SPOX: Glauben Sie, dass die europäische Finanzkrise bald auch Auswirkungen auf den Fußball haben wird?
Allofs: Sollte es eine europäische oder weltweite Krise geben, wäre es unnormal, wenn sich das nicht irgendwann auch auf den Fußball auswirken würde. Aber wie weit sich das auswirkt, kann man nicht sagen. Vielleicht kann der Fan seine Dauerkarte nicht mehr bezahlen oder sein Pay-TV-Abonnement. Aber ich glaube auch, dass die Unterhaltung, und im konkreten Fall die Bundesliga, gerade in Krisenzeiten immer auch eine sehr große Rolle spielen würde für die Menschen.
SPOX: Aber bleibt der Fußball auch für den Normalbürger finanzierbar?
Allofs: Da habe ich keine Befürchtungen. Wir haben in Deutschland im Vergleich zu den anderen großen Ligen immer noch die niedrigsten Eintrittspreise.
SPOX: Wie haben Sie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur TV-Exklusivvermarktung aufgenommen?
Allofs: Noch hat wohl niemand das Urteil komplett gelesen, bisher wurden ja nur Fragmente davon gebündelt veröffentlicht. Und trotzdem laufen alle los und sagen etwas dazu. Ich sehe das nicht so dramatisch, aber man wird sich unter Umständen wieder mit neuen Dingen auseinandersetzen müssen. Nur, so lange wir es nicht vollständig gelesen haben, kommentieren wir das im Detail nicht. Man könnte allerdings befürchten, dass es sich auf die Auslandsvermarktung der Bundesliga auswirken wird. Das wäre immerhin noch ein überschaubarer Betrag. Aber das wird jetzt alles von der DFL geprüft.
SPOX: Die Premier League liegt in der Auslandsvermarktung unangefochten an der Spitze. Es wird vermutet, dass es in England deshalb zu Problemen kommen könnte.
Allofs: Ich will mir jetzt keine Gedanken zur Premier League machen. Da sind mir zu viele Konjunktive im Spiel, auch wenn die Premier League ihren größten Anteil durch die TV-Vermarktung verdient. Aber wer weiß: Vielleicht findet sich ja wieder einer, der auf anderer Seite dann noch mehr Geld in einen Verein steckt.
SPOX: Könnte ein Liga-eigener Sender der DFL nicht viele Probleme lösen?
Allofs: Vielleicht könnte es so einen eigenen Sender in Zukunft irgendwann geben. Aber das sind nicht die vordringlichsten Überlegungen. In erster Linie geht es darum, dass es immer einen Wettbewerb gibt. Das ist nicht nur gut für den Fußball oder die DFL, sondern letztlich auch immer für den Verbraucher.
SPOX: Sind die Einnahmequellen im Fußball generell nicht schon ziemlich ausgereizt oder gibt es unberührtes Land?
Allofs: Wir sind im Sponsoringbereich und in der Stadionauslastung ziemlich weit vorangeschritten. Und wenn der Fußball für alle Fans finanzierbar bleiben soll, sind zumindest beim zweiten Punkt keine großen Sprünge mehr drin. Das ist ausgereizt, die Steigerungsraten der letzten Jahre wird es hier nicht mehr geben. Anders ist es bei den TV-Rechten. Hier müssen wir in Deutschland sehen, wie sich das Pay-TV beziehungsweise die Öffentlich-Rechtlichen Sender positionieren. Nicht zu vergessen den Bereich der neuen Medien, in denen es vielleicht noch Felder gibt, die wir jetzt noch gar nicht absehen können. Da gibt es meiner Meinung nach noch eine Menge Fantasien.
SPOX: Werden die Medien von Spielern und Spielervermittlern zu stark instrumentalisiert?
Allofs: Im Einzelfall mag das so sein. Aber worauf sollen wir hinarbeiten? Auf die heile Welt? Am liebsten hätten wir es natürlich, dass die Dinge so dargestellt werden, wie sie wirklich sind. Aber jeder hat seinen eigenen Blickwinkel. Die Bundesliga zieht ihre Popularität ja auch daraus, dass über alles berichtet und von verschiedenen Seiten beleuchtet wird. Da gibt es immer Interessenkonflikte. Wichtig ist für uns, dass wir auf Druck von außen nicht unvernünftig reagieren.
SPOX: Was halten Sie von den Vorschlägen, auch für Manager oder Sportdirektoren einen eigenen Ausbildungszweig zu installieren, analog zur Trainerausbildung beim DFB?
Allofs: Ausbildung ist prinzipiell immer gut. Aber wie sollte die hier aussehen? Der Job, den ich hier bei Werder mache, ist bei den Bayern schon wieder ganz anders und beim HSV auch. Das Berufsbild ist zu unklar, als dass man jemanden gezielt darauf vorbereiten könnte. Man lernt eher als Auszubildender im Verein, an der Seite von Leuten, die damit schon Erfahrungen haben, die Entscheidungen treffen mussten oder eine Mannschaft aufbauen. Für die vielen Unterbereiche gibt es in jedem Klub besser ausgebildete Kräfte als einen Sportdirektor. Diese Abteilungen aber zusammenzuführen, ist letztlich das entscheidende. Es wird im Profi-Fußball nicht die Managerkarriere vom Reißbrett geben. Keiner wird ein Diplom machen und dann sagen: ‚So, und damit gehe ich jetzt zu Bayern München...'.
SPOX: Im Dezember werden Sie 55 Jahre alt. Gibt es für Sie eine Altersgrenze, bei der Sie aufhören wollen mit dem Profi-Fußball?
Allofs: Nein. Wenn ich sagen würde, ich will mit 60 aufhören und habe dann aber in zwei Jahren keine Lust mehr - was mache ich dann? Kann ich dann meine eigenen Zielvorgaben nicht mehr erfüllen? In diesem Job kann man nicht aufs Rentenalter hinarbeiten, dafür ist der Beruf viel zu intensiv. Man merkt das dann schon, wenn man in einem Bereich nachlässt. Deshalb sollte man das besser von Jahr zu Jahr überprüfen und entscheiden.
SPOX: Macht Ihnen der Job noch Spaß?
Allofs: Wenn man das Glück hat, diesen Beruf sowohl als Aktiver und später auch in anderer Funktion auszuüben, ist das ein großes Privileg. Wer kann das schon von sich behaupten, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben? Auch wenn es unangenehme Phasen gibt, überwiegt letztlich doch immer die Freude. Wobei sich Freude nicht unbedingt nur über Gewinnen oder Erfolg definiert. Die Herausforderung an sich bereitet mir immer noch Spaß.
SPOX: Gibt es schon einen Termin, an dem Sie sich mit dem Aufsichtsrat über Ihre Zukunft unterhalten wollen?
Allofs: Nein - und wenn doch, hätte ich ihn jetzt gerade wieder vergessen.
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