Zeit, dass sich was dreht

Oliver Wittenburg
05. Januar 201219:49
Cacau kam in der Vorrunde in allen 17 Spielen zum Einsatz und erzielte vier TrefferGetty
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Didier Ya Konan von Hannover 96 ist so einer. Tobias Weis aus Hoffenheim oder Michael Mancienne vom Hamburger SV ebenso. Dortmunds Lucas Barrios oder Stuttgarts Cacau gehören auch dazu. Sie allle sind mit großen Erwartungen in die Saison gestartet, haben aber die Hoffnungen nicht erfüllt. Sei es aus eigenem Verschulden oder einfach, weil sie Pech hatten. Für alle gilt: In der Rückrunde müssen sie sich steigern, weil sie ihr Klub dringend braucht oder weil sie die Weichen für ihre persönliche Zukunft stellen müssen.

Cacau, VfB Stuttgart

Die Saison begann so fulminant für Cacau: In den ersten beiden Spielen gegen Schalke und in Gladbach traf er, dazwischen durfte er vor heimischem Publikum im Testspiel gegen seine alte Heimat Brasilien auflaufen. Danach folgte aber schnell die Ernüchterung. Cacau blieb fünf Spiele in Folge torlos, wirkte immer verkrampfter und im 4-2-3-1-System des VfB als einzige Spitze auch nicht mehr gut aufgehoben.

Angebliche Streitereien mit Mitspielern fanden den Weg in die Medien, auf dem Platz haderte Cacau schnell mit sich und den Kollegen und ritt sich dadurch nur immer tiefer in die Abwärtsspirale. Der Kapitän, der sich in der letzten Saison trotz einer hartnäckigen Leistenverletzung im Abstiegskampf für seinen Klub aufgerieben hatte, war drauf und dran, seinen Kredit allmählich zu verspielen.

Die Fans wurden immer unruhiger, Trainer Bruno Labbadia erteilte ihm zum Ende der Hinrunde mehrere Denkpausen, stellte das System auf 4-4-2 um, um Cacau aus seinem Tief zu helfen. In der Nationalmannschaft ist der Stuttgarter immer noch ein Kandidat für den erweiterten Kader - was allerdings nicht Cacaus guten Leistungen geschuldet ist, sondern vielmehr der Tatsache, dass sich zu Mario Gomez und Miroslav Klose schlicht keine Alternativen auftun.

Das letzte halbe Jahr war aus Cacaus Sicht beinahe ein verschenktes. Immerhin fand er im letzten Saisonspiel beim Pokalsieg über den HSV mit einem Doppelpack wieder zu alter Gefährlichkeit zurück.

Oscar Wendt, Borussia Mönchengladbach

Einen richtig guten Fang meinte die Borussia gemacht zu haben. Denn schließlich eilte Wendt der Ruf des besten Linksverteidigers der dänischen Liga voraus und außerdem hatte er in seinen fünf Jahren beim FC Kopenhagen reichlich Erfahrung in der Champions und Europa League gesammelt.

Dass sich der schwedische Nationalspieler erst noch an das höhere Niveau der Bundesliga würde gewöhnen müssen, war allen klar, doch dass er letztlich überhaupt keine Rolle spielte, war doch verblüffend. Zwei Spiele absolvierte der Schwede über 90 Minuten, beide verlor die Borussia mit 0:1 und Wendt wusste weder in Freiburg noch in Sinsheim zu überzeugen.

Noch im September sagte der 26-Jährige selbstbewusst, er verliere ganz sicher nicht die Nerven und: "Dass ich spiele, ist doch nur eine Frage der Zeit." Doch den Zweikampf mit Borussen-Kapitän Filip Daems hat er haushoch verloren. Ende Dezember klang er dann so: "Nach Weihnachten müssen wir über meine Situation reden. Natürlich bin ich nicht zufrieden."

Zuletzt kursierten Gerüchte über einen Wechsel in die Niederlande und sein Berater Niclas Jensen bestätigte die eine oder andere Anfrage. Doch einer Ausleihe oder einem Verkauf im Winter erteilte Gladbach eine klare Absage. Für Jensen ist die verweigerte Freigabe ein eindeutiges Signal: Trainer Lucien Favre plant weiter mit Wendt. In der Vorbereitung auf die Rückrunde hat er erneut die Chance, sich anzubieten und den Rückstand auf den routinierten Belgier Daems zu verringern. Wendt hat bei der Borussia einen Vertrag bis 2014 unterschrieben und Daems ist 33.

Didier Ya Konan, Hannover 96

Seine erste Saison in Hannover war schon gut, die zweite der Durchbruch in die Riege der Topstürmer der Bundesliga. 14 Tore und 7 Assists sammelte Ya Konan in der vergangenen Spielzeit und hatte entscheidenden Anteil daran, dass sich die Niedersachsen für die Europa League qualifizierten.

Doch in dieser Saison ist der Ivorer kein großer Faktor: Nur ein Tor erzielte er in 15 Einsätzen, von denen er die meisten als Joker absolvierte. Abdellaoue und Schlaudraff haben dem 27-Jährigen klar den Rang abgelaufen. Ursachen dafür gibt es einige: Er verpasst die Saisonvorbereitung verletzungsbedingt und plagte sich lange damit, gerade im physischen Bereich den Anschluss zu finden.

Auch hieß es, die mangelnde Spritzigkeit sei darauf zurückzuführen, dass er mit ein paar Pfunden zu viel aus der Sommerpause nach Hannover zurückgekehrt sei. Die "Bild-Zeitung" wollte auch psychische Probleme ausgemacht haben. Ya Konan sei ein Einzelgänger hieß es im Oktober und ein anonymer Mitspieler warf ihm mangelndes Engagement im Training vor. Im Dezember 2010 verlängerte Hannover vorzeitig mit ihm bis 2014 und hob seine Bezüge deutlich an. Im vergangenen Sommer war immer wieder von Interessenten aus der Bundesliga und dem Ausland zu hören, doch Ya Konan bekannte sich klar zu 96.

Ob sich seine sportliche Perspektive für die Rückrunde deutlich bessern wird, ist fraglich. Sollte er für den Afrika-Cup-Kader der Elfenbeinküste nominiert werden, wird er einen Großteil der Saisonvorbereitung verpassen und 96 bis zu sechs Wochen fehlen.

Mehmet Ekici, Werder Bremen

Man kann mit weniger Ballast in eine Saison gehen als Mehmet Ekici. Nach nur einer Bundesliga-Saison für fünf Millionen Euro zu einem Klub mit internationalen Ambitionen zu wechseln und dort zumindest einen Teil der Lücke zu füllen, die kein Geringerer als Mesut Özil hinterlassen hat, ist sicher alles andere als die ideale Voraussetzung für einen unbeschwerten Start.

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Dennoch erwartete man in Bremen keine Wunderdinge vom türkischen Nationalspieler, rechnete aber sicher auch nicht damit, dass der Top-Neuzugang zum Sorgenkind würde. In 14 Einsätzen brachte der offensive Mittelfeldspieler nur einen Treffer zustande, in der Kategorie Vorlagen steht bei ihm die Null. In keinem Spiel stand er über 90 Minuten auf dem Platz, wurde acht Mal ein- und sechs Mal ausgewechselt.

Ende November kritisierte Geschäftsführer Klaus Allofs: "Die Lockerheit, die er zu Nürnberger Zeiten hatte, ist im Moment nicht da. Mehmet muss dagegen ankämpfen, es kommt sicher nicht von alleine." Noch wirkt Ekici wie ein Fremdkörper im Bremer Spiel, dabei müsste ihm die Schaaf'sche Raute durchaus liegen, ob als Außen oder auf der Zehn.

Dass er nahtlos die Lücke schließt, die Özil hinterließ, war und ist nicht zu erwarten, dennoch muss der 21-Jährige zwingend an seinem Zweikampfverhalten, seiner Schnelligkeit und Robustheit arbeiten. In Bremen stärkt man ihm demonstrativ den Rücken und verspricht, die nötige Geduld zu haben, denn Ekici ist und bleibt eine Investition in die Zukunft, was sich nicht nur an seinem Kontrakt ablesen lässt. Der läuft bis 2015.

Tobias Weis, 1899 Hoffenheim

2009 debütierte Weis in der deutschen Nationalmannschaft, in der Saison 2011/2012 stehen für ihn je zwei Einsätze in der Bundesliga und der Regionalliga zu Buche. Was dazwischen passiert ist, lässt sich am besten seiner Krankenakte entnehmen: Zwei Operationen am Knie, eine Fuß-OP, ein Außenmeniskuseinriss und ein Kahnbeinbruch stehen da neben diversen anderen Blessuren.

In Hoffenheims legendärer Aufstiegssaison war er gesetzt und stand in 31 Spielen seinen Mann, seitdem kamen in zweieinhalb Saisons ganze 34 Bundesliga-Einsätze dazu. Zuletzt hatte es Irritationen um den 26-Jährigen gegeben, weil Manager Tanner die Verlängerung seines im kommenden Sommer auslaufenden Vertrags infrage stellte und somit zwangsläufig das Thema aufkam, Weis könne den Klub schon im Winter verlassen.

Dagegen machte Trainer Stanislawski unmissverständlich klar, dass er voll auf den aggressiven, kampf- und laufstarken Mittelfeldspieler setze. Auch in der Mannschaft genießt Weis großen Respekt und Rückhalt. Auch wenn Weis sagt "zu 90 Prozent spiele ich die Rückrunde hier", weiß er, dass es in den kommenden Monaten um seine Zukunft geht. Dafür legte er mit seinem eigenen Fitnesscoach wie schon im Sommerurlaub wieder Extraschichten ein und sagt: "Ich muss mit Leistung auf mich aufmerksam machen."

Seite 2: Hitzlsperger, Mancienne, Barrios, Nilsson und Hinkel

Thomas Hitzlsperger, VfL Wolfsburg

Voller Euphorie stellte sich Hitzlsperger der Herausforderung Wolfsburg nach zwei unruhigen Jahren, in denen seine erfolgreiche Zeit in Stuttgart ein jähes Ende genommen hatte, er in der Nationalelf den Anschluss verlor, nicht über eine Reservistenrolle bei Lazio Rom hinauskam und schließlich mit West Ham United aus der Premier League abstieg. Von Magath bekam der inzwischen 29-Jährige einen Dreijahresvertrag und die Rückennummer zehn. Ein klares Signal.

Hitzlsperger bezeichnete den VfL als ambitionierten Verein, "mit dem man oben mitspielen kann. Genau das habe ich gesucht." Auch bei Bundestrainer Jogi Löw wollte er sich wieder in Erinnerung rufen.

Mit dem Hitzlsperger aus Stuttgarter Tagen hätte Wolfsburg womöglich keine so enttäuschende Vorrunde gespielt, doch der Körper spielte nicht mit. Knieprobleme, die schließlich eine OP im November unausweichlich machten, ließen ihn über fünf Einsätze nicht hinauskommen.

Und die Vorzeichen für die Rückrunde sind auch nicht gerade günstig: Wegen Waden- und Achillessehnenproblemen wird er beim Trainingslager in Dubai (7. bis 16. Januar) wohl fehlen. Sein Comeback steht noch in den Sternen. Zudem hat sich die Konkurrenzsituation im Wolfsburger Mittelfeld mit der Verpflichtung des Tschechen Petr Jiracek noch einmal verschärft.

Michael Mancienne, Hamburger SV

Nach der radikalen Kaderentschlackung im Sommer kaufte der HSV im Vergleich zur Ära Hoffmann bescheiden ein. Bis kurz vor Toreschluss noch Ivo Ilicevic aus Kaiserslautern geholt wurde, war Michael Mancienne der Top-Einkauf der Hanseaten. Dem englischen Juniorennationalspieler, gelobt für seine Vielseitigkeit in der Defensive und immerhin mit der Erfahrung von 50 Premier-League-Spielen ausgestattet, wurde zugetraut, den HSV sofort zu verstärken und eine der Säulen des neuen Teams zu werden.

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Doch der 23-Jährige ging mit dem Rest des Teams in der katastrophalen Anfangsphase der Saison unter. So war er seinen Stammplatz nach dem sechsten Spieltag bereits los und durfte nur noch einmal von Beginn an ran, weil Rajkovic und Bruma gleichzeitig ausfielen. Unter Fink ist er nur noch Innenverteidiger Nr. 4.

Der neue HSV-Trainer hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, auch wenn die Aussage, Mancienne müsse noch lernen, ernüchternd für den Angesprochenen klingen muss. In der Rückrunde wird sich an der Hackordnung in der Defensive zunächst nichts ändern, denn die hat sich ohne den mal phlegmatisch, mal zappelig-nervös wirkenden Briten deutlich gebessert.

Dass Mancienne auch ein Opfer des unruhigen Saisonstarts unter dem glücklosen Ex-Coach Oenning war, darf man nicht übersehen, aber seine Aussichten für die Rückrunde sind bescheiden.

Lucas Barrios, Borussia Dortmund

Zuletzt überschlugen sich die Meldungen über Lucas Barrios, nachdem er laut und öffentlich sein Reservistendasein beklagte und dem Verein mitteilte, dass er sich verändern wolle. Doch trotz aller Gerüchte ist beim BVB bislang kein Angebot für den Stürmer eingegangen, wie Sportdirektor Zorc wissen ließ. In der vergangenen Saison war Barrios unumstößlich Stürmer Nr. 1 bei Klopp, doch eine schwere Muskelverletzung, die er sich im Sommer bei der Copa America zugezogen hatte, zwang ihn zu einer langen Pause.

Erst Ende September stieg er wieder in der Bundesliga ein, kam aber zunächst über Kurzeinsätze nicht hinaus, weil sein Vertreter Lewandowski ein Klassespiel nach dem anderen ablieferte. Klopp argumentierte: "Für Lucas und für mich ist die Situation nicht leicht. Denn er ist ein herausragender Stürmer. Aber was derzeit funktioniert, muss ich einfach am Laufen halten."

Barrios' Startelf-Comeback beim Derbysieg über Schalke war vielversprechend, doch der Trainer setzte ihn anschließend gleich wieder auf die Bank. Ob Barrios seine Aussichten auf mehr Spielanteile in der Rückrunde durch seine Wechselabsichten verbessert hat, darf bezweifelt werden.

Sportlich bringt der 27-Jährige alles mit, um den Konkurrenzkampf mit Lewandowski aufzunehmen und auch seinen Platz im Sturm zurückzugewinnen. Stellt er sich der Situation jedoch nicht, wonach es derzeit aussieht, dann ist eine Trennung - früher oder später - die logische Konsequenz. Übrigens: Die Meistersaison hat ja gezeigt, dass es nicht Barrios ODER Lewandowski heißen muss, sondern durchaus auch Barrios UND Lewandowski.

Per Nilsson, 1. FC Nürnberg

Im Sommer war klar: Youngster Wollscheid und Routinier Nilsson bilden nach dem Abschied von Kapitän Wolf das neue Innenverteidiger-Duo beim Club. Allerdings verhinderten Achillessehnenprobleme beim Schweden eine optimale Vorbereitung und so ging Hecking schließlich mit Wollscheid und Neuzugang Klose in die Saison.

Nilsson erholte sich überhaupt nicht mehr und musste im September operiert werden. Danach war schnell klar: Hinrunde gelaufen. Doch inzwischen ist der 29-Jährige wieder voll da und kann die Vorbereitung unter Vollbelastung mitmachen. Und seine Aussichten auf einen Stammplatz stehen durchaus nicht schlecht.

Klose patzte zum Ende der Hinrunde wiederholt und wurde nach 13 Einsätzen in der Startelf vom soliden Maroh ersetzt. Nilsson wird Ansprüche auf den Platz neben Wollscheid anmelden und könnte der jungen Mannschaft mit seiner Erfahrung mehr Sicherheit und Stabilität im Abstiegskampf verleihen.

Für den Club wäre ein Nilsson in alter Stärke auch mittel- bis langfristig ein wichtiger Zugewinn, schließlich verlässt Shooting-Star Wollscheid den Verein im Sommer Richtung Leverkusen.

Andreas Hinkel, SC Freiburg

Nach über einem Jahr ohne einen Pflichtspieleinsatz - Celtic hatte seinen Vertrag nach einem Kreuzbandriss nicht verlängert - unterschrieb Hinkel im Oktober beim SC Freiburg. Dass der 29-Jährige nach so langer Wettkampfpause nicht auf Anhieb Bäume ausreißen würde, war zu erwarten.

Doch dass ihn Youngster Schmid in den letzten fünf Spielen der Hinrunde aus der Startformation verdrängen würde, war doch ernüchternd. Zumal Schmid nicht nur unerfahren, sondern auch gelernter Mittelfeldspieler ist.

Dennoch ist die Personalie Hinkel erst dann objektiv zu bewerten, wenn er die Vorbereitung auf die Rückrunde absolviert hat und sich auf Augenhöhe mit potenziellen Konkurrenten messen kann.

Auch wenn der ehemalige Nationalspieler betont, dass der Klassenerhalt mit Freiburg absolute Priorität genieße, geht es für ihn auch um seine berufliche Zukunft. Sein Vertrag läuft nur bis zum Saisonende, bis dahin muss er sich für eine Weiterbeschäftigung im Breisgau oder aber für andere Klubs empfohlen haben.

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