Die Bundesliga-Saison gerät allmählich in ihre heiße Phase. Doch gerade jetzt offenbart sich ein Leistungsabfall bei den deutschen Schiedsrichtern, die sich zuletzt immer wieder haarsträubende Fehler erlaubten und nur selten zu überzeugen wussten. Hoffnung machen allein zwei Lichtblicke, die beiden neuen FIFA-Schiedsrichter.
Abwärtstrend: 39 Fehlentscheidungen bei einer Durchschnittsnote von 3,32 - so lautet die klägliche Bilanz der Bundesliga-Schiedsrichter an den letzten vier Spieltagen. Ausgerechnet jetzt, da die Liga auf die Zielgerade einbiegt, leisten sich die Unparteiischen wieder zahlreiche Aussetzer.
Sinnbildich für die Schwächeperiode der Referees steht die bescheidene Leistung von Manuel Gräfe am zurückliegenden 29. Spieltag. Dem Berliner Unparteiischen unterliefen im Rahmen der Partie zwischen Stuttgart und dem FSV Mainz gleich zwei schwere Fehler: So stand Ibisevic bei seinem Treffer in der 42. Minute mitnichten im Abseits. Und ein Foulspiel von Soto an Harnik, das Gräfes nachfolgenden Elfmeterpfiff gerechtfertigt hätte, war auch bei größter Fantasie nicht auszumachen.
Mit neun Fehlentscheidungen und einer Durchschnittsnote von 3,11 fügt sich der 29. Spieltag fast nahtlos ein in den Abwärtstrend der zurückliegenden Wochen. Eine Entwicklung, die sorgenvoll stimmt für die anstehende Schlussphase der Bundesliga-Saison.
Ergänzungsschiri: Insgesamt 22 Referees befinden sich derzeit auf der Liste der deutschen Erstliga-Schiedsrichter, von denen jedoch nicht alle das Vertrauen des für die Ansetzungen zuständigen Schiedsrichterausschusses genießen. Manch Unparteiischer verharrt gar in dem ernüchternden Status eines Aushilfsschiris.
Dies gilt in besonderem Maße für Markus Wingenbach. Der 33jährige Diezer, seit 2010 als Erstliga-Schiedsrichter aktiv, kommt in dieser Spielzeit nur sporadisch zum Einsatz (7 Spiele bislang) und wurde zuletzt gleich dreimal in Folge bei Auswärtspartien des FC Augsburg angesetzt. Selbst der erst zu Jahresbeginn beförderte Liga-Neuling Tobias Stieler kam in der Rückrunde bis dato auf mehr Partien als Wingenbach.
Die kuriosen Ansetzungen lassen sich jedoch nicht alleine mit einem schlechten Überblick des Schiedsrichterausschusses erklären. Fandel & Co. trauen dem jungen Referee aus der Heimatstadt des Altpräsidenten Theo Zwanziger augenblicklich wohl eher nicht viel zu. Eine Skepsis, die angesichts Wingenbachs jüngster Leistungen absolut nachvollziehbar ist.
So verlor er beim Heimspiel der Bremer gegen den FC Augsburg am 27. Spieltag zeitweilig vollends die Kontrolle über die Partie und wirkte wegen seines auffallend unsicheren Auftretens letztlich komplett überfordert. Neben zwei schwerwiegenden Fehlentscheidungen (unterlassene Ampelkarte gegen Bremens Fritz, falscher Freistoßpfiff vor dem Ausgleichstreffer) fiel die insgesamt konfuse Zweikampfbewertung bei der schwachen Spielleitung ins Gewicht, die mit der SPOX-Note 5,5 bewertet wurde.
Mit der Durchschnittsnote 3,4 befindet sich Wingenbach derzeit noch im unteren Mittelfeld der Leistungsskala. Angesichts des fehlenden Vertrauens des Schiedsrichterausschusses muss man momentan jedoch Zweifel an Wingenbachs Zukunft als Erstliga-Unparteiischer hegen.
Fehleranfällig: Doch nicht nur Markus Wingenbach leistete sich unlängst mehrere Patzer. Auch einige seiner Kollegen lieferten zuletzt auffallend schwache Leistungen ab und erwiesen sich als äußerst fehleranfällig.
Besonders negativ fiel dabei die Spielleitung von Christian Dingert im Rahmen der Partie zwischen dem VfB Stuttgart und dem 1. FC Nürnberg am 27. Spieltag auf. Dingert, der zwei Spieltage zuvor schon Pizarros Ohrfeige an Pogatetz übersehen hatte, zeigte sich auch diesmal nicht auf der Höhe des Geschehens.
Neben einem verwehrten Elfmeter für den Club (nach Foulspiel Niedermeier an Esswein) überraschte vor allem Dingerts hartnäckige Weigerung, Stuttgarts Julian Schieber die Gelbe Karte zu zeigen. Denn obwohl dieser zunächst Maroh rüde umgrätschte und wenig später ein glasklares taktisches Foul beging, verzichtete Dingert seltsamerweise auf eine Verwarnung. Eine dürftige Leistung, die mit der SPOX-Note 5 bewertet wurde.
Zwei besonders eklatante Fehlentscheidungen erlaubte sich am 28. Spieltag Referee Thorsten Kinhöfer im Kellerduell zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem HSV. Zunächst verwehrte er den Gästen nach einem wüsten Rempler von Sippel an Petric den fälligen Elfmeter, um dem FCK in der Schlussphase einen noch eindeutigeren Strafstoß vorzuenthalten. Kacars Eingreifen gegen Sahan war offensichtlich regelwidrig und hätte zwingend einen Elfmeterpfiff nach sich ziehen müssen.
In ähnlicher schwacher Verfassung präsentierte sich am gleichen Spieltag Robert Hartmann. Der bayrische Schiedsrichter, der ob seiner Fehleranfälligkeit nur selten eingesetzt wird, wirkte bei der Leitung der Partie zwischen Leverkusen und dem SC Freiburg abermals unübersehbar konfus. So sah er nach einem Foul von Diagné an Kießling von der gebotenen Strafstoßentscheidung ab und verwechselte wenige Minuten später auch noch die Spieler. Anstatt dem Sünder Schuster die Gelbe Karte zu zeigen, verwarnte Hartmann den Freiburger Ginter und komplettierte so den insgesamt wenig souveränen Eindruck an diesem Nachmittag (SPOX-Note 4,5).
Mit der Durchschnittsnote 3,9 rangiert Hartmann weiterhin auf dem letzten Platz der Schiedsrichter -Tabelle. Seine Eignung als Erstliga-Schiedsrichter hat er bislang nur selten unter Beweis stellen können.
Vorbildlich: Dass es auch deutlich besser als Wingenbach, Hartmann & Co. geht, beweisen insbesondere die beiden neuen FIFA-Schiedsrichter.
So gelang dem Berliner Felix Zwayer, der seit Jahresbeginn auch international pfeifen darf, eine der wenigen überzeugenden Darbietungen des 27. Spieltags. Der 30jährige Referee hatte die Partie zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Dortmund jederzeit im Griff und wusste durch eine unaufgeregte und sichere Körpersprache zu überzeugen (SPOX-Note 2).
Einen noch stärkeren Eindruck hinterlässt in dieser Spielzeit indes der baden-württembergische Unparteiische Marco Fritz, der - wie Zwayer - im Jahr 2012 zum FIFA-Schiedsrichter befördert wurde. Fritz glänzt mit einem sachlich-nüchternen aber doch entschiedenen Auftreten auf dem Platz, wie es auch für einige seiner älteren Kollegen vorbildhaft wäre.
An den vergangenen vier Spieltagen kam Fritz nur einmal zum Einsatz und machte seine Sache bei der Partie zwischen Hertha BSC und dem VfL Wolfsburg am 28. Spieltag sehr ordentlich. Dass es gleichwohl nur zu der SPOX-Note 3,5 reichte, lag an seinen Assistenten, die ihn bei mehreren Abseitsentscheidungen im Stich ließen.
Ausblick: Am kommenden Spieltag steht mit der womöglich meisterschaftsentscheidenden Partie zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern eine besonders heikle Begegnung auf dem Programm, die einen erfahrenen und besonnen Schiedsrichter verlangt.
Der DFB hat mit Knut Kircher für dieses Spiel einen Unparteiischen nominiert, der es wie kaum ein anderer versteht, die Gemüter durch sein ruhiges und sachliches Auftreten zu beschwichtigen.
Kircher hat in der laufenden Saison bislang 14 Spiele gepfiffen und dabei überwiegend überzeugende Leistungen angeboten. Mit der Durchschnittsnote 2,6 und einer Fehlerquote von 0,7 liegt er hinter Florian Meyer auf Platz 2 der Schiedsrichter-Tabelle. Für die Leitung des Topspiels zwischen dem BVB und dem FC Bayern ist er die geeignete Wahl.
Auch Markus Wingenbach erhält am 30. Spieltag wieder mal eine Bewährungschance. Der DFB hat ihn ausnahmsweise mal nicht für eine Partie mit Augsburger Beteiligung angesetzt und für die Leitung des Spiels zwischen Hoffenheim und dem HSV vorgesehen.
Schiri-Check 1 (1. - 4. Spieltag): Zwei Junge in Front - Kircher beispielhaft
Schiri-Check 2 (5. - 8. Spieltag): Mayer Superstar - Gräfe fällt ab
Schiri-Check 3 (9. - 12. Spieltag): Sippel am Ende, Gräfe uneinsichtig
Schiri-Check 4 (13. - 17. Spieltag): Rekordhalter Dr. Drees