. Ein Rückzieher vom nächsten Karriereschub und dem großen Geld. Stattdessen eine Entscheidung für eine Lebensphilosophie, die mit den teils brachialen Anforderungen des Geschäfts Profifußball nicht vereinbar zu sein scheint.

Schaefer ein echter Kölner

Beobachter der Bundesliga sprechen von einem "mutigen Schritt" (Oliver Bierhoff), ziehen den Hut oder sind nur verwundert: Was ist dieser Frank Schaefer für ein Typ, um eine solch recht ungewöhnliche Entscheidung zu fällen?

In allererster Linie trifft das schlichte Prädikat "Kölner" auf Schaefer zu. Seit 1982 arbeitet der 47-Jährige mit hoher Leidenschaft für den Verein seiner Geburtsstadt. Er kennt daher das nervöse Umfeld wie kein Zweiter und ist mit den komplexen Strukturen innerhalb des Klubs bestens vertraut.

Sein Naturell als Coach ist vielschichtig, totale Akribie bis ins letzte Detail jedoch das hauptsächliche Merkmal. Schaefer unterwirft sich einem ständigen Prozess des Hinterfragens und Weiterbildens. Diese Methode förderte chirurgisch exakt vorbereitete Trainingseinheiten, einen kollektiven Ordnungssinn und ständige Umtriebigkeit zu Tage.

Mit Schaefer kommt der Erfolg

Bezeichnend, dass der "Kölner Stadtanzeiger" darüber rätselte, ob Schaefer nicht etwa "im Trainingsanzug auf die Welt gekommen" sei.

"Der Trainer erwartet in jedem Training 100 Prozent. Wer da nicht mitzieht, wird gleich bestraft. Dadurch haben wir uns gefunden", skizzierte mit Milivoje Novakovic ein Spieler Schaefers Credo. Trainerkollege Ralf Rangnick verwunderte es, "wie lange man in Köln gebraucht hat zu erkennen, welch guten Trainer die im Stall haben." Bei den zahlreichen Trainerwechseln der letzten Jahre stand Schaefers Name fast nie zur Debatte.

Schaefer, für die Vereinsverantwortlichen zu Beginn nur Interimslösung, brachte als Chefcoach für FC-Verhältnisse eine Erfolgswelle ins Rollen.

Publikum auf Schaefers Seite

Seit er das Amt von Zvonimir Soldo übernahm (9. Spieltag), hat sich die Punkteausbeute des FC versechsfacht. Sieben Heimspiele gewannen die Kölner in Serie und haben trotz zuletzt zweier Niederlagen weiterhin sechs Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz. Für sechs andere Bundesligavereine wären dies paradiesische Verhältnisse.

Schaefer schaffte es zudem, die Problemkinder Novakovic und Lukas Podolski sportlich zu harmonisieren und die Flügel effizienter ins Spiel einzubinden. Dank seiner Zeit als Jugendtrainer, in der er Akteure wie Lukas Podolski oder Christian Clemens anleitete, gelang es ihm, einen guten Draht zu den jüngeren Spielern im Kader aufzubauen.

Das Publikum hatte der Vater einer Tochter dank dieser Erfolge und seines Identifikation spendenden Charakters schnell auf seiner Seite.

Probleme in der Kabine

Doch Schaefers mannigfaltige (Trainer-)Persönlichkeit bereitete ihm in der eigenen Kabine auch Probleme, die schleichend den inneren Zusammenhalt und die Moral der Mannschaft untergruben.

Erfahrene Akteure wie Petit, Youssef Mohamad oder Geromel - so wird seit einiger Zeit kolportiert - lagen nicht auf einer Wellenlänge mit Schaefer und rebellierten gegen den Coach. Immer mehr Interna, etwa aus Mannschaftssitzungen, gelangten an die Öffentlichkeit.

Inwiefern der im Winter als neuer Sportdirektor installierte Volker Finke dabei eine Rolle spielte, ist letztlich schwer zu beurteilen. Der ehemalige Freiburg-Coach hielt sich zu Beginn seiner Amtszeit sehr bedeckt, rutschte jedoch immer mehr in die aus dem Breisgau bekannte dominante Rolle hinein und drang somit fast zwangsläufig in die Kompetenzbereiche Schaefers ein. Laut Medienberichten soll Finke nicht nur erste Anlaufstelle unzufriedener Spieler gewesen sein, sondern dem Trainer schlichtweg auch die Expertise abgesprochen und in Videoanalysen selbst das Wort erhoben haben.

Druck auf Schaefer erhöht sich

Alles Baustellen, die der Kölner Boulevard mit gewohnter Bissigkeit immer weiter einriss und damit nicht unerheblich dazu beitrug, dass Schaefers ungeklärte Zukunft über das Saisonende hinaus als ständiges Diskussionsthema erneut aufbrach. Der Druck auf Schaefer, der in dieser Sache ausreichend Bedenkzeit forderte und damit in erster Instanz das Ziel Klassenerhalt nicht gefährden wollte, erhöhte sich rasend schnell.

Aufgrund der konstruiert wirkenden Diskussion um Schaefers Glaube wurde er am Ende so groß, dass Schaefer bei der Bekanntgabe seiner finalen Entscheidung gar den Eindruck hatte, "dass ich den Verein belaste".

Der Trainer begründet seinen Rückzug als "Konsequenz aus dem in den letzten Monaten Erlebten". Sportlich gesehen war das, was ihm da passierte, eine ideale Bewerbung für einen neuen Vertrag. Doch das in dieser Branche große Drumherum, dessen Dimensionen immer undurchschaubarer werden, lässt sich für Schaefer wohl nicht mit seinen privaten und persönlichen Anschauungen vereinbaren.

Schaefer rückt wieder ins zweite Glied

Daher ehrt es Schaefer, wenn er die Kölner Medienlandschaft als "nicht entscheidend" für seinen Entschluss bezeichnet. Nicht auszuschließen, dass er nach der Saison die gleiche Entscheidung getroffen hätte.

Laut eigener Aussage widern Schaefer "Teile dieses Geschäfts" an und dringen zu sehr in sein Privatleben ein, um sich dort dauerhaft etablieren zu wollen. Kritiker werden sich freilich darauf berufen zu sagen, dass Schaefer die Härte und das Durchhaltevermögen für anspruchsvolle Aufgaben fehlt.

Es ist jedoch sehr bezeichnend für Schaefers Passion und Vereinsliebe, quasi freiwillig das Risiko einzugehen, als Bundesligatrainer vorerst in der Versenkung zu verschwinden und zeitgleich kein Problem darin zu sehen, in der kommenden Spielzeit wieder ins zweite Glied zu rücken.

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