Uli Hoeneß hat seit den massiven Fan-Protesten aus Teilen der Südkurve am 2. April nicht viel gesprochen - er hielt den Ball lieber flach. Nach Abschluss der Saison äußerte sich der Bayern-Präsident nun erstmals zu den Vorwürfen der eigenen Anhängern und zu seiner Gemütslage.
"Ich war schockiert", gesteht Hoeneß im Interview der "Sport-Bild". Bei den Protesten während des Spiels gegen Borussia Mönchengladbach habe es ihm "regelrecht die Sprache verschlagen". Vor allem die Tatsache, dass ihn die eigenen Fans als "Lügner" diffamierten, habe ihn "unheimlich getroffen".
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Dabei seien die Vorwürfe in Bezug auf den von der Anhängerschaft verhassten TSV 1860 München grundlegend falsch: "Wir haben bis heute dem TSV 1860 nicht einen Euro geschenkt."
Kein Nachgeben im Fall "Koan Neuer"
In punkto Manuel Neuer, den Teile der Südkurve partout nicht beim FC Bayern haben wollten, war seine Meinung indes von Anfang bis Ende unumstößlich.
"Wenn wir da nachgegeben hätten, wäre das der Anfang vom Ende des FC Bayern gewesen", sagte der 59-Jährige.
Man werde weiter Meinungen der Fans akzeptieren, die Entscheidung träfe man aber immer noch selbst.
Uli Hoeneß: "Mannschaft war zweifellos zu lieb"
Bei weiteren Neuzugängen für die kommende Bundesliga-Saison ist laut Hoeneß indes Geduld gefragt. "Bei Jerome Boateng sind wir guter Dinge, müssen aber jetzt abwarten", sagte er.
Ansonsten würde man sich um eine Alternative kümmern. Ein Innenverteidiger soll auf jeden Fall noch kommen, sagte Hoeneß.
Mit Rafinha habe man derweil die ideale Ergänzung gefunden - auch in kämpferischer Hinsicht. "Die Mannschaft war zweifellos zu lieb", meinte Hoeneß mit Blick auf die vergangene Saison und kreidete dies dem Ex-Trainer Louis van Gaal an: "Van Gaal hat ja geglaubt, man könne dem Gegner den Ball weggucken."
Hoeneß erinnerte daran, dass den Niederländer in der Champions-League-Vorrunde 2009/2010 nur ein 4:1 gegen Juventus Turin am letzten Gruppenspieltag gerettet habe, ohne diesen Erfolg "hätte er schon damals die Winterpause nicht überlebt".
Hoeneß bläst zur Verbal-Attacke
Als weitere Breitseite gegen den ehemaligen Coach sagte Hoeneß, es mache überhaupt keinen Sinn, den FC Barcelona zu kopieren: "Wir brauchen einen eigenen Weg, um erfolgreich zu sein."
Dazu gehört nach Ansicht des Präsidenten auch, wieder mehr in Richtung psychologischer Kriegsführung zu unternehmen, wie er unumwunden zugab.
Früher, sagte Hoeneß, habe der FC Bayern die Probleme des Gegners aufgedeckt und angesprochen, in der vergangenen Saison jedoch "waren wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt. Dabei hätten wir besser Dortmund und Leverkusen attackiert".
"War nicht gerade eine gute Idee von mir"
Verbal-Attacken gegen die Konkurrenz habe man einst "regelrecht geplant" und "Strategien" entwickelt: "Da kam mir in den vergangenen zwölf Monaten zu wenig."
Ein Fingerzeig an Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Christian Nerlinger: "Wir müssen wieder mehr die anderen attackieren!" Selbst die wenigen Versuche hätten nicht den gewünschten Effekt erzielt, gab er zu.
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Vor dem 3:1 von Borussia Dortmund bei den Münchnern habe er getönt, "dass wir denen gleich zwei Tore einschenken und es dann gut ist", erinnerte sich der Präsident, dies aber "war nicht gerade eine gute Idee von mir". Dortmund habe ein stabiles Fundament, auf den BVB müsse der FC Bayern aufpassen.
Heynckes - und dann Klopp?
Eine Idealvorstellung von Hoeneß wäre es zudem, wenn der neue Trainer Jupp Heynckes, der eine Zweijahresvertrages in München erhalten hat, an der Suche nach seinem Nachfolger beteiligt wäre.
Ob dies dann eventuell Jürgen Klopp sei, den Hoeneß vor drei Jahren intern bereits als Trainerkandidat für den FC Bayern gesehen hatte, wollte er nicht konkretisieren.
Es könne "niemand sagen, ob es schon damals gepasst hätte." Wäre Klopp, vor drei Jahren vom FSV Mainz zu Borussia Dortmund gewechselt, damals Meister mit den Bayern geworden, "hätte er bei uns jetzt einen langfristigen Vertrag".