Februar 2008: Die Polizei untersucht die Geschäftsräume beim DFB und bei der DFL wegen "des Verdachts wettbewerbsbeschränkender Absprachen". Der konkrete Vorwurf: Die Fußballverbände sollen eine Arbeitsgruppe für den Bereich Sponsoring gebildet haben. Sie wollten demnach offenbar verhindern, dass DFB und Lizenzvereine um ein und denselben Sponsor konkurrieren.
Der DFB wehrt sich. "Dieser Vorfall ist für uns alle unfassbar", erklärt Generalsekretär Wolfgang Niersbach. "Wir erkennen nicht den Hauch eines Ansatzes für unrechtmäßiges Verhalten bei uns."
Auch Zwanziger reagiert ohne Verständnis. "Was in diesem Staat passiert, ist nicht mehr nachvollziehbar. Wo sind wir denn, wenn Kommunikation schon gleich die Bildung eines Kartells sein soll?" Der DFB habe sich mit der DFL sowohl in Marketing- und Fernseh-Angelegenheiten wie in Fragen der Sicherheit ausgetauscht.
Oktober 2008: Der Journalist Jens Weinreich nennt Zwanziger in einem Blogbeitrag einen "unglaublichen Demagogen". Weinreich bezieht sich damit auf Zwanzigers Rede auf dem DOSB-Kongress im Juli 2008, inhaltlich ging es dabei um die Einmischung des Kartellamts in den Profi-Fußball.
Zwanziger fühlt sich durch die Aussage diffamiert und in die rechte Ecke gerückt, sein Anwalt wirft dem Journalisten "eine schwere Persönlichkeitsverletzung" seines Mandanten vor und verlangt eine Unterlassungserklärung.
Die Presseabteilung des DFB verschickt eine Pressemitteilung mit dem Titel "DFB missbilligt Diffamierung von Dr. Theo Zwanziger", die zu erheblichen Irritationen führt. Besonders in der Blogger-Szene, in zahllosen Internetforen und in den Printmedien wird der Fall behandelt, Zwanziger hat die mediale Wucht der Auseinandersetzung offenbar komplett unterschätzt.
Im Dezember droht der Präsident dann sogar mit Rücktritt. "Wenn das verfassungsrechtlich zulässig ist, werde ich sehr ernsthaft erwägen, ob ich dieses Amt weiterführe! Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Es wird ein Urteil geben. Ich werde meine persönliche Ehre nicht auf dem Altar des Amtes opfern."
Im März 2009 legen beide Parteien ihren Rechtsstreit bei. Zwanziger ist bis dahin bereits durch insgesamt fünf Instanzen gegangen und hat fünfmal verloren. Wenige Monate später strukturiert der DFB seine Presseabteilung um.
November 2009: Robert Enke begeht am 10. November Selbstmord. Der Nationalkeeper wirft sich in der Nähe von Hannover vor einen Zug. Die Nation steht unter Schock, am Tag danach gibt Enkes Ehefrau Teresa auf einer Pressekonferenz bekannt, ihr Mann habe seit Jahren schon an Depressionen gelitten.
Der DFB sagt das wenige Tage danach geplante Länderspiel gegen Chile ab. Zwanziger hält bei Enkes öffentlicher Beisetzung im Stadion in Hannover eine bewegende Rede und fordert die Enttabuisierung des Themas Depressionen.
"Wir müssen dazu kommen, dass im Fußball jeder ohne Angst leben kann. Unter einem ähnlichen Druck stehen beispielsweise auch homosexuelle Fußballer. Das martialische Denken nach dem Motto 'Ich darf keine Schwächen zeigen, ich muss der Stärkste sein' muss aufhören."
Im Januar 2007 hatte sich bereits Sebastian Deisler aus dem Profi-Fußball zurückgezogen. Auch der Bayern-Spieler litt unter Depressionen. Wenige Tage nach Enkes Tod gibt St.-Pauli-Profi Andreas Biermann zu, ebenfalls an Depressionen zu leiden und bereits einen Suizidversuch unternommen zu haben.
Immerhin führt die Tragödie um Enke dazu, dass sich in den folgenden Monaten und Jahren andere Protagonisten mit ihrer Krankheit mutig an die Öffentlichkeit trauen.
Januar 2010: Die Vertragsverhandlungen zwischen DFB und Bundestrainer Joachim Löw und seinem Team scheitern. Zuerst sollen Löw und Teammanager Oliver Bierhoff zu hohe Forderungen gestellt haben, danach stellt Zwanziger den beiden ein 48-Stunden-Ultimatum. Die Fronten sind rund 120 Tage vor der Weltmeisterschaft total verhärtet.
"So geht man mit dem Bundestrainer nicht um", erzürnt sich Bierhoff. Löw wiederum, den Zwanziger anders als Bierhoff um jeden Preis halten will, stellt klar: "Bierhoff und mich gibt es nur zusammen." Anfang Februar beenden beide Seiten den Streit und legen alle Verhandlungen bis nach der WM auf Eis. Erst dann soll über die weitere Zukunft des Trainerstabs entschieden werden.
Im Juli verlängern Löw, Bierhoff sowie der restliche Trainerstab dann nach der erfolgreichen WM ihre Verträge bis 2014.
Februar 2010: Die Schiedsrichteraffäre um Manfred Amerell und Michael Kempter wird publik. Amerell soll seine Funktion als Schiedsrichterbeobachter ausgenutzt und Kempter sexuell belästigt haben. Amerell spricht später von einvernehmlichen Annäherungen. Es melden sich nach internen Gesprächen noch weitere Schiedsrichter, die Amerell belasten. "Vor allem brauchen wir Transparenz", sagt Zwanziger.
Schnell prescht er vor und erklärt die Sache auf einer Pressekonferenz in Duisburg als Verbandsverfahren. Der DFB-Präsident schlägt sich voreilig auf die Seite von Kempter, ohne dabei dem beschuldigten Amerell Akteneinsicht zu gewähren. Der tritt von allen Ämtern beim DFB zurück.
Die Affäre weitet sich immer mehr aus, Amerell streut aus dem Hintergrund immer neue Angriffe auf den DFB und seinen Präsidenten. Zwanziger kündigt seinen Rücktritt an, sofern der DFB den Rechtsstreit mit Amerell verlieren sollte.
"Das Thema ist von Beginn an falsch angefasst worden", kritisiert Werder-Manager Klaus Allofs. "Ich glaube, dass sich der DFB da ein wenig überschätzt hat." Anfang März einigen sich der DFB und Amerell auf einen außergerichtlichen Vergleich.
"Der DFB hat korrekt gehandelt. Es gibt klare Ergebnisse, die Transparenz ist da. Der DFB ist kein Verband, in dem versteckt und gemauschelt wird", so Zwanziger. Er habe alles "im Griff".
Juni 2011: Am 1. Juni wird FIFA-Präsident Joseph Blatter in seinem Amt bestätigt - auch mit der Stimme des DFB. Trotz anhaltender Korruptionsvorwürfe gegen den Schweizer und weitere Mitglieder der FIFA-Exekutive sieht der DFB keine Veranlassung, gegen Blatter zu votieren. Vorher hatte Zwanziger gegen den Antrag von FA-Präsidenten David Bernstein gestimmt, die Wahl zu verschieben.
"Es gab Verdachtsmomente gegen Blatter, die hat die Ethikkommission ausgeräumt", sagt FIFA-Exekutivmitglied Zwanziger halbherzig. Vor allem der FC Bayern greift den DFB und seinen Präsidenten danach scharf an.
"Die Haltung des DFB in dieser Sache stört mich. Herr Zwanziger ließ keinen Zweifel daran, dass man Blatter wählen wird. Ganz nach dem Motto: 'Augen zu und durch.'", sagt Bayern-Präsident Uli Hoeneß. "Ich bin enttäuscht, dass der DFB vor diesen unseriösen Machenschaften die Augen verschließt und nicht gegen Blatter Druck macht. Wegschauen heißt auch akzeptieren. Wer das tut, ist mitschuldig."
Sein Kollege Karl-Heinz Rummenigge reagiert ebenfalls energisch. "Die Politik, die er gegenüber dem Fifa-Präsidenten Sepp Blatter verfolgt, finde ich nicht sehr klug: Blatter stets zu verteidigen, obwohl die ganze Welt weiß, wie es wirklich ist. Für die Korruption bei der FIFA gibt es genug Beweise, das wird auch Zwanziger nicht ändern. Der DFB-Präsident muss aufpassen."
Der von Zwanziger angekündigte Runde Tisch noch vor der Frauen-WM fällt aus - weil einige Beteiligte (Rummenigge, Beckenbauer) keine Zeit mehr hätten.