Vizepräsident Rainer Koch hat sich im Streit mit DFB-Boss Theo Zwanziger Pluspunkte erworben, doch der Steuerskandal bei den deutschen Schiedsrichtern weitet sich trotz des Krisengipfels weiter aus: Während der zuletzt wegen eines vermeintlichen Alleingangs in die Kritik geratene Koch den früheren Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell überraschend zu einem Vermittlungsgespräch mit dem DFB bewegen konnte, scheinen die Steuerfahnder den verdächtigen DFB-Referees vor allem mit Blick auf ausländische Konten zunehmend auf die Spur zu kommen.
Zwar wehrte sich Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel nach der Sitzung am Freitag mit 35 der 41 Erst- und Zweitliga-Referees in der DFB-Zentrale in Frankfurt/Main gegen einen "Generalverdacht", doch die neuesten Informationen dürften den Konzertpianisten aus Kyllburg kaum beruhigen.
UEFA überwies offenbar Geld ins Ausland
Denn neben dem Weltverband FIFA hat offenbar auch die UEFA die Honorare deutscher Schiedsrichter einfach auf Auslandskonten überwiesen. Die Steuerfahnder werten die Zahlungen der FIFA und der UEFA auf Konten in der Schweiz und Liechtenstein nach Informationen von Spiegel online als "Beihilfe zur Steuerhinterziehung". Es soll um sechsstellige Summen gehen.
"Wir können den Schiedsrichtern nur anbieten, dass sie sich selbst von dem öffentlichen Druck entbinden können, wenn sie vorerst keine Spiele leiten möchten", sagte Fandel, der aber bislang offenbar noch nicht genau weiß, welche 21 Schiedsrichter unter Verdacht stehen: "Wir dürfen uns nicht von der Hektik treiben lassen. Wir wollen keine Gerüchte in die Welt setzen, wir müssen Fakten schaffen. Es liegt in unserem Interesse, die offenen Fragen zügig aufzuklären. Wir werden die Namen der betroffenen Schiedsrichter in aller Ruhe aufarbeiten."
Die Steuerfahnder arbeiten derweil auf Hochtouren. Nach Angaben der Fahnder sollen die internationalen Dachverbände "die Idee", den Unparteiischen Honorare auf Konten im Ausland zu zahlen, "verbreitet und aktiv gefördert haben". Nach Einschätzung der Ermittler ist diese Praxis ein "eindeutiger Verstoß gegen die eigenen Ethik- und Compliance-Richtlinien", die sich die UEFA und die FIFA selbst auferlegt haben.
Die UEFA bestätigte die Zahlung von Honoraren auf ausländische Konten, wehrte sich aber vehement gegen die Aussagen der Ermittler: "Kein Reglement der UEFA erwähnt, dass Schiedsrichter, die im Auftrag der UEFA tätig sind, ihr Honorar auf Konten in Ländern gezahlt bekommen sollten, in denen sie ihren Wohnsitz haben. Dennoch ist allen Schiedsrichtern sehr deutlich gemacht worden, dass sie ihre Einnahmen durch die UEFA gemäß der Regelungen in ihren jeweiligen Ländern versteuern müssen."
Fandel wehrt sich gegen Generalverdacht
Fandel unterstrich nach der Sitzung, dass es sich bei den Steuervergehen der Schiedsrichter um eine "rein private Angelegenheit" handele: "Wenn ich all dem glauben würde, was derzeit kommuniziert wird, dann müssten mir schon die Haare zu Berge stehen. Auch wenn bei den Steuerabgaben möglicherweise nicht alles in Ordnung ist, schadet ein Generalverdacht dem gesamten deutschen Fußball."
Eine überraschende Wende ergab sich am Freitag in Sachen Amerell. Der ehemalige Schiedsrichter-Obmann akzeptierte nach dem Treffen mit Koch das Vermittlungsangebot des DFB und stimmt einer Mediation durch den ehemaligen evangelischen Bischof Wolfgang Huber zu.
Dieser soll als Mediator zwischen dem DFB, Amerell und dem Schiedsrichter Michael Kempter fungieren. Zwischen Amerell und Kempter gibt es seit geraumer Zeit gerichtliche Scharmützel. Am 7. Dezember ist vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ein weiterer Termin anberaumt.
Vermittlungstermin zwischen Amarell und Kempter
Lange Zeit hatte sich Amerell abschätzig über die vom DFB angeregte Vermittlung geäußert. Er hatte dies gar als "PR-Gag" abgetan. Nun wurde Amerell offensichtlich durch Koch umgestimmt.
Laut Langer legt Amerell "größten Wert auf die Feststellung", dass das Treffen am Freitag "einzig auf die Initiative des DFB-Vizepräsidenten Dr. Rainer Koch sowie auf das letzte Woche geführte Sondierungsgespräch zurückzuführen ist". Professor Huber und Herr Koch hätten ihre besonderen Fähigkeiten als ehrliche und faire Vermittler unter Beweis gestellt, erklärte Langer - ein eindeutiger Seitenhieb gegen Zwanziger.
Daraufhin ließ Zwanziger über seinen Sprecher Stephan Brause verlauten: "Wir begrüßen, dass Herr Amerell nun an dem von Dr. Zwanziger auf den Weg gebrachten Mediationsverfahren teilnehmen möchte. Scheinbar wurde das heutige Treffen von Prof. Huber mit den Anwälten Amerells auch durch die offensichtliche Nähe von Herrn Koch zu Herrn Amerell begünstigt. Angesichts dieser erfreulichen Entwicklung ist es umso unverständlicher, warum Herr Koch den DFB in dieser sensiblen Angelegenheit nicht über seine Rolle informiert hat."
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