Rolfes: "Im Fußball passieren kuriose Dinge"

Von Interview: Jörn Duddeck
Simon Rolfes wundert sich, dass die letzten Länderspiele ohne Bayer-Spieler stattfanden
© Getty

Gegen den FC St. Pauli ist Bayer Leverkusen ein "Big Point" gelungen, der Kampf um die Meisterschaft ist wieder spannend. Kapitän Simon Rolfes (29) spricht im Interview über die neue mentale Stärke der Werkself, sein Verhältnis zu Jupp Heynckes und die Nichtberücksichtigung in den letzten Länderspielen.

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SPOX: Herr Rolfes, obwohl in der Partie gegen den FC St. Pauli nicht alles rund lief, hat es doch zum Sieg gereicht. War das ein Big Point, den Bayer in der letzten Saison nicht geholt hätte?

Simon Rolfes: Diese Aussage habe ich in dieser Saison bestimmt schon sieben- bis achtmal gehört. Wir haben - mit Ausnahme Dortmund - eigentlich alle wichtigen Partien gewonnen. Natürlich ist das in diesem Jahr eine Qualität von uns. Allerdings war ich mir schon in der Winterpause sicher, dass wir in dieser Saison eine größere Stabilität haben als in der Hinserie - zu einem Zeitpunkt, als viele Experten auf einen Einbruch gehofft haben. Das bewahrheitet sich nun.

SPOX: Viele Experten hatten Bayer im Meisterschaftsrennen nicht mehr auf dem Zettel. Ist es eine besondere Motivation, es den Leuten mal zu zeigen, die in Bayer den ewigen Zweiten sehen?

Rolfes: Nein, denn das Ziel war im Winter klar auf die Champions League ausgerichtet. Man lässt sich davon nicht irritieren, wenn man um die eigene Stärke weiß.

SPOX: In den vergangenen Jahren wurde Bayer vor allem in wichtigen Spielen durch Gegentore schnell aus dem Konzept gebracht. Diesmal hatte man den Eindruck, dass der Rückstand die Mannschaft erst richtig gepusht hat.

Rolfes: Es war mit Sicherheit so. Nach dem Gegentor kam mehr Dynamik in unser Spiel, wobei man sagen muss, dass wir die Partie von Anfang an sehr gut im Griff hatten. Es wurde immer knapper, und wir hatten zunehmend bessere Einschussmöglichkeiten. Mit dem Rückstand war klar, dass wir mit mehr Dampf nach vorne spielen müssen, um das Spiel noch zu drehen. Natürlich war es wichtig, dass wir schnell den Ausgleich gemacht haben. Dadurch haben wir die Hamburger ziemlich geschockt.

SPOX: Die Meisterschaft scheint gar kein Thema in Leverkusen zu sein. Dabei ist Dortmunds Vorsprung auf fünf Punkte zusammengeschmolzen.

Rolfes: Der Vorsprung von Dortmund beträgt immer noch fünf Punkte. Das ist schon eine Menge Holz, aber im Fußball passieren mitunter kuriose Dinge. Es ist für uns die beste Situation, wenn der Rückstand auf die Dortmunder kleiner und der Punkteabstand zu den Konkurrenten um die Champions-League-Plätze größer wird.

SPOX: In München brennt nach der Entlassung von van Gaal der Baum. Merkt man Trainer Jupp Heynckes an, dass die Partie gegen seinen zukünftigen Verein jetzt zusätzlich an Brisanz gewinnt?

Rolfes: Ich glaube nicht, dass seine persönliche Motivation in dem Spiel größer sein wird als in anderen Partien. Er ist genau wie wir immer motiviert jedes Spiel zu gewinnen.

SPOX: Zu Jupp Heynckes hatten sie stets eine besonders gute Beziehung. Wieviel Wehmut schwingt bei Ihnen angesichts des Abschieds nach München mit?

Rolfes: Wir waren natürlich alle traurig darüber, dass er geht. Nicht nur die Spieler haben gerne mit ihm zusammengearbeitet, sondern alle im Verein. Selbstverständlich will man immer an einer erfolgreichen Konstellation festhalten, aber das geht im Fußball einfach nicht. Es kommen ja auch immer neue Spieler und die Mannschaft verändert sich jedes Jahr. Meine besondere Beziehung zu Jupp Heynckes rührt mit Sicherheit aus der Zeit meiner Verletzung. Er hat mir da unheimlich den Rücken gestärkt und auch die Zeit gegeben, um zurückzukommen.

SPOX: Heynckes hat mit seiner Entscheidung lange gezögert - zumindest öffentlich. Hat er im Mannschaftskreis bereits vorher angedeutet, was er machen wird?

Rolfes: Nein, das war kein Thema in der Mannschaft. Wir wussten alle, dass er nach dem Schalke-Spiel seine Entscheidung bekannt geben wird. Unsere Aufgabe ist es, die Spiele zu gewinnen und nicht, uns über solche Themen Gedanken zu machen. Von daher müssen wir seine Entscheidung akzeptieren.

SPOX: Sie gelten als Spielertyp, der dem Gegner meist filigran den Ball abläuft, anstatt ihn umzugrätschen. Inwieweit kommt es Ihnen entgegen, dass auch Ihr kommender Coach Robin Dutt mehr Wert auf Technik als auf Kraft und Kondition legt?

Rolfes: Da schätze ich die Vereinsverantwortlichen schon so clever ein, einen Trainer zu nehmen, der auch zu unserer Spielweise passt. Ich glaube nicht, dass wir auf einmal Erfolg hätten, wenn wir auf eine destruktive Spielweise umstellen würden. Robin Dutt ist sicher auch clever genug um zu sehen, dass man nur nach oben kommt, wenn man den Gegner auch spielerisch dominiert. Er weiß ja schließlich auch, was für eine Mannschaft er hier vorfindet und wo unsere Stärken liegen.

SPOX: Die letzten beiden Länderspiele fanden gänzlich ohne Bayer-Beteiligung statt. Wie sehr wurmt Sie das?

Rolfes: Es ist natürlich schon etwas komisch, dass wir als Bundesligazweiter beim letzten Mal keinen Spieler dabei hatten. Dabei sind wir keine Truppe, die nur mit Ausländern gespickt ist.

SPOX: Wie würden Sie das Verhältnis der Leverkusener und Dortmunder beschreiben, die im Blickfeld der Nationalelf stehen?

Rolfes: Wir führen einen ganz normalen Konkurrenzkampf, dem sich jeder stellen muss und den auch jeder gewohnt ist.

SPOX: Ihr Teamkollege Michael Ballack galt nach dem furiosen WM-Auftritt der DFB-Elf als abgeschrieben. Nun scheinen seine Karten wieder etwas besser geworden zu sein. Trotzdem bleibt er eine öffentliche Reizfigur. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Rolfes: Ich denke, dass die Medien da sehr viele Dinge unnötig hochkochen. Persönlich bin ich gut damit gefahren, dass ich nichts mehr dazu sage. In den letzten Wochen hat sich die öffentliche Debatte ja auch zum Glück etwas beruhigt.

Simon Rolfes im Steckbrief

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