Der Tiger nahm Reißaus, ohne eine Spur zu hinterlassen. Wenige Stunden nach Stefan Effenbergs vorzeitiger Flucht aus dem Stadion von Borussia Mönchengladbach hatte sich die großspurig angekündigte Revolution bereits in Luft aufgelöst.
Als der Putsch gescheitert war, wurde die Internetseite abgeschaltet, das Facebook-Profil gelöscht - nichts erinnerte mehr an die "Initiative Borussia" und ihren so wortgewaltigen Frontmann. "Das Thema ist erledigt. Definitiv", sagte Initiative-Sprecher Norbert Kox.
Die Borussia ist nach turbulenten Wochen in ruhigeres Fahrwasser zurückgekehrt. Und bereitet sich nun in Ruhe auf eine Saison vor, in der alles besser werden soll: "Wir haben aus unseren Fehlern gelernt. Künftig wollen wir nicht nur junge, sondern auch arrivierte Spieler im Kader haben", sagte Sportdirektor Max Eberl, der auf der Mitgliederversammlung neben Applaus aber auch viel Gegenwind erhielt.
Realismus statt Euphorie
Realismus statt Euphorie scheint somit das neue Motto des fünfmaligen Meisters zu sein. Zumindest das Wort "international" nimmt am Niederrhein so schnell wohl niemand mehr in den Mund.
"Wie werden bei der Formulierung unserer Saisonziele vorsichtiger sein. Da haben wir vielleicht zu hohe Erwartungen geweckt", sagte der ebenfalls stark kritisierte Präsident Rolf Königs, der aus dem Machtkampf mit Effenberg dennoch als Sieger hervorging.
Auch Trainer Lucien Favre warnte nach dem überraschenden Klassenerhalt vor überzogenen Erwartungen. "Wir dürfen jetzt nicht anfangen zu träumen. Es wird nicht so weitergehen wie in den letzten Spielen", sagte der Schweizer.
Das Grundgerüst der Mannschaft steht bereits, am Sonntag stellte die Borussia den 19 Jahre alten Joshua King als zweiten Neuzugang nach Matthew Leckie vor. "Jetzt hoffen wir auf eine sorgenfreie Saison", sagte Eberl.
Stefan Effenberg flüchtet vor Abstimmung
Zumindest Effenberg wird daran keinen Anteil haben. Lange vor der Abstimmung hatte der ehemalige Nationalspieler den Borussia-Park verlassen und entging so einem Spießrutenlauf vor den fast 5000 Mitgliedern.
"Ich habe ja mitbekommen, wie die Stimmung ist und dass die Mitglieder keine Veränderung wollen. Das akzeptiere ich natürlich", sagte Effenberg dem "Express". Er habe bewusst keine Rede mehr gehalten, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.
Krachende Niederlage für Effe
Zu spät hatte Effenberg erkannt, dass er sich vor einen Karren hatte spannen lassen, mit dem kein Rennen zu gewinnen war. Zu häufig wechselte die Initiative ihre Ansichten zur Vereinspolitik, zu undurchsichtig waren die Ziele der Personen im Hintergrund.
Die Niederlage war folglich eine krachende. Nur 335 Stimmen für die Satzungsänderungen, 4269 dagegen - von der nötigen Zweidrittelmehrheit war die Opposition meilenweit entfernt.
Jetzt dürfen alle Seiten nach einem emotionalen Saisonausklang durchatmen. "Wir freuen uns auf die Sommerpause", sagte Eberl. Damit war er am Sonntag im Borussia-Park nicht alleine.
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